Kapitel 5

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Ein Windstoß riss mich gewaltsam aus meinem dösigen Halbschlaf, und ich sprang wie von der Ratte gebissen auf.

Sofort stieß ich mit dem Kopf gegen die eisernen Metallstäbe des Käfigs.
Ein Zischen entwich mir, und ich sank mit schmerzverzerrtem Gesicht zurück in die sitzende Position, in der ich bisher verweilt war.
„Ruhe da drin" befahl einer der beiden Wachen, die mich im Auge behalten sollten, und warf mir einen bösen Blick zu.

Blinzelnd und mit einer Hand am Hinterkopf blickte ich auf, spähte durch die Gitterstäbe des Käfigs, in den man mich gestern kurzerhand gesteckt hatte.
Das Licht der aufgehenden Sonne schien schwach durch die vielen Fenster, und tauchte den Thronsaal in einen sanften Orangeton.

In diesem Moment trat der König durch die große Doppeltür, sein Rotes Wams schleifte hinter ihm geräuschvoll über den Teppichboden. Einen Schritt schräg hinter ihm eilten der Ober Inquisitor mitsamt seinen drei Gehilfen ebenfalls in den Thronsaal.

Sofort stand ich auf, vorsichtiger diesmal.
„Majestät" die Wache, die bisher nur geschwiegen hatte, verbeugte sich tief vor ihm, und die andere, tat es dem jungen Herrn gleich, und huldigte dem König ebenfalls seinen Respekt.
Ich beließ es bei der kurzen Andeutung eines Knickses, dann sah ich ihm in die Augen.
Doch er wandte sich nicht an mich, sondern an die beiden Wachen, die noch immer Gebückt verharrten. „Aufrichten" befahl er, und sofort standen die beiden mit geradem Rücken vor der Käfigtür.
„Beiseite treten" seine Augen starrten mir nahezu in die Seele, und er trat einen Schritt näher, sobald die beiden Wachen ihm Platz gemacht hatten.

Der König wollte gerade etwas sagen, als mich ein zweiter, noch heftigerer Windstoß, als der, der mich geweckt hatte erfasste. Er schob mich zurück, presste mich an die Käfigwand, wollte mir etwas mitteilen. Etwas näherte sich. Ich sollte schnell hier fort.
Der Wind war so aufgeregt, das er sich garnicht mehr von mir lösen wollte.
Der König trat erschrocken zurück, die Wachen stellten sich mit gezückten Schwertern vor ihn, doch der Wind wirbelte mich so wild herum, dass ich kaum etwas anderes wahrnahm, als das Rauschen und wehen.

Geistesgegenwärtig griff ich mir an den Kopf, zog meinen Zauberstab geschickt aus meinen Haaren hervor, hielt ihn in die Luft und rief: „Ventus avolavit!" ruckartig stoppte die Böe, und verflüchtigte sich durch eines der geöffneten Fenster nach draußen.

Schwer atmend lehnte ich mich an die Gitter des Käfigs, steckte den Stab zurück in meine Strähnen, und blickte auf.
Die Menschen im Raum starrten mich fassungslos an, währen ich wieder einen Schritt vortrat, die Worte des Windes wollten mir nicht aus dem Kopf gehen.

Das Schattenwesen, das ich gestern im Wald gesehen hatte... es war auf dem Weg zum Schloss!
Ich schluckte, und richtete meinen Blick auf die Männer, die Immernoch vor der Käfigtür versammelt standen.
Der schockierte Ausdruck in den Augen des Königs wandelte sich innerhalb von wenigen Sekunden in einen Hasserfüllten Blick.
„Sind sie immernoch der Meinung, eine peinliche Befragung währe unbedingt erforderlich?" fragte er den Hoheinquisitor, der etwas abseits neben den beiden älteren Hilfsinquisitoren die Situation beobachtet hatte, ohne seinen kalten Blick von mir zu lösen.
„Nein eure Majestät" ein bösartiges Lächeln huschte über seine Lippen. „Wenn Sie erlauben...?" König Aaron nickte bloß grimmig, und der Oberinquisitor gab seinen Männern ein Zeichen.

Die beiden älteren näherten sich dem Käfig, während der Jüngere, der bei der Türe geblieben war, nun neben seinen Meister trat. Im Gegensatz zu gestern trug er nun, zusätzlich zu dem Schwert, das in einer ledernen Schneide an seinem Gürtel hing, ebenfalls einen Köcher Pfeile auf dem Rücken, den dazugehörigen Bogen hatte er sich locker über die Schulter gehängt.

Ich richtete meine Aufmerksamkeit auf die beiden älteren Männer, die sich nun an meinem Käfig zu schaffen machten. Mit einem Klick sprang des Gitter auf, und ich ließ zu, das die beiden
mich heraus zogen.

Der Inquisitor reichte dem jüngeren Mann, dem mit den hellbraunen Haaren, einen Beigebraunen Fetzen, und befahl ihm, mich umzukleiden. Meine Augen weiteten sich, und ich schüttelte stumm den Kopf.

Ich wusste von den traditionellen Hexenhemden, die den meisten Angeklagten vor der Hinrichtung angezogen wurden.
Doch das letzte was ich jetzt wollte war, dass irgendsolche Männer mich auszogen.
Der Hilfsinquisitor ignorierte diese Geste jedoch, und begann, den Gürtel mit meinem Zaubertäschchen von meiner Hüfte zu lösen, während die anderen beiden Hilfsinquisitoren mich von hinten festhielten.
Ich biss mir auf die Unterlippe, als der Ledergürtel zu Boden viel, und sich der Typ nun auch an meinem Kleid zu schaffen machte.
Als seine Hände dabei wie zufällig über meine Brust streiften, wurde es mir endgültig zu viel.

„Stopp!" Ich drängte mich nach hinten, wollte bloß weg.
Weg von den Händen des verstörend gut-aussehenden Hilfsinquisitores, doch die beiden anderen hielten mich unerbittlich fest.
„Halt still Hexenweib!" Herrschte der Oberinquisitor mich an.
An der Seite des Königs stehend, beobachte er die Situation ernst.

Der Herr, der gerade wieder begonnen hatte, mir die Bänder meines Kleides aufzuknüpfen, hielt, verunsichert von meinen Befreiungsversuchen inne, und warf seinem Meister einen fragenden Blick zu.

„Fahret fort Sir Robin"
Verunsichert trat der junge Mann wieder näher an mich heran.
„Fass mich nicht an!" zischte ich und spürte, wie meine panisch/wütende Magie unter meiner Haut zu brodeln begann, mein Stab zitterte bedrohlich.

Der Hoheinquisitor stand sofort neben seinem jungen Assistenten.
Er hatte die Veränderung wohl in meinen Augen gesehen.
Ein Kreuz in der Hand, das er mir selbstbewusst ins Gesicht hielt, befahl er den beiden Männern hinter mir, meine Hände lieber an den Käfiggittern zu befestigen, was die beiden auch taten.

„Zurücktreten!" Kam da auch schon der nächste Befehl, und nun standen sie alle mit nur wenigen Metern Abstand, vor mir. Der König beobachtete die Situation mit argwöhnischen Blicken von der gegenüberliegenden Wand aus, seine beiden Wachen hatten ihn in die Mitte genommen.
Ich warf einen genervten Blick auf das Hexenhemt, dann stöhnte ich auf, und streckte die Finger danach aus.

„Gib her, ich schaff dass schon..." brummte ich, und ließ mir den kratzenden Fetzen von Sir Robin in die immernoch gefesselte Hand drücken. Der Hoheinquisitor brummte nur. Kurz schloss ich die Augen, höhere die hastigen Schritte des jungen Mannes, der sich eilig wieder von mir entfernte.
Mich auf meine Kleidung konzentrierend, flüsterte ich den Befehl: „vestis mutetur" ich spürte ein ziehen an dem Stoff meines Kleides, ein kurzes „Pffffuuuit" und mein eigenes Kleid hatte sich, mit samt dem dazugehörigen Gürtel, der noch auf dem Boden gelegen hatte, in Luft aufgelöst, und ich steckte stattdessen in dem kratzigen beigen Stoff des traditionellen Hexenhemdes.

Als ich die Augen öffnete, sah ich direkt in den finsteren Blick des Hoheinquisitors. Er bekreuzigte sich gerade. Die beiden älteren blickten mindestens genauso geschockt und hasserfüllt, aber wie auch bei Sir Robin, mischte sich ein klein wenig Angst in ihre Ausdrücke.

Auch sie bekreuzigten sich.
Ebenso König und Wachen.
Der einzige, der sich nicht rührte war der junge Hilfsinquisitor. Der hatte seinen gespannten Bogen instinktiv auf mein Herz gerichtet.
Ich schluckte.
„Ich hab mich doch..." nur umgezogen wollte ich noch sagen, da rutschte dem nervösen jungen Sir auch schon der Pfeil aus der Hand.

Arulas SchicksalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt