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Sie sagen, es gibt Millionen von Edelsteinen. Unzählige Diamanten.
So viele Schönheiten.
Aber es gibt nur den einen. Den wahren.
Das schönste Mädchen der Welt.
Die Königin aller Diamanten.
Die Diamond Queen.
Und es kann immer nur eine geben.

...

Schon im Morgengrauen begann die Musik zu spielen. Banner wurden aufgezogen, aber ich konnte die Schrift darauf nicht lesen.
Stände, an denen wie auf dem Jahrmarkt Zuckerwatte, Pommes, Waffeln und Ähnliches verkauft wurden öffneten schon jetzt, auch wenn es erst neun Uhr war. Auch die Straßen waren schon doppelt so voll wie sonst.
Autos. Menschen.
Das große Ereignis des Jahres fand heute statt.
Man Konnte schon jetzt einzelne Böller hören, die die Leute zündeten.

Ich hatte mich wie üblich im D'Orians verschanzt, einem Café mitten in New York-City, nahe dem Sparkle-Tower.
Es hatte die bessten Schoko-Brownies überhaupt, und auch der Kaffee schmeckte nicht allzu sehr nach Spülwasser. Ich war so oft, und seit schon so langer Zeit hier, daß ich mit den Kellnern schon per du war. Neulich hatte ich Martin, stolzer Vater von drei Kindern, Tipps für den Namen des vierten Babys gegeben.

Wie üblich saß ich direkt an der verglasten Vorderwand in dem großen, weinroten Ohrensessel, die Knie angezogen und schaute nach draußen auf die Straße. Das D'Orians war relativ groß , hatte einen Mahagonibraunen Holzboden und eine ebenso dunkle Decke. Überall hingen Lampen herab, mit weichem, gedimmtem Licht damit die Atmosphäre schön kuschelig blieb. Die Tische waren eben so dunkel wie der Boden und nur etwas Kniehoch, doch dafür waren die Sitze drum herum, meist mit braunem Leder bezogene Stuhlsessel, sehr groß und sehr bequem. Mir gegenüber, auf der rechten Seite des Raumes war die Bar, ebenfalls aus dunklem Holz und mit stilvollen Barhockern davor. Man konnte Gläser in den Regalen dahinter stehen sehen, außerdem eine kleine Kuchentheke und mehrere Maschinen, die für Kaffe gedacht waren.
Dort werkelte Martin herum, mein Lieblingskellner, weil er der einzige in seinem Job war der Humor hatte. Die anderen waren auch nett, aber keiner konnte mich mit seiner lockeren Art besser aufheitern als der mitt-dreißiger mit den dunklen Wuschelhaaren und dem leichten Bart. Man hörte die typischen Geräusche der XL-Kaffemschine, wenn sie gereinigt wurde.
Normalerweise war das Café erst zur Mittagszeit geöffnet. Aber heute war ein besonderer Tag.
Und ich war trotzdem die einzige, die um diese Uhrzeit hier war.

Mit einem Seufzer hob ich meine Extragrosse Tasse und nahm einen tiefen Schluck von dem Gebräu, dass Martin mir vorhin gemacht hatte. Einen Cappuccino mit einer heißen Schokolade. Und weil er nett war, machte Martin auch immer ein Sahnehäubchen drauf. Mein Blick richtete sich wieder nach draußen, wo es immer belebter wurde, je weiter die Zeit voranschritt.
Es war der erste Januar. Gestern hatte die Welt Passend dazu lag Schnee über New York, und es war ausnahmsweise auch mal kalt. Naja, nicht überall. Auf den Straßen lag der altbekannte, ekelhafte graue Matsch, aber die Dächer der Hochhäuser waren alle ordentlich mit Schnee bepudert. Ich mochte Schnee. Er machte die Welt so schön still. Nicht dass es im Moment still in der Welt war. Alles drehte sich im Moment um das größte Ereignis des Jahres, da war niemand still.
Denn heute, genau um Mitternacht, würde die neue Diamond-Queen gekrönt werden.

„Hast du dein Gesöff schon leer, Elizabeth?", rief Martin mir da von der Bar aus zu. Er hielt ganz und gar nichts von meiner Kaffee-Schoko-Mischung, und er sagte, er mache sie mir nur weil ich hier ein Sonderprivileg genoss. Aber wir wussten beide, dass er mich einfach nur gern hatte.
Ich schaute in meine große, bauchige Tasse. Sie war zu Dreivierteln gelehrt. Spontan hob ich sie an die Lippen und trank alles aus. Dann hob ich die Tasse. „Jetzt schon."
„Soll ich dir ein neues machen?"
Ich wollte eigentlich „Ja gerne" antworten, als ich hinter der Scheibe ein Auto am Café halten sah. Ein mir nur zu bekanntes Auto. Schwarz, groß, teuer, elegant. Das Auto meines Vaters.
„Nee, danke, aber ich glaub mein Dad ist grade vorgefahren." Ich hob die Schultern und verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln. „Ich glaub damit ist mein Besuch hier auch schon wieder vorbei."
„Och Mann, und ich hatte mich gerade an den kleinen Teufel in der Ecke gewöhnt", jammerte Martin. „Sag deinem Rich-Dad liebe Grüße, und vielleicht will er uns ja auch endlich mal mit seiner Anwesenheit beehren."
„Das ist unwahrscheinlich."
Ich schälte mich mühsam aus meinem unglaublich bequemen Sessel und nahm meinen Mantel aus Filz von der Lehne. Wie alle Sachen die ich trug war er pechschwarz, und ich liebte ihn, weil er mit seiner schlichten Eleganz ein guter Kontrast zu meinem sonst so auffälligem Outfit war.
Heute trug ich einen Schwarzen Hoddie, auf den „Toll. Das muss ich gleich meiner Tapete erzählen" gedruckt war, dazu enge Jeans, die natürlich auch schwarz und mit ausgefransten Löchern verziert waren, und dazu schwere Boots, ebenfalls schwarz. Ich hatte ungefähr eine Million Ringe an den Fingern und mindestens genauso viele Ketten um den Hals, und an meinem Nietengürtel waren zwei Ketten befestigt die in einem halbbogen an meiner Hüfte baumelten.

The Diamond Games. DawnbreakWo Geschichten leben. Entdecke jetzt