3

306 25 11
                                    

3

Hermine kann nachvollziehen, warum sie Ronald Weasley einst geliebt hat.

Da haftet eine ewige Jugend an ihm; eine naive Ausstrahlung, die es irgendwie geschafft hat, den Krieg unbeschadet zu überstehen. Auch seine Unbeholfenheit hat er nie abgelegt; als wäre er sich dieser nicht bewusst, oder falls doch, als wäre sie ihm egal. Er kann Hermine zwar manchmal auf die Palme bringen, aber er ist trotzdem stets lieb zu ihr; immer hilfsbereit, auf seine ganz eigene Art. Seine Sommersprossen und sein schiefes Grinsen sind attraktiv und in sein rostbraunes Haar ist er hineingewachsen. Früher hatte sie vermutet, dass es im Alter seltsam an ihm aussehen würde. (Und das, obwohl sie bereits einige erwachsene Weasley-Männer mit derselben Haarfarbe kennen gelernt und nichts dergleichen über sie gedacht hatte.) Das hatte wohl daran gelegen, so glaubt sie jedenfalls heute, dass sie damals nur den Ron hatte sehen können, der er zu diesem Zeitpunkt gewesen war: ein Teenager—viel zu jung, um in einen Krieg zu ziehen.

Jetzt ist er ein Mann, und obwohl nichts aus ihnen geworden ist, kann sie noch nachempfinden, warum es so verdammt leicht ist, Ron zu lieben.

Erst vor zwei Minuten, beim gemeinsamen Kofferpacken, hatte er versehentlich das kleine Fach geöffnet, in das sie ihre Höschen einsortiert hatte, woraufhin sich seine Wangen tiefrosa verfärbt und seine blauen Augen vor Schreck geweitet hatten. Hermine hatte sich ein Lachen verkneifen müssen, während Ron den Kopf geschüttelt, irgendetwas vor sich hingemurmelt und das Fach schnell wieder geschlossen hatte. Danach hatte er Ginny gebeten, mit ihm zu tauschen, weil er lieber damit fortfahren wollte, Hermines Bücher mit dem Reducio-Zauber zu schrumpfen.

Manche Dinge ändern sich nie, hatte sie gedacht und sich gleichzeitig gewünscht, dass Harry bei ihnen wäre. Er hätte mit ihr darüber gelacht, dass der Anblick ihrer Unterwäsche Unbehagen in Ron auslöste, obwohl er einst derjenige gewesen war, der sie ihr ausgezogen hatte.

„Ich frage mich, ob wir Ron obliviieren sollten, sobald du weg bist", überlegt Ginny laut, während sie einen perfekt gefalteten Strickpullover in den Koffer legt, und reißt Hermine damit aus ihren Gedanken. „Er wird es auf keinen Fall schaffen, seine riesige Klappe zu halten."

Hermine reicht ihr den nächsten Pulli. Es ist der, den Molly ihr letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt hat und auf dessen Vorderseite ein großes H prangt.

Ron runzelt die Stirn und schürzt die Lippen auf genau die Art, die Hermine früher immer so beeindruckend fand. Seine Fähigkeit, dermaßen gekränkt das Gesicht zu verziehen, ist noch etwas, das sie an manchen Tagen zur Weißglut treibt und an anderen belustigt.

„Ich werde niemandem davon erzählen, du Verrückte", grummelt Ron. Als er sich herumdreht, um ein paar der geschrumpften Bücher in den Koffer zu legen, versetzt er Ginny einen Stoß in die Rippen. „Ich will genauso sehr wie du, dass Harry gefunden wird. Ich würde niemals etwas tun, was das gefährden könnte."

Hermine hatte lange darüber nachgedacht, ob sie Ron und Ginny anvertrauen sollte, dass sie glaubte, Harry aufgespürt zu haben. In ihrem Gespräch mit Madge hatte sie darauf bestanden, dass so wenig Leute wie möglich einbezogen wurden, und das war ihr voller Ernst gewesen. Doch Ron und Ginny im Dunkeln zu lassen wäre ihr vorgekommen wie Verrat, immerhin hatten die beiden dasselbe durchgemacht wie sie. Sie hatten ein Recht darauf, zu erfahren, dass Harry vielleicht noch lebte. Und sie mussten wissen, was Hermine vorhatte, denn falls ihr unterwegs etwas zustieß und sie ihnen vorher nichts gesagt hatte, dann... nicht auszudenken. Mit dem Versprechen an Madge, dass sie die letzten zwei Personen sein würden, die eingeweiht wurden, hatte sie Ron und Ginny schließlich alles erzählt.

Außerdem, so glaubt Hermine, können sie eventuell helfen, falls sie an irgendeinem Punkt nicht weiterkommt. Die beiden kennen Harry genauso gut wie sie, vielleicht sogar besser. Sollte sie von jemand anderem als Malfoy Hilfe brauchen, dann wären sie die besten Ansprechpartner.

Soft As It Began (Deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt