Kapitel 6 - Ausgestoßen

25 4 0
                                    

„Ich möchte mich eurer Herde anschließen."

Streuselbands Augen weiteten sich. Die junge Stute kauerte hinter einem intensiv duftenden Busch. und beobachte das kleine Pferdetrüppchen. Flammenstrahl, Ruß und Flohband hatten an der Sandbedeckten Trainingsstelle Halt gemacht und berieten sich über den weiteren Verbleib des mageren Dunkelgrauen.

Der fuchsfarbene Anführer der Ampfer Herde legte den Kopf schräg. „Ich bin mir nicht sicher, ob das angesichts der schwierigen Umstände die beste Idee ist", schnaubte er Ruß zögerlich entgegen.

Was meinte er damit? Etwa den Angriff der Bergherde? Wäre es nicht sogar besser, in dieser Zeit der Ungewissheit mehr Krieger zur Verfügung zu haben?

„Das Futter ist rar und ich weiß nicht, ob ich es verantworten kann, noch ein weiteres hungriges Pferd zu versorgen", fuhr Flammenstrahl besorgt fort.

„Aber er ist mein Vater", wandte Flohband ein. Ungeduldig scharrtet der kräftig gebaute Schüler am Boden, als könne er kaum abwarten, Flammenstrahls Urteil zu hören.

Nahezu fürsorglich blickte der große Fuchs zwischen Vater und Sohn hin und her. „Dennoch herrscht Misstrauen gegenüber ihm in der Herde. ich möchte nicht riskieren, dass es zu Konflikten kommt. Die Sache mit der Bergherde ist schon schlimm genug ..."

Bei diesen Worten fiel Ruß' ohnehin bereits zerbrechlicher Körper noch ein Stückchen mehr in sich zusammen. Fast tat er Streuselband leid. Er hatte bereits so lange alleine gelebt und man sah ihm deutlich an, wie schwer er es gehabt haben musste. Andererseits riskierte Flammenstrahl mit seiner Aufnahme, dass sich seine eigene Herde gegen ihn stellte. Zwietracht und Hass könnte geschürt werden und die Verteidigung gegen die angriffslustige Bergherde noch schwieriger machen. Heute hatten sie Glück gehabt und die feindlichen Truppen in die Flucht schlagen können. Doch niemand wusste, was die Zukunft bringen würde. Streuselband hoffte, dass ihr Anführer klug und überlegt handeln würde. Sie selbst traute Ruß zwar nicht wirklich, aber die Tatsache, dass er im heutigen Kampf auf ihrer Seite gestanden hatte, machte sie nachdenklich.

Flammenstrahl legte seinen edel gewölbten Kopf schief und schien zu überlegen. Ruß neben ihm tänzelte nervös von einem Huf auf den anderen und wechselte immer wieder Blicke mit seinem Sohn. Auch Streußelband wurde immer angespannter in ihrem Versteck.

Schließlich wieherte der feuerfarben schimmernde Hengst: „Wir müssen die Sache mit der gesamten Herde beraten."

Fragend und zugleich hoffnungsvoll sah Ruß zu ihm auf.

„Aber vorerst wirst du bei mir im Lager bleiben, deine Wunde muss versorgt werden", fügte Flammenstrahl hinzu, ehe er sich umdrehte und in Richtung des Lagers in Bewegung setzte.

Ruß nickte und humpelte hinter dem Anführer her. Seine von Blut verkrustete Schulter schien ihm wirklich zu Schaffen zu machen, aber trotz der Schwellung versuchte er, sich die Schwäche nicht anmerken zu lassen.

Streuselband sprang auf und galoppierte zurück ins Lager. Sie wollte noch vor den dreien dort ankommen, damit niemand Verdacht schöpfte, dass sie ihnen nachspioniert hatte. Sie nahm flink eine Abkürzung über die Felder und als sie keuchend im Lager ankam, wollte sie nach dem langen Tag einfach nur noch schlafen.Völlig erschöpft kuschelte sie sich in die Hecke, unter der die Schüler schliefen und langsam aber sicher fielen ihre Augen zu.

Von lautem Wiehern wurde die Schimmelstute aus dem Schlaf gerissen. Flammenstrahl rief seine Herde mit kraftvoller Stimme zu einer Versammlung zusammen. Schlaftrunken rappelte Streuselband sich auf und wankte zum großen Erdhügel. Dieser war in der Mitte des Lagerplatzes aufgehäuft worden und diente als Erhöhung für die flammenden Reden, die Flammenstrahl für sein Leben gern hielt.

RivalenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt