E04 - Die Ruinen von Karada | Teil III

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Der Abstieg schien ewig zu dauern. Elio wusste nicht, wie viel Zeit bereits vergangen war und wie weit sie schon nach unten gestiegen waren, oder aber wie lang es noch dauern würde. Bis auf das wenige Licht von Phoenix' Transmitter unter ihm umgab ihn völlige Dunkelheit, die ihn zu verschlucken schien. Stufe um Stufe kletterte er nach unten. Immer mit Bedacht, immer konzentriert, um ja nicht abzurutschen. Schweiß sammelte sich an seinen Haarspitzen und lief ihm dann den Nacken hinab. Sein Shirt klebte ihm bereits an seinem Körper und seine Muskeln brannten. Coon in seiner Jacke machte es nicht besser. Der kleine Xana musste in seiner Ahnenreihe mindestens eine Wärmflasche gehabt haben, denn ansonsten wäre diese Ähnlichkeit nicht zu erklären. Wie ein Stück Kohle glühte das Tier an seiner Brust. „Ich glaube, wir sind gleich unten", rief Phoenix unter ihm. „Weit kann es zumindest nicht mehr sein."

„Ich hoffe es."

Sie verfielen wieder in Schweigen. Dann endlich erreichten seine Beine den Boden. Sofort öffnete er seine Jacke und noch, ehe er Coon greifen konnte, wand sich der Xana aus seiner Jacke und sprang auf den Boden. Auch sein Fell war völlig durchnässt. Er schüttelte sich kurz und sah Elio dann vorwurfsvoll an.

„Hey, nicht dieser Blick!", sagte Elio und stemmte seine Hände in die Hüften. „Für mich war es auch nicht sonderlich angenehm!"

Coon mauzte beleidigt und drehte den Kopf weg.

„Was ist denn mit euch los?", fragte Phoenix.

„Ach, nichts ...", antwortete Elio und sah sich um. „Wo sind wir hier?"

„Gute Frage ...", erwiderte Phoenix. Kurze Zeit später leuchtete er in den Gang. Auch Elio zog nun seine Taschenlampe hervor und schaltete diese ein. Die Dunkelheit wich zurück und doch hatte sie hier unten eindeutig die Oberhand. Ein paar Meter neben ihnen führte eine zweite Leiter mit steinernen Sprossen ebenfalls nach oben und direkt dahinter befand sich das Ende des Gangs. Also hatten sie nur eine Wahl und folgten dem Gang, der sie schon nach wenigen Metern in einen größeren brachte. Sie gingen weiter und kamen in eine Art kleine Höhle, in der drei weitere Stollen endeten. Zwei davon waren auf der gleichen Seite wie der erste Durchgang, aus dem sie gekommen waren, und der dritte lag gegenüber.

„Führen die anderen beiden Gänge zu dem Tempel?", fragte Elio.

„Könnte sein", antwortete Phoenix und sah sich um. Es dauerte nicht lange und er zog den Transmitter wieder hervor. Elio leuchtete die Wände ab. Sie schienen auch aus Tuffstein zu sein und hatten die gleiche raue, poröse Oberfläche wie oben. Also hatte Phoenix Recht mit seiner Annahme, dass alles in den Fels gehauen wurde. Elio vermutete, dass sie sich nun bereits unter einer der Formationen befanden. Unter und über ihnen erstreckten sich demnach Dutzende Etagen, die früher bewohnt waren. Und sie standen mitten in den Resten. Wieder verspürte er dasselbe mulmige Gefühl wie oben im Tempel. Hier unten war es sogar noch stärker. Elio leuchtete über die Gänge. Es war, als würden sie durch einen Friedhof gehen.

Der nächste Gang führte sie in eine größere Höhle, die fast wie eine Versammlungshalle aussah. Hier gab es Nischen in den Wänden, die wie Bänke wirkten und auch passende Tische dazu. Hier befanden sich die Startpunkte von über einem Dutzend Gänge, die in verschiedene Richtungen führten und mindestens drei davon nach unten. Als Elio über die Wände leuchtete, sah er Zeichnungen aus verblassender Kohle an den Wänden. Es waren seltsame Zeichen und Formen dabei, die fast wie Schriftzeichen wirkten, aber nichts von der Komplexität der Zeichen in der letzten Ruine oder in dem Tempel hatten. Es sah eher wie einfache Höhlenmalerei aus, die mit einigen Worten ergänzt wurden, die er nicht lesen konnte. Einige der Bilder zeigten eine Art Mensch oder zumindest eine humanoide Lebensform auf zwei Beinen, wenn Elio die strichmänchenartige Zeichnung richtig deutete. Andere Bilder zeigten verhüllte Gestalten mit langen Mänteln. Außerdem sah Elio Zeichnungen von Tieren. Er entdeckte einen Ochsen, drei Eulen, aber auch Bergziegen und Hunde. Außerdem erkannte er, dass die verhüllten Gestalten, die er in seinem Kopf schon als Viator identifiziert hatte, meist neben eine Ansammlung von Menschen stand. Und er sah den einen oder anderen Xana, der neben einer verhüllten Gestalt stand.

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