Sind Zufälle immer ein Zufall?

1.2K 33 0
                                    

Durch meine Aussagen, konnte nach dem Mann besser gesucht werden. Tim und Lucy kümmerten sich größten Teils um diesen Fall, worüber ich dankbar war, da ich die meisten Kollegen von John nicht kannte, ich aber schon sehr oft mit Tim und Lucy sprach. So fühlte ich mich wohler, wenn ich ab und zu Informationen weitergeben musste.

Heute war der 22. Oktober und ich musste mich immer zu an den Todestag meiner Mutter erinnern, der bald war. Jedes Jahr an diesem Tag, ging ich zum Grab meiner Mutter, zündete eine Kerze an und entfernte ihr Grab von Laub und Unkraut. Ich ging immer an dem Todestag dort hin, da ich sonst noch mehr Trauer verspüren würde, würde ich sie öfters besuchen. An dem einen Tag im Jahr bekam ich kaum ein Wort heraus. Den Leuten aus meinem ehemaligen Heim kam dies nicht sehr komisch rüber, da ich sowieso kaum mit jemandem redete. Aber an dem Tag viel es mir besonders schwer. Es fühlte sich so an, als würde sich mein Hals zusammenschnüren. Ich bekam nicht mal ein Wort heraus. Nicht weil ich keine Lust zu reden hatte, sondern weil mir die Worte förmlich stecken blieben. Ich hatte immer einen Kloß im Hals und dachte immer zu an das Bild meiner toten Mutter.

Ich musste noch im Krankenhaus bleiben, da mir gezeigt werden musste, wie ich mit dem Rollstuhl fahren konnte und wie ich aus dem Bett und ins Bett kam, denn auf meine Beine konnte ich mich zukünftig nicht mehr verlassen.

Ich versuchte auch am Tag zu schlafen, da mich seit Tagen die Langeweile plagte. John kam fast jeden Tag zu Besuch, allerdings konnte er nie länger als 2 Stunden bleiben. Ich genoss die Zeit mit ihm sehr und vermisste jede Stunde, in der er draußen war und Morde und Diebstähle aufklären musste. Ich konnte Henry sehr gut verstehen, denn ich hatte auch ständig Angst um John. Er war seit dem Tod meines Vaters meine einzige Bezugsperson. Er nahm mich ernst und er war sehr verständnisvoll. Immer wenn ich ihm von etwas erzählte, konnte er sehr gut zuhören und Ratschläge geben. Außerdem fehlten mir seine lustigen Kommentare, die selbst angespannte Situationen auflockerten. Ich selbst bin selten die Person für Witze, da ich nicht viel redete, deshalb schätze ich es sehr, dass John mich so oft zum Lachen brachte. Mit ihm fühlte ich mich so, wie als könnte er mein Loch langsam heilen. Er tut wirklich alles, damit ich mich wohl fühle und wieder glücklich sein kann. Komplett glücklich zu sein fiel mir sehr schwer, doch bei John konnte ich immer für eine gewisse Zeit meine Vergangenheit hinter mir legen.

Aber jetzt konnte mich selbst kaum noch aufmuntern. Er erzählte mir viel über die dümmsten Vorfälle tagsüber, aber im Hintergrund wurden die Bilder meiner toten Mutter und die Beerdigung meines Vaters immer klarer, desto näher der Todestag meiner Mutter kam. Ich spürte, wie sich meine innere Trauer und die tiefe Einsamkeit wieder hervor kam. Ich konnte nichts dagegen tun, ich musste einfach darauf warten, dass der 2. November endlich vorüber ging.

Ich dachte, wie fast jeden Tag, über all die negativen Erinnerungen nach, als sich die Tür plötzlich öffnete. Herein kam Tim mit einer Tüte, in der sich etwas silbriges befand. Er sah müde aus und ich konnte mir vorstellen, dass ihm der Fall keine Ruhe gab, genauso wenig wie mir.

„Erkennst du diese Kette?", fragte er mich und gab mir die Tüte, damit ich sie mir genauer anschauen konnte. Er stand direkt neben mir und betrachtete mich genau, während ich mir die Kette anschaute und eine traurige Erinnerung hervor kam. Die Kette war ziemlich dünn und fein und hatte als Anhänger dicke silbrige Zahlen, die Zusammen ein Datum ergaben. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass dies ein Zufall war. Genau diese Kette besaß meine Mutter. Mein Vater schenkte sie ihr zum 40 Geburtstag, also von vor 12 Jahren. Das Datum war das Datum von dem Tag an dem sich meine Eltern kennenlernten. Sie liebte diese Kette über alles und hatte sich sehr über diese Kette gefreut, allerdings trug sie sie nie. Denn Ketten tragen mochte sie nicht gerne und deshalb hing diese wunderschöne Kette, voller Erinnerungen, an dem Spiegel des Kleiderschrankes meiner Eltern. Ich hab sie mir früher immer gerne angeschaut, als ich auf deren Himmelbett lag und gelangweilt meine Bein baumeln ließ bis meine Mutter fertig war und wir zusammen frühstücken konnten.

Wir aßen morgens meistens zusammen, da meine Eltern Frühaufsteher waren und somit länger etwas vom Tag hätten. Meine Eltern und ich unternahmen immer sehr viel und wir stritten auch kaum. Das Leben mit meinen Eltern war einfach wunderschön und ich wünschte, mein Leben hätte anders und besser ausgesehen. Mich ließ das Gefühl der Einsamkeit und die Traurigkeit noch immer nicht los, egal was ich tat. Es verfolgte mich bis in die Träume.

Ich spürte, wie die Sicht auf die wunderschöne Kette langsam verschwamm und ich eine kleine Träne über meine Wange kullern spürte. Mir blieben die Worte im Hals stecken. Ich wusste nicht was ich fühlen, denken oder sagen sollte. Ich hielt es nicht länger aus, dass mir nur negative Dinge passierten und dass ich selbst jetzt noch immer wieder an meine Eltern erinnert werden musste. Ich hasste mein Schicksal dafür und ich hasste mich dafür, dass ich nicht stärker sein konnte. Ich konnte schwach wahrnehmen, wie sich jemand neben mich setzte und mich in den Arm nahm. Es fühlte sich so an, als wäre es mein Vater, der mich so stark festhielt. Ich schmiegte mich in seine Brust und genoss die Wärme, die meinen Körper berührte und es aufwärmte.
Ich fror zwar nicht aber trotzdem zitterte ich an meinem gesamten Körper. Mein Puls fing an zu rasen und ich konnte nicht aufhören, an all die schlimmen Ereignisse zu denken.

Seit einigen Wochen zeigte ich immer mehr meine Trauer und zeigte einem fremden Menschen gegenüber meine schwächste Stelle. Einem mysteriösen Mann, der manchmal der liebevollste und süßeste Mann, aber die meiste Zeit über bloß kalt und distanziert war. Ich konnte mir nicht erklären, weshalb er mir half. Weshalb er an dem Fall arbeitete, an dem genau genommen jeder Officer hätte arbeiten können und weshalb er mich tröstete. Eigentlich müsste ich ihn wegstoßen und wollen, dass er so schnell wie möglich wieder das Zimmer verließ, aber etwas in mir sagte, dass er mich festhalten sollte. Dass er mir helfen und mich beschützen könnte. Obwohl John inzwischen meine Bezugsperson wurde, fühle ich mich bei Tim inzwischen auch sehr wohl. Ich kann es mir nicht erklären wieso, aber irgendwie hatte eine Seite an sich, die mich verstand.

Er streichelte sanft mit seiner linken Hand über meinen Rücken. An den Stellen, an denen er mich berührte, fühlte ich ein leichtes Kribbeln und es fühlt sich dort Wärmer als an anderen Stellen an. Langsam berührte er mit seiner rechten Hand meine Haare und drückte behutsam mein Kopf näher an sich. Er berührte mich so, wie als wäre ich eine Porzellanpuppe, die jede Sekunde zerbrechen könnte. Normalerweise hätte mich das extrem gestört, aber bei Tim war es ein sehr angenehmes und beruhigendes Gefühl.

Mein Herzschlag verlangsamte sich und auch das Zittern gab langsam nach. Ich fühlte mich so, als hätte ich wieder Kontrolle über meinen eigenen Körper.

„D-Die Kette... sie gehörte m-meiner M-Mutter.", sagte ich mit leiser und zittriger Stimme. Ich hob wieder mein Kopf uns sah ihn an. Er wischte mit seinem Daumen meine Tränen weg und hob mit zwei Fingern mein Kinn in die Höhe, sodass ich ihn ansehen musste. Er sah mich mit einem Ausdruck an, den ich nicht deuten konnte. Plötzlich änderte sich sein Gesichtsausdruck in einen steinharten. Ein Muskel an seinem Kiefer spannte sich an und man konnte sehen, wie er plötzlich richtig wütend wurde. Erschrocken von seinem plötzlichen Gefühlsumschwung und Aufstehen, sah ich ihn fragend an. Er atmete einmal schwer aus und griff sich aus Verzweiflung in die Haare. Ohne ein weiteres Wort verschwand er aus dem Zimmer und ließ mich irritiert allein. Woran hat er denn gedacht, dass er plötzlich so wütend wurde?

𝓟𝓻𝓸𝓽𝓮𝓬𝓽𝓲𝓸𝓷 - Tim BradfordWo Geschichten leben. Entdecke jetzt