Kapitel 16 - Übernahme

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Mit mulmigem Gefühl in den Knochen folgte Streuselband Nachtstrahl, Flimmermähne, Blaurose und Flügel über die Hügelkuppen zurück zum Lager der Ampferherde. Die aufgehende Sonne tauchte die trockenen Halme der Wiesen in ein rötliches Licht. Schmatzend bewegten sich die Pferde durch die vom Regen schlammige Erde vorwärts. Bald schon würde nur rissige Wüstenlandschaft zurückbleiben. Streuselband machte sich große Sorgen um ihre Herde. Sie würden in diesem Gebiet nach dem Regenguss, der alles weggeschwemmt hatte, kaum noch genug Nahrung finden, um sich auch nur einen weiteren Monat versorgen zu können. Besondere Unruhe über das Wohlergehen Schnellfohlens und Wasserfohlens plagte sie. Junge Pferde im Wachstum benötigten besonders viel Futter, um zu kräftigen Pferden heranzuwachsen.

„Halt." Flammenstrahl hob warnend den Kopf und witterte. Der Anführer war auf einer Hügelkuppe stehengeblieben und blickte hinab auf die Fläche, wo sich versteckt zwischen Sträuchern in einer großen Sandmulde das Lager der Ampferherde verbarg. Die Gruppe hatte in einer Hohle am Rand des Gebirges übernachtet und kehrte erst am Morgen gänzlich zurück. Gestern in der Dunkelheit waren sie alle zu erschöpft gewesen, um den gesamten Heimweg auf sich zu nehmen. Doch auch Streuselband spürte, dass irgendetwas nicht so war, wie es sein sollte. Ein merkwürdiger Geruch lag in der Luft, der sie entfernt an den der Stute aus der Salzherde erinnerte, die sie beim Sonnenkristall aufgepäppelt hatten.

„Was ist los?" Alarmiert stellte Flimmermähne seinen Schweif auf und spähte in die Ferne.

„Ich ... Richt ihr das auch?" Flammenstrahl rümpfte die Nüstern und suchte Flügels und Blaurotes Blick. Diese nickten.

„Das richt nach Salzherde", spuckte Flügel aus und scharrte angriffslustig am Boden. „Was haben sie in unserem Gebiet verloren?"

„Still." Flammenstrahl sandte dem Kämpfer ein warnendes Ohrenzucken zu. „Lass uns erst sehen, was dort unten los ist."

Voller Anspannung pirschten sich die Pferde an das Lager heran. Von weitem war keine Pferdeseele zu sehen und der typische Ampferherden-Geruch schien überdeckt von schwerem Salz.

Vorsichtig kauerte sich Flammenstrahl hinter eine der Hecken, die das Lager umgaben und bedeutete seinen Pferden, dass sie ihm folgen sollten. Dicht an die Hufe ihres Tutors Flügel geheftet, presste auch Streuselband sich an das Gebüsch. Angestrengt versuchte sie, durch die dichten Dornenzweige etwas zu erkennen. Sie witterte, doch der strake Geruch der Pflanze schien alles zu überdecken. Schmerzend bohrten sich die Brombeerranken in ihre empfindlichen Nüstern und sie wich zurück. „Wo sind denn alle?", wisperte sie in Flügels Richtung. Der aber warf ihr nur einen verkniffenen Blick zu, statt zu antworten. Stumm starrten die Pferde durch die Dornenwand, bis Streuselband plötzlich eine Bewegung ausmachte. Sie zuckte zusammen, als sie einen dunkel gemusterten, ungewöhnlich kräftig gebauten Hengst erblickte, der vollkommen entspannt über den Lagerplatz schlenderte.

„Was zum ...", entfuhr es Flimmermähne angriffslustig. „Was fällt denen bloß ein, sich einfach hier einzunisten?!" Schon wollte er aufspringen und den fremden Hengst zu Boden stoßen, doch Flammenstrahl hielt ihn bestimmt zurück. „Flimmermähne, warte! Noch wissen wir nicht, wie viele es sind. Wir wollen nicht riskieren, dass jemand verletzt wird."

„Aber wo sind die anderen?", fragte Streuselband mit gedämpfter Stimme. Noch hatte sie keinerlei Anzeichen auf die Anwesenheit der Pferde der Ampferherde entdeckt.

„Das würde ich auch zu gerne wissen", knurrte Flügel an ihrer Seite und peitschte mit dem Schweif.

Da sammelten sich mit einem Mal weitere Pferde auf der Fläche. Keines davon gehörte der Ampferherde an. Stattdessen waren sie alle von diesem seltsamen Salzgeruch umwölkt, den auch Strandböhe mit sich getragen hatte.

RivalenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt