Kapitel 11 - Lauernde Gefahr

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Rabenband hörte das Blut in seinen Ohren rauschen, als er vortrat und sich in die Reihe der Pferde der Bergherde gesellte, die sich vor Nachtstrahl und Krautfell aufgestellt hatte. Heute würde entschieden werden, wer den Heiler zum Sonnenkristall begleiten würde. Die letzten Tage waren hart gewesen. Jeder hatte sich bemüht, sich so gut wie möglich in Anwesenheit des Anführers zu verhalten, um für diese große Ehre erwählt zu werden. Vor allem Rabenband hatte versucht, so vorbildlich wie er nur konnte zu handeln und seinen Mut zu beweisen. Er hatte sich sogar dazu bereiterklärt, als Spion das Gebiet der seltsamen neuen Herde auszukundschaften.

„Wir haben uns heute hier versammelt, um die Begleiter zu wählen, die zum Sonnenkristall reisen werden", begann Nachtstrahl. Der prächtige Rappe schritt vor den Reihen seiner Pferde auf und ab und musterte jeden eingehend. Als er an Rabenband vorbei kam, musste dieser sich zusammennehmen, nicht unter dem forschenden Blick des Anführers in sich zusammen zu fallen. Aufrecht hielt er den Atem an und die Anspannung ließ erst etwas nach, als Nachtstrahl zum nächsten Pferd weiterging.

„Farnrost, Krautfell und ich haben uns ausführlich beraten und sind zu einer eindeutigen Entscheidung gekommen", sprach der schwarze Hengst weiter. Um nicht nervös auf der Stelle zu tänzeln, stemmte Rabenband seine Hufe fest in den harten Felsboden.

Nun trat Krautfell selbst vor. „Es wird neben Nachtstrahl drei Begleiter geben."

Ein letztes Mal ließ der Anführer seine dunklen Augen, die vor Wissen zu glänzen schienen, über seine Pferde schweifen. „Farnrost, meine Treueste."

Farnrost schnappte nach Luft und sah dann zu ihm auf.

„Ich lege die Bergherde in meiner Abwesenheit in deine Hufe. Passe gut auf sie auf, du hast mein vollstes Vertrauen."

Farnrost senkte ehrfürchtig den Kopf. Rabenband meinte jedoch, eine Spur der Enttäuschung aus ihrer Geste lesen zu können. Er hätte es der dunklen Fuchsstute mehr als gegönnt, den Sonnenkristall zu Gesicht zu bekommen, doch Nachtstrahl hatte Recht. Jemand musste auf das Lager achtgeben, falls ihm auf der Reise etwas zustieß.

„Luftzug wird uns begleiten", nannte der Heiler den erste Namen.

Voller Stolz trat die junge Stute vor. Sie war erst vor Kurzem zum Kämpfer ernannt worden und bildete sich gewaltig etwas darauf ein.

„Ebenso Nordwind."

Der große graue Hengst senkte dankend den Kopf. Rabenband hielt die Luft an. Nur noch ein weiteres Pferd würde die Truppe begleiten. Noch hatte er Hoffnungen.

Langsam ließ Nachtstrahl seinen Blick über die Herde gleiten. „Ein Wächter wird ebenso mit uns kommen."

Verbissen hielt Rabenband den durchdringenden Augen des Anführers stand. Er war Wächterschüler. Vielleicht hatte er ja tatsächlich die Ehre.

„Wasserfall."

Der Name traf Rabenband wie ein Schlag in die Magengrube. Als Schüler hatte er sich seine Chancen ohnehin als gering angerechnet, dennoch war er enttäuscht, dass er nicht ausgewählt wurde. Krautfell senkte ihm einen bedauernden Blick, während die fünf Pferde sich zusammenfanden. Luftzug und Wasserfall schienen besonders begeistert, dass sie beide zusammen mit zum Sonnenkristall ziehen würden. Seit Luftzugs Ernennung wichen sie sich kaum noch von der Seite. Rabenband könnte wetten, dass es spätestens im nächsten Jahr ein Fohlen geben würde.

„Farnrost, sorge dafür, dass vermehrte Patrouillen an den Grenzen unterwegs sind. Vor allem in der Nähe des großen Salzsees, die fremde Herde scheint dort irgendwo zu lagern", trug Nachtstrahl seiner zweiten Anführerin auf, ehe er sich in Bewegung setzte. Unter teils eifersüchtigen, teils gespannten Blicken verließ die Truppe das Lager. Krautfell war der letzte. Bevor er den übrigen folgte, wandte er sich noch einmal um und murmelte kaum verständlich: „Ich hoffe, dass uns der Sonnenkristall Antworten auf unsere Fragen bringen wird ..." Dann sprang auch er die steinige Anhöhe hinab und sie verschwanden hinter den Felsen.

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