Kapitel 9 🩸 Verrat

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Klaus und Elijah boten mir das Sofa an. Ich merkte Klaus an, dass es ihm in den Fingern juckte, mich lieber kopfüber von der Decke hängen zu lassen, aber Elijah besänftige ihn. Er ging pragmatisch an die Situation heran und wollte sich erst einmal ein Bild darüber verschaffen, wie ernst die Lage war.

,,Mutter und Finn... Was planen die beiden?", fragte Elijah. Die Frage hörte ich mittlerweile nun schon zum hundertsten Mal.

Klaus Geduldsfaden war um einiges kürzer als der seines großen Bruders. Er ging vor mir in die Knie. ,,Was Elijah eigentlich sagen will ist: Erzähle uns den Plan unserer Mutter oder ich reiße dir die Leber aus deinem Körper."

Angewidert verzog ich das Gesicht, wollte aber nicht rausfinden, ob Klaus seine Drohungen tatsächlich wahr machte. ,,Charmant", murmelte ich. ,,Hast du schon einmal in Erwägung gezogen, eine Anti-Aggressions Therapie durchzuführen?"

Die Urvampire hatten als erstes versucht, mich zu manipulieren. Sinnlos. Ich wohnte mit zwei Vampiren in einem Haus. Eisenkraut mischte ich mir täglich in den morgendlichen Kaffee und trug zusätzlich ein Armband, welches das Kraut enthielt. Klaus schlug vor, mich ausbluten zu lassen - etwas, was noch schlimmer als die Sache mit der Leber klang... gut, darüber ließ sich streiten.

,,Schneiden wir ihr zur Warnung einen Finger ab", schlug Kol hilfreich vor. Der zweitjüngste Mikaelson verhielt sich bisher auffallend ruhig. Wahrscheinlich hatte er überlegt, welche Foltermethode am meisten Wirkung zeigte.

,,Untersteh dich, Bruder!", sagte Elijah nachdrücklich. Er war wirklich der einzig vernünftige in diesem Irrenhaus. Jedenfalls der einzige, der nicht komplett seinen Verstand verloren hatte.

,,Nik! Mutter ist zurück!" Die Mikaelsons hatten Rebekah geschickt, um Esther abzufangen. Sie war die einzige, die tatsächlich an Esthers Unschuld glaubte. Wie naiv das war zeigte sich spätestens jetzt. Rebekah setzte kaum einen Fuß ins Esszimmer, da schnellte ihr Kopf ruckartig zur Seite. Begleitet wurde das ganze von einem ekelhaften Knacken. Ich wusste, dass sie nicht dauerhaft tot war, aber dieses Geräusch eines Genickbruchs würde mich bis in meine Träume verfolgen!

Was ich an der Sache nicht bedacht hatte war Esthers Verbindungszauber. Nach Rebekahs Vorbild brachen auch alle anderen Mikaelsons zusammen. Elijah, Klaus und Kol. Viermal hörte ich das brechende Genick und bei jedem Mal lief es mir kalt den Rücken runter.

Esther stieg über Rebekahs reglosen Körper hinweg. ,,Elijah ist zu misstrauisch. Wir müssen den Zauber schnellstmöglich durchführen."

Falls das eine Entschuldigung für den beinahe Verlust meiner Leber sein sollte, dann konnte sie sich diese gerne sparen.

,,Brauchen Sie dafür nicht den Vollmond? Ich werde unmöglich noch zwei weitere Tage darauf warten, von einem Urvampir ermordet zu werden."

Mein eigentlicher Hass galt Esther. Ohne sie wäre ich überhaupt nicht in diesem Schlamassel. Selbst die Wut auf Elijah verflog bei ihrem Anblick. Elijah wollte nur seine Geschwister am Leben erhalten- nichts, was ich nicht auch tun würde. Und er hatte seine verrückten Geschwister davon abgehalten, sich auf mich zu stürzen.

,,Ohne das Himmelsereignis kann ich den Zauber nicht durchführen."
,,Verschonen Sie mich mit diesem Hexenkram. Wo sind die Dolche, mit denen man sie vorübergehend töten kann?"
Esther zuckte die Schultern. ,,Mein Sohn Niklaus versteckt die Dolche. Bei ihm zeigen sie keine Wirkung."

,,Schön."
Ich zückte mein Handy und durchsuchte die relativ kurze Kontaktliste nach Stefans Namen. Er meldete sich sofort. ,,Ja?"
,,Du musst mir helfen, ein paar Urvampire für zwei Tage einzusperren."

•••

Ich wollte die Sache schnell hinter mich bringen. Meinen Preis bei Esther einlösen und mein Leben weiterleben.

Wie sich herausstellte blieben Urvampire nicht lange tot, egal wie man sie ruhigstellte. Während Vampire von gewöhnlichen Pfählen starben, tötete er die Mikaelsons nur von kurzer Dauer.

Schließlich gelang es Stefan, Damon und mir, alle vier Mikaelsons im Keller einzusperren. Dieser Keller war die Definition von gruselig. Es roch modrig, die Lampen flackerten und ich entdeckte Ketten an der Wand. In einem kleinem Nebenraum standen fünf Särge.

Wir errichteten einen Kreis aus Salz um die vier Urvampire, den Esther mit einem Bindungszauber versah. Ich traute dieser Konstruktion nicht. Salz als Mittel gegen Urvampire erschien mir ein bisschen... mickrig.

,,Ich werde mit Finn alles vorbereiten."

,,Und wir passen auf, dass keiner abhaut."
Damon freute sich diebisch darüber, die Urvampire gefangen zu sehen.

Es dauerte nicht lange, bis Elijah erwachte. Mit Vampirgeschwindigkeit bewegte er sich fort und knallte in übernatürlicher Geschwindigkeit gegen eine unsichtbare Wand. ,,Was hast du getan?", fragte er direkt an mich gerichtet.

,,Es tut mir Leid."
Das meinte ich absolut ernst. Elijah verdiente den Tod nicht. Er versuchte wenigstens ein halbwegs anständiger Mensch zu sein.

,,Wie es scheint hat deine Mummy eine andere Art der Familienzusammenführung geplant", warf Damon hilfreich ein, der kurz davor war, eine Goodbye Urvampire Party zu schmeißen.

Resigniert wandte Elijah sich von Damon und mir ab. ,,Mutter! Beende diesen Unsinn!" Er schrie nicht, dennoch hallte seine erhabene Stimme durch den düsteren und muffigen Keller.

,,Was hat sie vor, Elijah?", fragte Rebekah leise. Sie hatte die Befreiungsversuche aufgegeben und saß zusammengekauert auf dem Kellerboden. Plötzlich kam sie mir nicht gefährlich vor. Eher wie ein verängstigtes, junges Mädchen.

Ironischerweise erinnerte sie mich an mich selbst, kurz bevor mir klar wurde, dass Katherine mich tötete.

Mein schlechtes Gewissen meldete sich wieder. Dabei konnte ich Rebekah nicht einmal leiden.

,,Mutter will ihren Fehler rückgängig machen. Sie hat vor, uns zu töten", antwortete Elijah so kühl, als wolle er mir nicht zeigen, was er beim Gedanke an seinen Tod wirklich fühlte.

,,Nein, das würde sie nicht tun", reagierte Rebekah in Panik.

,,Es ist wahr."
Warum sagte ich das?
,,Das ist keine gute Idee", unterbrach mich Stefan.
Aber doch. Ich fühlte mich wenigstens schuldig Ihnen zu erklären, warum ich Esther half. ,,Eure Mutter will Magie von mir beziehen. Wenn ich nicht mache, was sie sagt, werde ich sterben. Erneut. Und das kann ich nicht, Elijah. Ich habe Angst zu sterben, weil ich mich nicht einmal daran erinnern kann, wie es nach meinem Tod weiterging. Ich will leben."

Elijah antwortete nicht, aber er hörte zu. Das sah ich seiner grüblerischen Miene an.

Ganz im Gegenteil zu Rebekah, die eine Menge dazu zu sagen hatte. ,,Du glaubst wirklich, dass du leben wirst, wenn du ihr hilfst?"

,,Ich weiß es nicht. Aber die Wahrscheinlichkeit ist höher, als wenn ich absage und es nicht einmal versuche. Könnt ihr mir diese Entscheidung wirklich vorwerfen? Ich kenne euch nicht. Ihr hattet eintausend Jahre Zeit zu leben. Ist das nicht genug?"

,,Aber wir haben nie gelebt!", schrie Rebekah mit wässrigen Augen. Die Verzweiflung stand ihr ins Gesicht geschrieben. ,,Du hast doch keine Ahnung!"

Das machte es nicht besser.

Ich musste hier weg.
Schnell.

Hatte ich die richtige Entscheidung getroffen?

Whisper of Deathᵗʰᵉ ᵛᵃᵐᵖⁱʳᵉ ᵈⁱᵃʳⁱᵉˢWo Geschichten leben. Entdecke jetzt