Fundstück

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Zwei Wochen später traf ich sie wieder. Weit draußen in dem Außenbezirk, in dem ich lebe, drei Gassen weg von meiner Wohnung, in keinem guten Zustand.

Es war der erste kalte Regen nach diesem langen, trockenen Sommer. Ich kam grad aus der U-Bahn, stülpte mir die Lederjacke über den Kopf und ging rasch, an den Häusern vorbei, als ich buchstäblich über sie stolperte. Ich erkannte sie erst gar nicht. Sie saß, nur mit Bluejeans und T-Shirt bekleidet da, ohne Jacke, die Beine angezogen, bibbernd und frierend vor sich hinstarrend. Eine nasse Katze, die man auf die Straße gejagt hatte.

Der Krankenschwesternreflex in mir brach durch. Erst mal fragen was los ist, nach sichtbaren körperlichen Symptomen suchen und wenn ja, die Jungs vom Rettungsdienst rufen. So haben wir das gelernt, so sind wir geprägt, so tun wir das auch. Immer. Bei jedem. Dass ich es hier mit Liz zu tun hatte, stellte ich erst fest, als ich mich zu ihr runtergebeugt hatte.

„He, Mädchen!", sagte ich und strich ihr übers nasse Haar. „Ich bin es. Kennst du mich noch?"

Sie sah mich an, als wäre sie weit weg. Oder unter Drogen.

„Hast du was eingeworfen?"

Sie schüttelte nur den Kopf, sagte nichts.

„Was los, Kleine? Ist dir schlecht? Tut was weh?"

Wieder Kopfschütteln.

„Also komm, du darfst da nicht sitzen bleiben, mitten auf der Straße und in dem kalten Regen. Kannst du aufstehen?"

Sie konnte. Tat es auch, zitternd. Ich griff an ihre Stirn, die war nicht heiß, fühlte nach der Radialisarterie, ihr Puls war regelmäßig. Mit der Hand fuchtelte ich vor ihren Augen herum, die Pupillen folgten meinen Fingern.

„Wo wohnst du, Kleines?"

Sie lehnte sich an mich und schniefte auf.

„Im Siebten."

Das war weit weg. Zu weit, um sie nach Hause zu bringen.

„Aber er hat den Schlüssel!"

Okay, dachte ich, das klären wir später.

Ich zog meine Lederjacke aus, hängte sie ihr um, der Regen klatschte hart und kalt auf mein Rippshirt.

„Komm, wir gehen zu mir", sagte ich, „ich wohn da gleich um die Ecke. Du duschst erst mal heiß, trinkst eine gute Tasse Tee und dann sehen wir weiter."

Sie nickte, ich legte den Arm um sie und wir machten, dass wir wegkamen. Auch ich war völlig durchnässt, als wir bei mir zuhause ankamen. Im Aufzug weinte sie los, ich hielt sie fest, rubbelte sie warm und dann ging die Aufzugtür auf und Zoran, der Nachbarsjunge wollte rein, aber ich winkte ihn weg und er verstand und nahm die Treppe. Danke Zoran, küss deine Mutter von mir!

In der Wohnung zog ich ihr erstmal die nasse Wäsche aus. Sie ließ es mich fast regungslos tun und ich scannte ihren Körper nach irgendwelchen Verletzungen ab. Krankenschwester, ja, weiß ich, bin ich. Fand aber nichts an ihr. Gut so.

Ich machte das warme Wasser in der Dusche an, ließ es etwas heißer werden, stellte diese kleine nasse Katze drunter, wartete kurz, ob sie schwindelig werden würde, dann zog ich mich selbst aus und stellte mich dazu.

Nein, da war nichts Erotisches dabei, nichts, was irgendwie geil war oder mich geil machte, wie all die Sachen, die wir später unter dieser Dusche treiben würden. Nur die professionelle Sorge um eine frierende, verängstigte junge Frau. 

Jana und Liz - Teil 1: Erste BegegnungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt