Böse wie ich war, setzte ich mich nicht, ohne mir den guten Kontroller zu nehmen. Sollte Matti sich mit dem Wackelkontakt ärgern.
Dieser kam auch wenige Minuten, voll beladen mit Knabberzeug und Süßigkeiten zurück. "So, Mariokart?" ,ich nickte entschlossen, "Mariokart."
Das Spiel mit Matti machte Spaß, er war so unkompliziert wie vor einem Jahr. Es tat gut, diese Gewohnheit hatte ich gesucht, erst später realisiert ich dann, das meine Familie sie mir nicht geben konnte. So spielten wir, ich gewann oft, aber auch nur wegen dem Kontroller mit Wackelkontakt, Matti war eigentlich unschlagbar in diesem Spiel.
"Ich brauch einen neuen" ,seufzte Matti theatralisch, als er sich nach erneuter Niederlage im Sitzsack sinken lies, "Das ist ja kaum auszuhalten!"
Ich grinste: "Du bist einfach schlecht!" ,stichelte ich beabsichtig. Matti sah mich empört an: "Höi" ,dann bildete sich in seinem Gesicht ebenfalls ein Grinsen und er warf sich mit voller Wucht auf mich drauf.Erschrocken zuckte ich zusammen als sein Gewicht mich förmlich zerdrückte und schnappte gespielt nach Luft: "Geh runter von mir!" ,Matti aber lies sich nur noch mehr gehen. "Ich erdrücke dich mit meiner Liebe" ,sagte er mit Tod ernster Stimme, "Ich bin schwer wie ein Stein."
Ich wusste was er versuchte und ergriff die Initiative, gekonnt befreite ich meine Arme und kitzelte drauf los, als gäbe es kein Morgen."Bitte" ,schnappte Matti nach Luft, "Ha- Hab Gnade." Es war eher ein Winseln als irgendetwas anderes doch ich gab nach. "Ich hab dir nur meine Liebe gegeben" ,schmollte ich gespielt. Er lächelte und seine Augen trafen meine. Ich verlies meine Unschuldsmiene und sah ihn an. Ein Lächeln bildete sich fast automatisch auf meinen Lippen.
Die Stimmung kippte, doch es war nicht unangenehm, es fühlte sich gut an und dann kam Matti mir entgegen und zog mich in eine feste Umarmung. Ich lies mich fallen und genoss diese Reinheit einer Freundschaft, unserer Freundschaft. Seine Arme schlangen sich um meinen Körper und ich fühlte mich so geborgen und unbesiegbar gleichzeitig. Erst später würde mir bekannt werden, wie wichtig dieses Gefühl für mich war.Doch lange blieb uns der Moment nicht gegönnt, mein Handy vibrierte Wild in meiner Hosentasche, worauf Matti sich zurückzog und mich Fragend ansah. Ich zuckte die Schultern von wegen: "Ich weiß es nicht." Er zog nur die Augenbraue hoch von wegen: "Dann finde es heraus du Blödmann."
Genervt zog ich mein Handy aus der Hosentasche, doch es war eine fremde Nummer. Ich drückte sie weg, ich ging bei fremden Nummern aus Prinzip nicht ans Handy, zu viel Angst hatte ich vor Spam oder sonst etwas.
Ich schüttelte zu Matti meinen Kopf und wir ließen uns synchron wieder auf den Sitzsack fallen. Unsere Haare berührten sich, doch immer noch sagte keiner auch nur ein einziges Wort. Aber es war eine angenehme Stille. Matti und ich konnten uns verstehen ohne zu reden, wir waren wie Sonne und Mond, unzertrennlich.
"Finn?" ,flüsterte einige Minuten später Matti, "Kann ich dich ehrlich etwas Fragen?" ,ich drehte meinen Kopf zu ihm, verlor mich wieder in seinen blauen Augen, "Natürlich" ,hauchte ich beinahe tonlos, überwältigt von der Farbintensität seiner Iris. "Ich, also... Ich wollte nur sa-" ,er wurden Unterbrochen.
"Matti?" ,schrie seine Mutter, "Ja?" ,schrie dieser zurück. "Du hast mir gar nicht erzählt das Finn hier ist." Unterschwelliger Tadel erklang, Matti's Mutter mochte mich, doch mir machten Eltern von Freunden eine Heidenangst. Ich wollte nichts falsch machen. "Finn soll nach Hause kommen."Sofort zog sich mein Magen zusammen und leichte Panik verteilte sich in meinem Körper. Sofort suchte ich all mein Zeugs zusammen und huschte aus dem Zimmer, Matti hinter mir. Er war überrascht aufgrund meiner plötzlichen Flucht, aber ich hatte ihm auch noch nicht von Nikolas oder der Scheidung erzählt.
Mir kam eine gute Idee, ich sollte durchs Fenster gehen, als wäre ich nie hier gewesen. Etwas prallte in mich und prompt landete ich in der waagerechten. "Sorry" ,nuschelte Finn, wir erhoben uns und Matti drängte mich zur Tür. Frau Zettel stand am Türrahmen gelehnt da, griff sich ihren Sohn spielerisch am Ohr und verwuschelte seine Haare. "Wie oft muss ich noch sagen, klettert nicht durchs Fenster?" ,Matti war die Situation offensichtlich peinlich, obwohl der Tadel eigentlich mich betraf, doch ich hatte nur Augen für den Mann in der Tür. Warum musster er mich unbedingt abholen?
"War schön dich endlich wiederzusehen Finn" ,verabschiedete sich Frau Zettel noch, als Nikolas mich am Arm packte und unsanft hinter sich herzog.
"Dummer Junge" ,brummte er und schlug ein mörderisches Tempo an, dem ich kaum folgen konnte. Aber sein griff um meinen Arm war zu fest.Ich fühlte mich wie ein Kleinkind, was seinen Eltern nicht gehorcht hatte, so wie er mich in dem Moment behandelte. Ich bin kein Kleinkind! Ich versuchte mich zu befreien, oder zumindest seinen Griff zu lockern, doch es bewirkte das Gegenteil, er griff noch fester zu.
Wieder versuchte ich mich zu entreißen und endlich klappte es. Nikolas lies los und ich taumelte leicht vor Überraschung. "Was hast du dir dabei gedacht?" ,brummte es tief und sauer aus seinen Stimmbändern. "Gehst nicht ans Handy und kletterst wie ein Affe durch Fenster, hat dich denn niemand erzogen?"
Ich war überrascht aufgrund der harten Worte und es zerstörte mich Gleichzeitig wie viele Messerstiche in meinem Herzen. "Schau nicht so dumm daher, lauf, ich will nach Hause. Keine Lust mich noch länger mit ungezogenen Kleinkindern zu Ärgern."
Nikolas lief los, nahm keine Rücksicht auf mich. Ich versuchte mit zu halten doch meine Beine waren einfach zu kurz. Langsam bekam ich Seitenstechen und fragte mich, warum der Weg mir so langsam vorkam, als ich plötzlich in Nikolas reinlief. Er war ohne eine Warnung stehen geblieben und drehte sich nun langsam um. Bedrohlich ragte er über mir auf, seine Augen funkelten wie Eiskristalle, kalt und gefährlich: "Jetzt reicht es mir" ,brummte er.
Auf einmal war seine Hand in meinen Haaren und riss mich Gewalt voll zum nächsten Stromkasten. Er drückte mich dagegen, die Hand immer noch in meinen Haaren. Mein Turnbeutel drückte unangenehm in meinen Rücken und zwang mich so ins Hohlkreuz Tränen bildeten sich in meinen Augen und ich senkte den Blick.
"Schau mich gefälligst an!" ,kam es dunkel aus Nikolas Brust, "Dein Verhalten geht mir auf die Nerven. Du lässt deinen Jugendhaften trotz jetzt endlich fallen und wirst verdammt nochmal erwachsen!"
All meine Sorgen waren vergessen, sogar mein Fahrrad was bei Matti im Garten lag rückte in den Hintergrund."Wenn du einen auf guten Vater machst, vielleicht respektiere ich dich dann auch" ,die Worte waren hinaus bevor ich es bereuen konnte. Sofort schluckte ich und kniff meine Augen zusammen. Ein Lachen erklang, dunkel und böse. "Sei froh das ich dich in meinem Haus dulde und jetzt lauf!" ,damit schob er mich vor sich her, immer wieder spürte ich seine Hand im Rücken, wie einen angsteinflößenden Schatten. Er stieß mich vor sich her, lachte wann immer ich stolperte. Doch ich war zu schwach und scheu ihm zu entkommen und so bucksierte er mich den ganzen Weg durchs Dorf nach Hause. Wo meine Geschwister und Mutter schon aßen.
Lea wirkte wütend, Max enttäuscht und Mama hatte immer noch ein schlechtes Gewissen als wir beide das Esszimmer betraten. "Setz dich" ,sagte Nikolas freundlich und deutete neben Max. Lea saß wie immer am Kopfende und Mama und Nikolas saßen mir gegenüber. Ich tat mir etwas von den Nudeln und der Soße auf, als mir die Kelle runterfiel, genau auf Nikolas Arm. Er hatte die Kelle haben wollen, nun hatte er Soße überall auf seinem Pulli Ärmel verteilt kleben.
Lea kicherte und Max grinste. Mama rollte die Augen: "Tollpatsch wie eh und je" ,seufzte sie und Nikolas sah mich gutmütig: "Das passiert jedem mal" ,seine Stimmung war wie ausgewechselt. Er saß mir direkt gegenüber, ziemlich unangenehm, doch er wirkte gelassen, als hätte er mich nicht vor sich her geknechtet auf dem Rückweg. Er entschuldigte sich und lief die Treppe hoch, einen neuen Pulli anziehen.
"Wie war es bei Finn?" ,fragte meine Mutter überraschender Weise, doch ich war noch immer zu verletzt und gekränkt, "Es war gut dann doch nach Hause zu kommen" ,sagte ich nur spitz. Niemand im Zimmer außer meiner Mutter verstand diese Anspielung und sie zuckte schuldig zusammen. Um den Frieden am Tisch für die kleinsten der Familie zu waren, stopfte ich meinen Mund mit Essen, damit keiner auch nur daran dachte mich anzusprechen. Ich wollte dieses Verhalten ja gar nicht zeigen. Wollte diese Wut nicht spüren, doch keiner kann von mir erwarten das einfach so zu schlucken und zu akzeptieren.
Ich bin 17, mein Vater war 17 Jahre für mich da nur um dann abzuhauen und dann schleppt meine Mutter auch noch vier Monate später einen neuen Typen an und ich soll hüpfen vor Freude? Na ganz sicher nicht!
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Stepfather
Teen FictionFinn kommt nach seinem Auslandsjahr endlich nach Hause, doch was ihn dort erwartet verstört ihn zutiefst. Seine Eltern haben sich scheiden lassen und sein neuer "Vater" Nikolas zeigt ihm, dass er alles andere als Willkommen ist. Doch in seinen kühns...