Kapitel 10

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Mit rasendem Herzen lief ich weiter.
Warf einen verzweifelten Blick gen Himmel.
Mein Besen war immernoch nicht zu sehen.

Verdammt!

Dann halt so.
Ich zog mit einer geübten Bewegung meinen Stab aus meinen Haaren, und richtete ihn ohne anzuhalten auf den dämonischen Bären.

„Get perii!!!!" brüllte ich, und ein gelbliches Licht flog aus der Spitze des Stabes, traf das Monster an der Schulter, und es wurde wenige Meter zurück geschleudert, wo es benommen liegen blieb.
Es war wohl stärker als ich gedacht hatte, denn eigentlich hatte ich gewollt, dass es generell abhaute.
Aber besser als nichts.
Mit wenigen Schritten war ich bei der Kleinen, die zusammengekauert auf dem Boden lag. Die Arme um die Knie geschlungen und den Kopf schützend an die Brust gedrückt.

Ich spürte die Blicke von den restlichen Dorfbewohnern, wie brennende Nadeln auf der Haut, doch ich gab mir größte Mühe diese zu ignorieren.
Mit einem letzten Blick auf den Schattenwandler versicherte ich mich, dass dieser immernoch regungslos auf dem staubigen Boden lag.
Dann hockte ich mich langsam neben die Kleine, streckte meine Hand aus, legte sie ihr auf die Schulter. Sie zuckte zusammen, wagte es jedoch noch nicht, aufzusehen. „Hey?" Ich versuchte meine Stimme so ruhig wie möglich klingen zu lassen, was schwierig war, da ich von dem Sprint über den halben Dorfplatz immer noch außer Atem war. „Ganz ruhig... alles wird gut." sprach ich weiter, und streichelte ihr beruhigend den Rücken.

„Bitte..."
Die Stimme des Mädchens zitterte, als sie zwischen ihre immernoch angewinkelten Knie flüsterte „Bitte tu mir nix..." sie schluckte, und schaute schließlich endlich auf, blickte mich mit ihren aufmerksam geweiteten grünen Augen an. „Ich tu dir doch gar nichts." Ich erwiderte ihren Blick standhaft. „Komm mit." sagte ich erhob mich, und reichte ihr meine Hand.
Die Kleine glozte mich ungläubig an, und schüttelte nur den Kopf. „Du bist eine Hexe." sagte sie, ihre Stimme wurde allmählich wieder stärker. „Du bist böse. Mit Monstern darf ich nicht mitgehen" das Mädchen schüttelte stur den Kopf. In ihrem Gesicht blitzte ein Hauch von Wut auf. Auch wenn mir klar war, dass sie nur nachplapperte, was ihr von der Wiege an beigebracht worden war, fühlte ich mich doch etwas verletzt.

Die Lippen zusammengepresst warf ich einen gehetzten Blick auf das Schattenwesen, das allmählich wieder begann sich zu regen.
„Komm schon" drängte ich die Tochter der Bäckerin eilig, und versuchte erneut ihre Hand zu nehmen, doch sie weigerte sich immer noch. „Du musst weg hier." versuchte ich es weiter und deutete auf die Menschen, die gerade von den Beiden Wachen von vorhin mithilfe von Leitern auf die Hausdächer evakuiert wurden.

Das Mädchen schien nachdenklich, versuchte sich aufzurappeln, kippte allerdings sofort wieder um, als ihr Bein unter ihrem Gewicht nachgab. Ein knapper Schmerzensschrei drang über ihre Lippen, und instinktiv fing ich sie auf, bevor sie zurück auf den Boden knallen konnte. Ein Rumpeln ertönte, als der besessene Riesen-Grizzly sich aufrappelte. Verdammt!

Die Kleine starrte mich mit schockiert geweiteten Augen an, rührte sich jedoch nicht.
„Sky verdammt nochmal!" rief ich zum wiederholten Mal gen Himmel.

Endlich spürte ich das vertraute Ziehen in meiner Brust, und als ich einen weiteren Blick auf das Schloss warf, sah ich sie endlich.
Mühsam kämpfte mein Besen gegen die Luftströmungen an, als sie Richtung Dorfplatz schlingerte.

Doch ich wandte mich wieder dem Bären zu, und erhob mich. Die Kleine hielt ich an der Hand fest. Das Wesen schüttelte die Reste meines vorherigen Zaubers wie Staub aus dem dunkelbraunen Fell, erfasste mich mit seinem Blick, und stapfte entschlossen auf mich zu.

Ein Lufthauch ließ mich instinktiv die Hand ausstrecken, und schon spürte ich das kühle Holz meines wundervollen Hexenbesens an der Haut, als Sky mir die Kontrolle übergab.
Ich hielt sie parallel zum Boden, und brachte das Mädchen dazu, sich vor mich auf das Holz zu setzen. 

Die Füße gegen den trockenen Boden gestemmt, stieß ich mich ab, und brachte die, durch das zusätzliche Gewicht ächzende Sky dazu abzuheben. Steil flogen wir nach oben, und erst als wir einige Meter über dem Kopf des Schattenwesen schwebten, hielt ich an. Den Blick fest auf das Wesen gerichtet, löste ich die Hand, mit der ich mich am Besen festhielt, die andere brauchte ich ja immernoch, damit ich das Mädchen daran hindern konnte, vom Besen zu fallen. Konzentriert zog ich meinen Zauberstab aus den Haaren. „Paralysis." diesmal murmelte ich den Spruch, und zufrieden beobachtete ich, wie der lilane Blitz, der aus meinem Zauberstab geschossen kam, den Bären auf den Kopf traf, und dieser in der Bewegung verharrte.
Uns blieb nicht viel Zeit, also rammte ich den, noch rauchenden Stab, zurück in meine Frisur, griff mir wieder den Besenstiel, und lenkte uns über den Bären hinweg, auf die Hausdächer zu, auf die die anderen Dorfbewohner bereits in Deckung gegangen waren.

Trotz der drängenden Zeit, näherte ich mich der Bäckerin, die gefährlich nah am Dach stand und uns nicht aus den Augen ließ nur langsam.

Das kleine Mädchen wurde immer unruhiger, und ich musste meinen Griff verstärken, dass sie nicht zu früh vom Besen sprang. In ununterbrochenen Blickkontakt mit der Bäckerin, flog ich auf das Dach zu. Die Menschen stoben auseinander, und auch die Frau trat einige Schritte zurück.

Ich bremste Sky ein wenig ab, und landete auf der frei gewordenen Fläche auf dem Dach.
Vorsichtig lockerte ich meinen Griff um das Mädchen, und half ihr sanft vom Besen. „ Na lauf schon." ermutigte ich sie, als sie, aufgrund meiner Berührung immer noch nicht wagte, sich zu bewegen.

Sie schaute mich mit großen, geschockten Augen an, nickte langsam, entfernte sich rückwärts, gehend ohne mich aus den Augen zu zu lassen, bevor sie sich schließlich umdrehte und eilig zu ihrer Mutter humpelte, die sie sofort in die Arme nahm, und ihre Verletzungen untersuchte. Ich riss meinen Blick von den Beiden los, und wandte mich stattdessen an die anderen Menschen.

„Bleibt hier oben, ihr seid ihr sicher. Ich kann nicht kämpfen, wenn ich mich um eure Sicherheit sorgen muss." Sagte ich mit erhobener Stimme, bevor ich mich mit Sky's hilfe wieder in die Lüfte erhob.

Entschlossen wandte ich meine gesamte Aufmerksamkeit auf das Schattenwesen, das zu meinem Entsetzen gerade dabei war, den immer noch halb gelähmten Bärenkörper zu verlassen.
Wie eine dunkle, Unheil bringende, Wolke löste sich das Schattenwesen von seiner vorübergehenden, fleischlichen Form, und waberte nach oben. Ich erkannte rot glühende Augen, inmitten des schwarzen Rauchs. Wütend funkelten Sie mich an.
Ich funkelte zurück.
Zog meine Zauberstab.
Und flog in rasendem Tempo los.
Jetzt begann der Kampf erst so richtig!

Arulas SchicksalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt