25. Endspurt

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Die Lappland-Reise war vorbei und die letzte Woche begann. Von Ruhe konnte kaum die Rede sein. Ich versuchte nochmal so viel wie möglich mitzunehmen.

Mit Linnea verstand ich mich mittlerweile so gut, dass ich mich sogar darauf freute, sie bald bei mir in Deutschland zu Besuch zu haben. Sie hatte mir versprochen, zu kommen. Ihre Beziehung mit Frederik hatte scheinbar die unzertrennliche Anfangsphase überstanden und sich so weit gefestigt, dass sie auch ohne ihn überleben konnte. Vorübergehend.

Gerade eben lag ich kopfüber auf meinem Bett und sprach am Telefon mit Nici.

"Soll ich dir ein Geheimnis verraten?", fragte ich sie.

Sie wurde hellhörig. "Sofort!", befahl sie mir. "Ich bin jetzt schon sauer, dass du es mir nicht früher erzählt hast." Ich konnte ihr Grinsen förmlich durch das Handy hören.

"Du wirst ausrasten." Ich genoss es, sie ein bisschen auf die Folter zu spannen. "Linnea und ich sind jetzt beste Freundinnen."

"Verarsch mich nicht!", schimpfte Nici. "Niemand kann mich ersetzen."

"Okay. Ich mach nur Spaß. Auch wenn ich mich langsam echt immer besser mit ihr verstehe...", driftete ich ab. "Hallo, spuck es aus jetzt!" Nici wurde ungeduldig.

"Ich habe Noah geküsst", rückte ich schließlich raus mit der Sprache und bemerkte irritiert, wie sich unweigerlich ein breites Grinsen auf meine Lippen schlich.

"Waaaas?", kreischte Nici am anderen Ende des Hörers, sodass ich ihn ein Stück von meinem Ohr weghalten musste.

Zeitgleich wurde dir Tür aufgerissen. "Du hast was??!" Eine Linnea mit großen Augen stand in der Tür und starrte mich ungläubig an.

Ich ignorierte Nici kurz, die immer noch damit beschäftigt war, ungläubige Rufe auszustoßen.

"Du hast doch überhaupt nicht verstanden, was ich gesagt habe", wollte ich Linnea abwimmeln. Sie verschränkte die Arme. "Oh doch. Ich lerne seit Jahren Deutsch. Ich weiß genau, was du gesagt hast." Sie deutete auf mein Handy, von wo aus immer noch Nici zu hören war. Oh Mann. "Und deine Freundin bestätigt das nur."

Ich biss die Zähne zusammen. Erstens: hoffentlich hatte Linnea nichts über unsere angebliche Freundschaft gehört. Ich konnte mich mittlerweile wirklich irgendwie mit ihr anfreunden und wollte sie nicht enttäuschen. Zweitens: es war eine saudumme Idee gewesen, davon zu erzählen.

Während ersteres kein Problem darzustellen schien, wurde zweiteres immer schlimmer.

Da Nici wieder meine Aufmerksamkeit verlangte, konnte ich nur aus den Augenwinkeln beobachten, wie Linnea ihr Handy zückte und geschäftig einen Anruf tätigte.

"Hör zu, Nici: wir haben uns einfach geküsst, okay? Es war gut, ja. Aber nein, wir haben uns unsere Liebe nicht gestanden und nein, wir haben danach ganz brav geschlafen und nicht die ganze Nacht wilde Dinge angestellt." Ihre Fragen waren wirklich unerhört.

Ich quatschte noch eine Weile weiter mit ihr und schaffte es in der Zeit, sie einigermaßen zu beruhigen und davon zu überzeugen, dass das keine große Sache war.

Gerade als ich endlich auflegen durfte, hörte ich die Klingel. Linnea war mittlerweile aus meinem Zimmer verschwunden, tauchte aber kurz darauf mit Alva im Schlepptau auf. Ich stöhnte. Oh nein.

Wie hatte ich es geschafft, nur Nici ein kleines Geheimnis verraten zu wollen und zehn Minuten später wusste gefühlt jeder zweite Bescheid? Ich musste hier weg, bevor das ganze ausartete. Ein bisschen frische Luft wäre gerade genau das richtige. Wieso drehten plötzlich alle durch?

Bevor Alva überhaupt richtig angekommen war, ergriff ich die Flucht. "Hi, Alva. Tut mir wahnsinnig leid, aber ich muss ganz dringend los!" Linnea und Alva musterten mich kritisch, während ich nervös einen Pulli und meine Jacke überzog und mich an ihnen vorbei nach draußen drängte.

Katzenbegräbnisse, Polarlichterjagd und andere SchwierigkeitenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt