Kapitel 1

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Mit einer geschmeidigen Bewegung ließ ich mich aus dem Bett gleiten.
Ein Schauer kroch durch meine nackten Füße, als ich den kalten Holzboden berührte, und ich strich mir mit einer raschen Bewegung mein dunkelgrünes Stoffkleid glatt, dass ich am Vorabend extra angezogen hatte.
Gegen die Dunkelheit anblinzelnd ließ ich meinen Blick durch die kleine Kammer schweifen, die ich Mein nennen konnte.

Die dunklen, hölzernen Wände, wurden von hellem Mondlicht beleuchtet, das durch das kleine Fenster an der hintersten Wand des Raumes schien.
Das einzige andere Möbelstück neben meinem Bett, war ein aus ebenso dunklen Holz gemachtes Regal, in dem ich meine wenigen Kleidungsstücke aufbewahrte.

Das dunkle Holz schuf einen guten Kontrast zu der grauen Steinwand, die an der Außenseite der Burg von hübschen grünen Moosflecken geziert war.

Ich streifte mir die kratzenden Wollsocken über, die ich mir vor einigen Wochen selbst gestrickt hatte, und schlüpfte in meine abgetretenen Lederschuhe. Möglichst leise schlich ich durch den Raum.

Kurz lauschte ich in die Stille der Nacht. Doch bis auf das Zirpen der Grillen und dem Wind, der durch die Baumkronen im angrenzenden Wald wehte, war es Mucksmäuschenstill.

Die immer knarrende Diele auslassend, trat ich auf die andere Seite meines Bettes, und hockte mich auf den Boden. Mit zitternden Fingern schob ich eine der Bodendielen zur Seite, und holte den Lederbeutel hervor, den ich in dem Hohlraum versteckt hatte. Ich band ihn mir geschickt an meinen Gürtel, schob die Diele wieder zurück, und stand auf.

Vorsichtig öffnete ich die Tür meiner Kammer, und spähte in den Gang hinaus.

Die Fackeln an den Seiten des Ganges waren noch entzündet, und die Flammen tauchten die Wände der Burg in ein orange rot flackerndes Licht. Erneut hielt ich inne und lauschte, doch ich konnte keine Menschen in der Nähe vernehmen. Leise ließ ich die Tür hinter mir ins Schloss fallen, und schlich los. An der Seite des Ganges reihten sich ähnliche Türen wie die meine, wo die restlichen Bediensteten des Schlosses ihr Nachtquartier hatten.

Die knisternden Fackeln erhellten den Gang nur mäßig, aber es gelang mir dennoch, die Besenkammer zu erreichen, ohne gesehen zu werden. Mit einem letzten Blick über die Schulter, drückte ich die schwere Holztüre auf, und griff in die Dunkelheit.

Geschickt, wich ich den Spinnweben aus, die sich quer durch die kleine Kammer zogen, und tastete, einen Fuß in der Türniesche, damit diese nicht wieder ins Schloss fiel, nach den Besen. In der Dunkelheit des kalten muffigen Raumes war es schier unmöglich, auch nur Umrissene zu erkennen, weshalb es etwas Dauerte, bis ich das kühle raue Holz in meiner Hand spürte.

Behutsam zog ich an dem Stiel, löste ihn von den anderen, und zwängte mich wieder raus in den Gang. Meine Füße bewegten sich wie von selbst weiter, während meine Augen den Besen musterten.

Der gebogene Stiel lag kühl und stabil in meiner Hand, und die Weidenruten, aus denen der Schweif gemacht war, wippten bei jeder Bewegung leicht auf und ab. Meine Sky. Der Treuste Besen von allen.

Ich betrat den Raum am Ende des Ganges, und schloss die Tür hinter mir. Nachts war nie jemand hier. Ich ließ meinen Blick durch die Küche schweifen, und erfasste das Fenster, dass ich am Vortag leicht angelehnt gelassen hatte. Ein Schauer überkam mich, und ich blickte mich nervös um.

Die lang gezogenen Holztische reihten sich eng aneinander, und die stählernen Nägel, die in Brettern an den steinernen Wänden steckten waren bis zum verbiegen mit schweren Messern und Beilen in verschiedenen Größen behängt.

Das spärliche Mondlicht, das durch die leicht milchigen Gläser der Fenster in die Küche sickerte, ließ die scharfen Schneiden der Werkzeuge schwach schimmern.

Den Besen fest in der Hand, eilte ich durch den Saal, den Blick ließ ich immer wieder über die Schatten schweifen, aufmerksam auf mögliche Beobachter, oder sonstige Gefahren achtend.

Doch ich erreichte das Fenster ohne Umschweife. Vorsichtig darauf bedacht, keinen Laut zu machen, zog ich an dem marmornen Knauf, der die Form eines Drachenkopfes hatte, und das Fenster schwang auf. Die kühle Nachtluft strömte in die verlassene Küche, und brachte den Duft des Waldes herein.

Lächelnd sog ich den, nach den Stickigen Innenräumen des Schlosses, wohltuenden Sauerstoff in meine Lungen, und stieg geschickt auf den Besen.

Mit einem letzten Blick über die Schultern ließ ich mich aus dem Fenster gleiten. In der Luft schwebend zwang ich mich, anzuhalten, und drückte das Fenster hinter mir zu.
Den kleinen Stein, den ich schon Gestern Abend genutzt hatte, klemmte ich zurück in den Spalt.
Dann wandte ich mich mit prickelnder Vorfreude im Bauch der Außenwelt zu.

Im nächsten Kapitel geht's spannend weiter (;

Arulas SchicksalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt