15 Quince

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Léon

Entspannt laufe ich Julia hinterher durch die Gänge des Supermarkts. Es ist für diese Uhrzeit relativ voll und immer wieder drängen sich die Leute an uns vorbei, während Julia irgendetwas Bestimmtes sucht, mir aber nicht sagen möchte was, wie ich angeblich denken würde, sie wäre verrückt. Ich glaube ich möchte gar nicht wissen, was sie so unbedingt haben möchte, das dazu führt, mir das erst gar nicht zu erzählen.

Als sie den Gang zu den eingelegten Sachen entdeckt, fängt sie an zu grinsen und wackelt aufgeregt mit ihren Fingern an ihren Hosenbeinen. Aufgeregt geht sie an den Regalen vorbei, während sie die Produkte mit ihren Augen abgeht. Am Ende bleibt sie stehen und guckt sich die ganzen Gläser, die dort stehen, an bis sie an einem hält und es rauszieht.

Mit einem Schritt bin ich bei ihr und schaue mir das Glas in ihrer Hand an. Gewürzgurken? Ernsthaft? Ich habe ja nach viele Sachen überlegt, aber an Gewürzgurken hätte ich im Leben nicht gedacht. Wenn ich die Situation jetzt nicht nutze dann werde ich sie nie. Meinen Oberkörper lehne ich so nach unten, dass meine Lippen ihr Ohr streifen und sich augenblicklich eine Gänsehaut auf ihrer Haut bildet. Mit einem Grinsen auf meinem Gesicht, trete ich noch ein bisschen näher an ihren zierlichen Körper heran. „Ich habe dich nichtmal gefickt und du verhältst dich schon wie eine Schwangere?" Sofort kriege ich einen leichten Stoß in meinen Bauch und werde vom Julia weggeschoben. „Sag das nich einmal und ich bringe dich um!" „Oh, da muss ich natürlich aufpassen" Lachend nehme ich ihr das Gurkenglas aus der Hand und gehe vor. „Warte, Léon. Ich bin noch nicht fertig." Sofort drehe ich mich wieder um und mustere sie skeptisch. Reicht ihr ein Glas mit Gurken nicht?

Augenverdrehend nimmt so noch drei andere Gewürzgurken mit und geht dann voraus. Toll. Wir haben jetzt vier verschiedene Arten von Gewürzgurken. Dafür habe ich fast 1 Stunde verschwendet und mich komplett blamiert.

An der Kasse bezahle ich die Gurken und gehe wieder mit Julia an meiner Seite zum Auto. Wir steigen ein und sie legt die ganzen Gläser auf ihren Schoß. Ich habe ihr vorhin eine Tüte angeboten, doch die hat sie direkt wieder abgelehnt. Wir schnallen uns an und fahre kurze Zeit später vom Parkplatz runter auf die befahrenden Straßen.

Unsere Stille wird durch den Klingelton von meinem Handy gebrochen und ich hole es aus meiner Hosentasche heraus. Ich drücke es Julia in den Schoß, was sie offensichtlich versteht und abhebt. Die Arme kann nicht mal „Hallo" sagen, weil sie sofort von dem Anrufer vollgeschwafelt wird. Sie hat so einen verwirrten Gesichtsausdruck auf ihrem Gesicht, dass ich nicht anders kann als zu lachen.

„Ähm... Hallo, Alejandro." Aus dem Handy ertönt ein Lachen. Er hat die ganze Zeit über mit ihr spanisch geredet, weil er dachte, ich hätte den Anruf angenommen. Warum auch immer, aber Julia kann kein Spanisch sprechen, obwohl sie offensichtliche Wurzeln aus diesem wunderschönen Land besitzt. Ich bin so froh, dass meine Eltern mich mit dieser wunderschönen Sprache aufwachsen haben lassen. Jedes Jahr sind wir mehrfach nach Spanien zu meiner Familie geflogen und ich bin quasi nicht drumherum gekommen spanisch zu reden. Ich spreche zwar noch ganz viele andere Sprachen, aber spanisch wird immer ein Teil von mir sein. Immerhin fließt reines spanisches Blut durch meine Adern. Sowohl mi Mamá als auch papá kommen aus Spanien und haben sich dort kennengelernt. 

Ich weiß zwar nicht ganz genau, ob mi Mamá bis dahin wusste, was er beruflich machte, aber selbst wenn scheint sie das ja nicht gestört zu haben. Immerhin ist er zu ihr so lieb und man sieht es ihm wie verliebt er ist, sobald er in die Augen von Mamá schaut.

Ich bezweifle es, dass Julia irgendwann Gefühle für mich entwickeln wird. Ihre Familie wurde auseinandergerissen, sie wurde von dieser verraten, sie kann nicht studieren gehen, schon gar nicht arbeiten. Das Risiko ist zu hoch und dafür wird sie mich für immer hassen. Auch, was für eine Familie wir sind. Unter keinen Umständen werde ich ihr das erzählen, aber irgendwann wird es rauskommen. Dann natürlich die Sache mit dem heiraten. Ich wusste doch auch nicht, dass ich sie heiraten muss. Aber ich kann es schneller akzeptieren, weil mir von kleinauf beigebracht wurde, die Sachen einfach hinzunehmen. Das Leben ist nicht fair, besonders unser nicht.

It's youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt