Mit schnellem Schritt machte sich Gumi auf den Weg. Sie musste quer durch die Stadt und hatte daher einen Bus genommen, der sie in die Nähe der Universität brachte. Dennoch musste Gumi noch ein ganzes Stück gehen, weswegen sie im Laufschritt unterwegs war. Ab und zu spürte Gumi schon einen Stich an der Seite ihrer Rippen, weil sie viel zu hastig und nervös atmete. Der Rucksack war vollgestopft mit Notenblättern, falls sich die Jury dazu entschloss, sich etwas von Gumi vortragen zu lassen. Ihren USB-Stick hielt sie fest in der Hand, weil sie den Weiten ihres Rucksacks nicht vertraute.
Es war schon vorgekommen, dass sie ganze fünf Minuten nach ihrem USB-Stick gesucht hatte, weil er unter ihren Schreibblock gerutscht war.
Heute würde Gumi dieses Risiko nicht eingehen.
Die Stadt war gefüllt mit Touristen und Einheimischen, die ihrem Alltag nachgingen. Viele eilten zum Supermarkt oder zu den Bussen, überrumpelten Gumi beinahe, als wäre sie unsichtbar. Am Eingang einer Bar zwängte sich die Rothaarige durch den Türspalt und an einer lautstarken Familie vorbei, überquerte eine Straße und warf einen Blick auf ihre Armbanduhr.
Sie war spät dran, was ihr Herz noch rapider schlagen ließ.
»Das ist doch nicht wahr«, fluchte Gumi leise und konnte sich schon ausmalen, dass sie völlig verschwitzt ankommen würde und die Jury allein wegen dieses Vorfalls schon eine Abfuhr erteilen würde. »Warum bin ich immer zu spät?«, jammerte sie und setzte einige Meter zum Sprint an. Schon bald ließ die Ausdauer von Gumi nach, weswegen sich ihr Schritt automatisch verlangsamte. Als sie den Hof der Universität schon sehen konnte, bog die 22-Jährige in eine Abkürzung ab. In dieser Gasse befanden sich auffällig viele Musikläden. Von Schallplatten- bis Postershops war alles dabei und eigentlich hätte Gumi gerne einen Blick hineingewagt, wenn sie es nicht so eilig gehabt hätte. Und gerade als sie erneut loslaufen wollte, kreuzte sie den Weg eines Jungen.
Ihre Schulter stieß unsanft gegen seine erhobene Hand, mit der er sich sein Smartphone ans Ohr hielt.
Verärgert warf sie ihm einen kurzen Blick zu, konnte jedoch auf den ersten Blick nur eine Sonnenbrille, einer Atemschutzmaske und weißen Hut erkennen. Sein wütendes Grummeln, das eher dem Telefonat galt, als dem Mädchen, ließ sie aufhorchen. Er sah aus, wie jeder andere, der in Seoul herumlief, weswegen sie sich nicht weiter Gedanken um sein Wohlbefinden machte. Daher drehte Gumi sich wieder in die richtige Richtung und lief los.
Völlig außer Atem kam sie bei der Universität an, stapfte die Treppen hoch, bis sie in einen Vorraum kam, in dem einige junge Leute warteten.
Waren dies ihre Konkurrenten?
Oder könnten sie sogar Gumis zukünftige Mitstudenten werden?
Mit einem erleichterten Seufzen, da die 22-Jährige es doch noch rechtzeitig geschafft hatte, ließ sie sich auf einen der Stühle fallen. Aber es dauerte nicht lange, bis ihr Namen gerufen wurde. Sofort sprang Gumi wieder auf die Beine und blickte in ihre Handfläche, wo sie den USB-Stick nicht mehr vorfand. Vor Schreck atmete sie abrupt ein, doch Gumi blieb der Kloß im Hals stecken. Das Herz blieb dem Mädchen ebenso stehen und die Finger, die eigentlich den USB-Stick halten sollten, zitterten. Sie konnte es nicht glauben, dass sie ihn dort nicht wiederfand. Hastig griff Gumi nach ihrem Rucksack und begann darin zu suchen, doch dort war nichts außer den sinnlosen Kram, den sie mit hatte.
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𝐒𝐓𝐑𝐀𝐖𝐁𝐄𝐑𝐑𝐘 𝐓𝐎𝐔𝐂𝐇
Romance🆃🅰🅴🅶🆈🆄 Es war einmal vor nicht allzu langer Zeit - drei Monate, um genau zu sein - ein junges Mädchen, das auf eine tragische Art ihren Vater verlor. Fortan musste sie bei ihrer Stiefmutter und ihren zwei garstigen Stiefschwestern leben. Unsin...