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Julia

Die frische Luft umhüllt meinen Körper, sobald ich die Türschwelle übertrete. Es wird langsam echt kalt. Schnell öffne ich den Briefkasten und nehme alle Briefe raus, die heute dort reingeworfen wurden.

Mit den Briefen in der Had, flitze ich wieder zurück, schließe die Tür hinter mir und ziehe meine Schlappen aus. Danach gehe ich wieder hoch in mein Zimmer, weil sich meine madre unten befindet und ich ein Zusammentreffen nur ungern in der Realität möchte.

Schnell gehe ich die Absender durch und bleibe bei einem Namen hängen. Es ist ein mir unbekannter Name, also drehe ich ihn wieder um und entdecke einen Wachsstempel, womit der Brief zugeklebt worden ist. Wie formell.

Neugierig öffne ich den Umschlag und nehme einen weißen Zettel heraus. Vorsichtig falte ich ihn auf und erkenne viele kleine Buchstaben.

Der Brief

Liebe Daniela,

ich hoffe dir und deinen Kindern geht es gut. Ich habe das mit Diégo erfahren. Mein Beileid und Entschuldigung, dass ich dir erst jetzt schreibe. Ich hatte die letzten Jahre sehr viel zu tun. Ich weiß gar nicht mehr wie lang es her ist, dass wir uns alle gesehen haben.

Da ich darauf hoffe, dass du ein paar Stunden für meine Familie und mich Zeit hast, möchte ich dich und deine zwei Kinder gerne zu uns nach Hause zu einem Essen einladen. Wie in alten Zeiten.

Ihr müsst nichts mitbringen, außer euch selbst natürlich. Wir könnten uns dann endlich mal wieder sehen. Ruf mich einfach an und wir klären die restlichen Dinge.

Ich zähl auf dich!

Paula Gonzáles

Na toll. Ich drehe das Blatt um und sehe eine Telefonnummer. Wahrscheinlich sollte ich da gleich mal anrufen und ihr Bescheid geben, dass wir uns gerne mit ihnen treffen wollen. Ich hoffe es ist nicht noch heute, weil madre wahrscheinlich komplett betrunken ist.

Schnell lese ich auch noch die anderen Briefe durch und nehme mir dann mein Handy zur Hand, um die besagte Telefonnummer anzurufen. Madre sage ich erstmal nichts, denn sie wird so oder so verneinen, also mache ich es einfach.

Bevor ich auf das grüne Symbol drücke, huschen meine Augen noch einmal schnell über die Zahlen, um mich zu vergewissern, dass sie alle richtig sind und halte mir das Handy dann schließlich ans Ohr.

Schon nach dem dritten Hupen wurde mein Anruf angenommen und es ertönte eine fremde weibliche Stimme aus der anderen Leitung. „Hallo, Anastasia Bomberly, Assistentin von Miss Gonzáles. Wie kann ich Ihnen helfen?"

„Hallo, mein Name ist Julia Pérez und", wollte ich gerade mein Anliegen mitteilen, doch wurde von ihrer piepsigen Stimme unterbrochen. „Ah ja richtig. Miss Gonzáles hatte mir Bescheid gegeben. Eine Minute, ich werde Sie weiterleiten."

Und schon wurde ich in eine Art Warteschleife geworfen. Wunderbar! Gott sei Dank nicht lange, denn nach nicht mal einer Minute konnte ich eine ruhige Frauenstimme hören. „Hallo Julia! Ich dachte eigentlich deine madre ruft an, aber zu dir sage ich natürlich auch nicht nein." Leicht schmunzle ich, aber fange mich sofort wieder. „Äh ja. Also, ich hatte angerufen wegen des Essens. Für einen Termin."

„Bueno, mi ángel. Dann kommen wir direkt zur Sache. Wir können beim Essen auch reden. Also... diese Woche wäre eigentlich alles schon voll außer heute Abend, genauso die nächsten Wochen.", sprach, ich nehme mal an, Paula. Warum sie mich ihren Engel genannt hat? Keine Ahnung. Ist mir auch relativ egal. „Passt es bei euch vielleicht spontan noch heute Abend." Dieser Satz. Genau der, den ich nicht hören wollte. Heute. Eigentlich hatte wir nichts vor, aber auch bei uns im Terminkalender gab es so gut wie keinen anderen freien Termin. Das kann was werden.

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