Kapitel 12 🩸 Bündnisse

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ELIJAH

,,Der Bann ist gebrochen. Wie ist das möglich?", fragte Rebekah mit unverhohlener Verwirrung.

Auch Elijah registrierte die subtilen Veränderungen, die anzeigten, dass etwas nicht stimmte. Der säuberlich gestreute Kreis aus Salz war verwischt und die Kerzen, die seine Mutter am Rand aufstellte, erloschen. Er wies seine Geschwister an zurückzubleiben. Probehalber setzte er einen Fuß über die Grenze und als es mühelos gelang, runzelte er nachdenklich seine Stirn. ,,Alisa muss etwas getan haben, um Mutter aufzuhalten."

Klaus schnaubte. ,,Pah! Dieses Mädchen hat nur ihr eigenes Überleben im Sinn. Wieso sollte sie versuchen, Mutter aufzuhalten?! Das würde ihren Tod bedeuten!"

,,Es gibt keine andere Erklärung. Wir hätten heute sterben sollen. Der Mond hat seinen Höhepunkt längst erreicht."

Eine wilde Diskussion brach aus. Klaus, Kol und Rebekah stritten darüber, wen sie zur Rechenschaft ziehen wollten. Elijah seufzte. Manchmal fragte er sich, wie er dieses Irrenhaus derart lange überlebte.

Er zückte sein Handy und wählte Alisas Nummer. Nichts. Auch Stefan und Damon nahmen seinen Anruf nicht an. Das war seltsam. ,,Suchen wir die Stelle, an der das Ritual hätte stattfinden sollen", beschloss er.

,,Und woher sollen wir wissen, wo das ist?", warf Rebekah ein.

,,Am naheliegensten ist, dass Mutter unser Leben dort beenden wollte, wo es begonnen hat." Elijah meinte sein ehemaliges Zuhause, aber Kol fasste seine Idee absichtlich falsch auf.
Er grinste. ,,Also ich will nicht wissen, in welchem Gebüsch unsere Eltern uns gezeugt haben, du etwa Bekah?"
Rebekah verzog das Gesicht. ,,Du bist ekelhaft, Bruder."
,,Ist doch so!"

Eine Viertelstunde später erreichten die vier Urvampire die Stelle, an der ihr altes Zuhause einst gestanden hatte. Heute war von der kleinen Hütte nichts mehr zu sehen, stattdessen standen sie mitten im Wald. Elijah glaubte dennoch fest daran, an der richtigen Stelle zu sein. Er verbrachte so viele Jahre seines Lebens hier. Vielleicht war es Einbildung, aber wenn er die Augen schloss sah er es immer noch vor sich. Das kleine Haus, seine Geschwister als Kinder und Mutter, die einen dampfenden Kessel Suppe auf den Tisch stellte.

,,Sie war hier." Klaus winkte die anderen herbei. Zu seinen Füßen entdeckte Elijah ein sauber gezeichnetes Pentagramm. Das Gras war versengt und sanfte Rauchschwaden stiegen von den erloschenen Fackeln auf. ,,Und sie hat eine Nachricht hinterlassen."
Sein Bruder hob einen angekokelten Zettel vom Boden auf und las ihn durch. In jeder Sekunde verfinsterte sich sein Gesicht immer mehr.

,,Was steht da?", drängte Rebekah.
,,Ja, lies vor", sagte Kol.

,,In jener finstren Nacht
habe ich einen schrecklichen Fehler gemacht.
Monster seid ihr geworden,
wurdet immer mehr verdorben.
Es tut mir Leid,
aber es wird Zeit
Mit eurem letzten Atemzug
endet dieser ganze Spuk."

,,Was soll dieser Unsinn überhaupt bedeuten?", fragte Kol augenrollend.

Elijah tauschte einen vielsagenden Blick mit Klaus. ,,Es ist noch nicht vorbei. Mutter hat versagt, aber sie trachtet immer noch nach unseren Leben."

•••

Damon schlug die Tür vor seiner Nase zu. Im letzten Augenblick stellte Elijah ein Bein zwischen Tür und Angel und stoppte ihn. ,,Verschwinde" , brummte der ältere Salvatore. ,,Ich bin nicht in Stimmung."

,,Wo ist Alisa? Ich muss unverzüglich mit ihr sprechen."

,,Ring, ring, ring", machte Damon. ,,Ich fürchte mein Handy klingelt. Komm später wieder."

Elijah war nicht in Stimmung für Damons Scherze. ,,Beim nächsten Mal steht Niklaus vor eurer Tür und stellt Fragen. Nur mit dem Unterschied, dass er wesentlich mehr auf eine Antwort beharren wird, als ich."

,,Ist das eine Drohung?"

,,Nein. Es ist eine Warnung", verbesserte Elijah. ,,Ich höre - wo ist deine Schwester?"

Damon knirschte mit den Zähnen. Elijah wusste, dass er ihn ohne mit der Wimper zu zucken töten würde, wenn er das in diesem Moment könnte. ,,Oh, ich weiß nicht. Frag am besten deine verrückte Mutter. Vielleicht hat sie eine Idee, wohin sie meine Schwester verschleppt haben könnte."

Elijah hatte keine Ahnung, ob ihn das überraschte. Wahrscheinlich nicht. Seine Mutter war eben auch ein Teil dieser Familie und sie nahmen es niemand auf die leichte Schulter, wenn jemand einen Mikaelson betrog. ,,Alisa hat meine Mutter aufgehalten?"

,,Bingo" , bestätigte Damon. ,,Nicht, dass irgendeiner von euch dieses Opfer verdient hätte. Schließlich seid ihr wütend auf sie, weil sie euch in erster Linie in die Falle gelockt hat. Deshalb bist du doch hier, richtig? Du willst Rache."

Damon gab sich die allergrößte Mühe, gleichgültig zu tun, aber Elijah sah hinter die Fassade. Er meinte, Bonnie und Stefan im Hintergrund sprechen zu hören.

Er fasste einen Entschluss. Ein Versprechen, das er einhalten würde. Elijah Mikaelson brach niemals sein Wort. Es war sein Ehrenkodex. ,,Ich kann nicht für meine Geschwister sprechen, aber wenn es stimmt, was du sagst. Wenn Alisa ihr Leben für uns riskiert hat, dann werde ich alles in meiner Macht stehende tun, um sie zu finden. Ich gebe dir mein Wort, dass ich meine Mutter aufhalten werde."

,,Und wo ist dein Wort, wenn es um das Leben meiner Schwester geht?", hakte Damon nach.

,,Ich weiß nicht, ob deine Schwester am Leben ist. Ich gebe keine Versprechen, die ich nicht halten kann. Aber sollte sie am Leben sein, werde ich sie beschützen. Auch darauf hast du mein Wort."

Elijah meinte es ernst. Der Abend mit Alisa hatte sein Innerstes berührt. Ihre Eleganz während des gemeinsamen Tanzes, ihre Anmut. Die Art, wie sie sich für kleine Aufmerksamkeiten begeisterte oder versonnen seinem Klavierspiel lauschte. Und jetzt verdankte er ihr sein Leben. Er wusste, dass sie ihn nicht in Gefahr brachte. Es war von Anfang an seine Mutter gewesen, die ihn töten wollte. Nicht Alisa. Alisa versuchte nur, sich selbst zu retten. Und selbst das hatte sie aufgegeben. Wahrscheinlich nicht für ihn. Wahrscheinlich für ihre Familie. Dennoch.

,,Deine Schwester hat so einige Eigenschaften an sich, die ich sehr zu schätzen weiß, Damon. Sie hat ihr eigenes, zerbrechlich zurückgewonnenes Leben dafür riskiert, um ihre Familie zu schützen. Ich habe ihr anvertraut, dass ich mir nicht über die Motive meiner Mutter um Klaren bin. Ich weiß nicht, welche Auswirkungen mein Tod auf die restliche Vampirrasse hat. Letzten Endes hat Alisa entschieden, kein Risiko einzugehen und das zu schützen, was ihr am wichtigsten ist: Ihre Familie. Und das habe ich auch meiner geschworen. Für immer und ewig."

Damon hörte zu. Er entschied nicht, Elijah zu vertrauen oder gar einen Vertrauensvorschuss zu geben. Aber er wusste, dass eine Zusammenarbeit essentiell war, um Alisa zu finden. Niemand kannte Esther besser als ihre eigenen Kinder. Damon trat wiederwillig einen Schritt zur Seite. ,,Bonnie versucht, Esther zu finden. Dein Blut würde die Sache hoffentlich beschleunigen."
Damon hielt Elijah auf, als er an ihm vorbeiging: ,,Solltest du auch nur Anstalten machen, uns nochmal zu hintergehen, werde ich persönlich dafür sorgen, dass deine Mutter deinem Leben ein Ende setzt."

,,Angekommen", sagte Elijah. ,,Und solltet ihr es wagen einen Hinterhalt gegen mich zu planen, werde ich dieses Haus dem Erdboden gleichmachen."

,,Angekommen."


Whisper of Deathᵗʰᵉ ᵛᵃᵐᵖⁱʳᵉ ᵈⁱᵃʳⁱᵉˢWo Geschichten leben. Entdecke jetzt