Blocked (🍋)

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Die Semesterferien hatten sich dem Enge geneigt und ein neues Halbjahr an der Uni stand vor der Tür. Ich hatte auf den letzten Tagen von der Studienberatung noch einen Termin zur Besprechung meines weiteren Studiumweges bekommen, welches mein Schicksal besiegelt: Mit Septemberbeginn würde ich den Studiengang wechseln und damit erneut im ersten Semester einsteigen.

Ich bekam Muffensausen. 

Ich würde im Gegensatz zu den anderen die heutigen Vorlesungen allein besuchen und hätten keinen Anhaltspunkt. Das war nichts, was ich nicht kannte, aber ließ die eh schon vorhandene Nervosität noch weiter steigen. Wären es wenigstens richtige Veranstaltungen, bei denen ich mich auf die Inhalte konzentrieren könnte! Leider waren es aber die typischen Erstis-Sitzungen, in denen man die Uni erklärt bekam, die Lernformate... all das, was ich schon durchhatte.

In den Spiegel blickend, der mir mein Semesterstart-Outfit präsentierte, strich ich mir die Haare zurück und stieß die Luft aus. Perfektes Timing für Tetsurou, um anzuklopfen und schließlich seinen Kopf durch den Türspalt zu stecken: „Bist du so weit?", fragte er mich und ich schenkte ihm einen verunsicherten Seitenblick:

„Nein... kein Stück."

Verwundert über meine Antwort kam er mit gehobenen Brauen herein, schloss hinter sich die Tür und sah mich untätig mit der Haarbürste in der Hand vor dem Ganzkörperspiegel stehen. Er betrachtete mich einmal von Kopf bis Fuß, konnte sich aber keinen Reim aus meinen Worten bilden und hakte demnach ruhigen Tones nach: „Was ist los?"

Mit den Schultern zuckend, schenkte ich ihm dann den Anflug eines Lächelns: „Fühl mich komplett überfordert."

„Wegen heute?"

„Hm."

Tetsurou überlegte einen kurzen Moment, nahm mir dann die Bürste ab und legte sie auf die Kommode. Mich am Handgelenk ergreifend, zog er mich zu sich und legte seine Arme um mich. Ich folgte ihm auf wenige Tippelschritte, als er sich rückwärts in Bewegung setzte und gab einen erschrockenen Laut von mir, als er sich mit mir auf mein Bett zurückfallen ließ. Wieder in der Horizontalen liegend, die ich vor anderthalb Stunden erst verlassen hatte, gab ich nach. Statt aufzuspringen, vergrub ich lieber den Kopf an seine Brust. Besser. Sofern ich mich bei ihm Verstecken konnte... war es weitaus besser. Das gab mir wirklich Ruhe und Entspannung.

„Du kriegst das hin", sprach Tetsu leise in mein Ohr und hielt mich fest an sich gedrückt. „Wir sind zwar nicht in denselben Kursen, aber immer noch da. Vergiss das nicht."

„Ich weiß... Ich muss positiv denken. Wird schon", versicherte ich ihm genauso leise, dass ich ja wusste, worum es ging. Was wichtig war. Trotzdem wollte ich ihn nicht loslassen.

„Ja, wird es", versicherte Tetsurou mir deswegen ein weiteres Mal und drehte sich mit mir herum, bis er sich über mich beugen konnte. Seine Lippen hatten sich zu einem ehrlichen Lächeln gezogen und seine bernsteinfarbenen Augen wanderten von meiner Stirn, zu meinen Wangen, meinen Lippen und wieder zurück zu meinen eigenen Seelenspiegel. Zärtlich strich sein Daumen untermalend meine Gesichtskontur entlang. „Pyonpyon, du weißt, was du diesen Sommer geschafft hast?" Irritiert guckte ich zu ihm auf und ließ ihn weitersprechen: „Überleg mal, wie sehr du gewachsen bist. Du hast Tag für Tag weitergemacht. Du hast dir einen Plan zurechtgelegt und du hast entschieden, einen neuen Weg zu gehen. Du hast die Reha durchgezogen und kannst wieder komplett ohne Krücken oder Schiene laufen und hast nur bei größter Belastung noch Schmerzen." Sein Daumen hatte meine Lippen erreicht und strich so sanft über die untere, dass meine Haut prickelte. „Du hast es sogar geschafft, mit deiner Mutter zu sprechen. Ist das alles nichts?"

„Stimmt schon", antwortete ich leise und atmete dann einmal ganz tief durch. Das war wirklich nicht nichts. Das war sehr viel. Gerade, was die Rehabilitationsphase betraf und überhaupt weiterzustudieren und nicht aufzugeben... Wer weiß schon, wo ich sonst stehen würde? Unglücklich und ohne Perspektive im Konbini hinter der Kasse? Das durfte gern mein Job neben dem Studium bleiben, aber ich wollte nicht mein späteres Arbeitsleben in solch einem Laden fristen, wenn es auch anders ginge. „Das hab ich aber nicht allein geschafft", reichten meine Arme um seinen Nacken und ich zog ihn behutsam zu mir hinab, während meine Hände durch seine Haare kraulten. „Ohne euch wäre ich vermutlich immer noch in Selbstmitleid versunken. Ohne dich würde es mir nicht so gut gehen..."

So wie du mich liebst   (Kuroo x Reader)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt