Pizzaservice

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An der Adresse, die mir Liz gesagt hatte, läutete ich an zehn verschiedenen Türglocken am Haustor, bis ich eine Stimme aus der Gegensprechanlage hörte. 

„Pizzaservice!", sagte ich und die Haustür ging auf.

Der Dealer wohnte oben im dritten Stock. Ich hämmerte laut an die Tür und die ging auch bald einen Spalt auf. Aber nicht weit genug, um Mehmed zu sehen.

„Was willst du, Schlampe?", fuhr mich der kleine Wichser an. Trug einen Backenbart wie die Ayatollahs und stank nach Shit und altem Schweiß.

„Meine Freundin hat ihren Rucksack hier vergessen, den will ich abholen."

„Fick deine Freundin", blaffte er mich an.

Ja, später vielleicht mal, dachte ich und trat mit dem Stiefel in den Türspalt, bevor er mir die Tür vor der Nase zuschmeißen konnte. Nun riss er sie weit auf, bereit, mir sofort ins Gesicht zu springen. Aber Mehmet sprang zuerst.

Die Lusche fiel um wie ein Sack, Mehmet stand mit den Vorderpfoten auf ihm und knurrte leise und gefährlich. Nicht einen einzigen Ton hatte er bis jetzt abgegeben. Exzellente Arbeit von Shirin, die ausgebildete Hundetrainerin für die Security-Firma ihres Bruders war.

Ich sah mich erstmal in der Wohnung um, ob noch andere Idioten da waren. Tatsächlich lag, wie Liz schon berichtet hatte, ein zugedröhnter Crackjunkie auf einem versifften Sofa wo er ins ewige Nichts davonschwamm.

Ich ging wieder ins Vorzimmer, wo Mehmet noch immer den Dealer auf den Fußboden hielt, und sagte ganz ruhig: „Okay Junge, ich sag es dir jetzt noch einmal. Ich will den Rucksack und die Jacke von meiner Freundin, die vor zwei Stunden hier war. So eine kleine, ganz junge, mit langen braunen Haaren. Und wenn ich die nicht sofort bekomme oder wenn da auch nur ein einziger Kaugummi fehlt, dann sag ich meinem großen, vierbeinigen Freund hier, dass er dir die Eier abbeißen soll. Hast du mich verstanden?"

Er nickte, als wäre er ein Duracell-Häschen. Klar hatte er mich verstanden. So viel zur Deutschproblematik, dachte ich.

„Im Wohnzimmer am Tisch", bibberte er. „Alles da, ich schwöre!"

In der Mischung aus Mülldeponie und Crackküche herrschte fürchterliches Chaos. Aber Liz' pinker Rucksack stand unter dem Tisch und auf der Sofalehne lag ihre Jeansjacke. Gut erkennbar an dem lila Button mit der Lesbenfaust.

Ich durchsuchte erst die Jacke. Schlüsselbund, Feuerzeug, Zigaretten, in der Innentasche der Reisepass. Glück gehabt, Kleine. Dann noch ein Blick in die Handtasche, in der üblicher Mädchenkram lag: Tampons, Lippenstift, Kondome (so viel zu Ich fick nicht mehr mit Männern), das Handy samt Ladekabel und Kopfhörern, Portemonnaie, Collegeblock, Federschachtel, und -  ups - ein kleiner Minivibrator.

Okay, so wie das aussah, war dem Trottel da draußen, der noch immer unter Mehmets vierzig Kilo Muskelmasse lag, nicht mal aufgefallen, dass Marie ihr Zeugs hiergelassen hatte, sonst wäre wenigstens das Portemonnaie leer. Sah aber nicht danach aus. Ich kramte es durch, knapp hundert Euro in Scheinen, paar Münzen, dahinter ein volles Kartenmäppchen.

Ich warf auch da einen Blick drauf: Sozialversicherungskarte, Ausweis der Unibibliothek, Jahresnetzkarte, Studentenausweis. Und zwei Kreditkarten. Eine Visa auf Elise Durand, eine goldene American Express auf Jacques Durand. Ich kannte diesen Namen - der Gebietsleiter einer der größten Pharmazievertriebe im Land..

Na toll, dachte ich, Liz , wenn du die bist, für die ich dich halte, dann bist du gewiss nicht meine Klasse, finanziell gesehen. Ich steckte die Karten wieder zurück und beschloss, nichts zu ihr zu sagen, bis sie vielleicht von selber darauf zu reden kam.

Ich nahm Liz' Sachen und ging ins Vorzimmer zurück, wo ich mir ein Grinsen nicht verkneifen konnte. Mehmet hatte dem Tschetschenen inzwischen das ganze Gesicht vollgesabbert.

„Hör mal, du Arschloch", sagte ich zu ihm, „Wenn du nochmal in meinem Viertel Kindern Dope vertickst oder Frauen angreifst, dann komm ich zurück und bringe Mehmet und seine vier Geschwister mit. Die fressen dich bei lebendigen Leib auf. Klar?"

Er konnte vor Angst nicht mal mehr nicken. Gut so.

Dann ging ich zur Tür und Mehmet, kam nun rückwärtsgehend und weiterhin zähnefletschend mir nach. Ich leinte den Hund wieder an und ging nochmal mit ihm um den Block, damit er sein Geschäft verrichten konnte, dann machte ich noch einen Abstecher zu Ronnies Würstchenbude wo ich zwei kalte Bratwürste bestellte.

„Für Shirins Biester?", fragte Ronnie und ich nickte.

„Dann ist es ein Geschenk des Hauses!"

„Danke Ronnie. Und halt die Ohren steif!", sagte ich

„Klar, Jana, das andere geht ja eh nicht mehr!", lachte er. „Du musst mir mal Nachhilfe im Lecken geben!"

„Vergiss es Ronnie. Tschüs."

„Tschüs Jana."

Jana und Liz - Teil 1: Erste BegegnungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt