Am nächsten Morgen wachte ich mit Rückenschmerzen auf. Schmerzhaft erhob ich mich und sorgte dafür, dass mein Wecker endlich sein Maul hält. 7:45 stand auf diesem und ich rappelte mich auf, versuchte durch dehnen die verkrampften Muskeln zu lockern, ohne Erfolg. Ich hätte in mein Bett gehen sollen, anstatt gegen die Wand gelehnt zu schlafen.
Stöhnend lief ich zu meinem Schrank und griff nach den Klamotten für den Tag. Eine einfache Jeans, ein weißes T-Shirt und ein Holzfällerhemd, da es morgens doch noch etwas kühl war. Das Endergebnis brauchte ich nicht im Spiegel begutachten, so oft hatte ich diese Kombination schon an. Es gefiel mir und war stylisch. Zuletzt nahm ich die Kette von meinem Nachttisch und legte sie mir um, griff nach der kleinen Eule und hielt sie kurze Zeit fest in meiner Hand.
Trostlos lief ich nach unten in die Küche, es war mir egal ob ich Nikolas begegnete. Seine Worte kreisten präsent in meinem Kopf umher und nichts was er machen könnte, würde dies verschlimmern können. Er könnte mich Schlagen wie er will, die Worte waren schmerzhafter als jede körperliche Züchtigung. Ich war am Boden zerstört. Noch immer spürte ich den Schlag auf meiner Wange, den Griff um meine Handegelenke und seine verletzenden Worte in meinen Ohren. Ich hasste ihn. Ich hasste ihn so sehr.
Ganz in Gedanken versunken bekam ich nicht mit, wie Lea in die Küche trat, auch sie wirkte nicht gerade glücklich, ihre Nacht war zu kurz. "Guten Morgen" ,sagte ich deswegen, legte all die gute Laune hinein, die ich heraufbribgen konnte und wartete darauf, dass sie mich wie immer umarmte, doch das tat sie nicht. "Alles okay?" ,fragte ich und sah sie an. Verlegen senkte sie den Blick und nickte hastig: "Na komm her" ,meinte ich sanft und öffnete einladend die Arme. Wenn sie nicht selber wollte, vielleicht mit dem richtigem Ansporn.
Es wirkte! Erst vorsichtig, doch dann mit einer gewaltigen Energie sprang sie hoch in meine Arme und ich tätschelte sanft ihren Kopf: "Mach dir wegen gestern keine Gedanken, ich bringe dich gerne ins Bett."
Ich wusste nicht, was Nikolas ihr noch eingetrichtert hatte, doch ich würde niemals aufhören mich um meine kleinen Geschwister zu Sorgen. "Soll ich dir einen Zopf Flechten? Meine Gastschwester hat mir was cooles beigebracht, es würde dir bestimmt gut stehen"Erst zögernd, dann begeistert hatte sie genickt und wir waren nach einem kurzen, ungestörten Frühstück in ihr Zimmer gehuscht. Konzentriert hatte ich Haarsträhnen geteilt und verflochten, am Ende hatte sie gestrahlt und sich in dem kleinen Spiegel bewundert.
"Lea wir-" ,kam Mama kurz nachdem ich fertig war ins Zimmer, "müssen los?" ,beendete sie überrascht ihren Satz.
Dann kam sie näher und nahm ihre Haare in die Hand: "Wow" ,war das einzige was sie über die Lippen brachte, "Das ist einfach Wow."
"Gefällts dir?" ,fragte ich zögernd. Ich hatte meiner Mutter immer noch nicht zu hundert Prozent vergeben, doch ich versuchte es. "Sehr sogar" ,dann nahm sie Leas Tasche, "Wir müssen aber los" ,sie wollte auf mich zugehen um mich zu umarmen hielt in der Bewegung inne und sah mich fragend an.Auch für sie war es komisch, ich hatte mich die letzten Tage kaum mit ihr unterhalten, war ihr so gut es ging aus dem Weg gegangen. Ich lächelte schief, wollte aber noch keine Umarmung, soweit war ich noch nicht. "Ich kann Lea bringen, danach lauf ich zur Schule und wähle meine Kurse. Natürlich nur wenn es für dich in Ordnung ist?" ,meinte ich. Leas Schule lag auf dem Weg.
"Ähm, wenn du möchtest, gerne" ,meinte Mama nur und reichte mir den Rucksack. Nickend nahm ich ihn an und verließ, gefolgt von Lea den Raum. Lies meine Mutter alleine stehen, die keine Anstalten machte uns zu folgen. Komisch, dachte ich, doch es war mir auch egal.
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"Hab einen schönen Tag ja?" ,sagte ich, als ich Lea vor ihrem Klassenraum absetzte, "Ich hab dich lieb." Ein schneller Kuss auf die Stirn und ich verließ das Gelände wieder. Ich war auch auf der Weiherhof Grundschule gewesen, doch es unbehagte mir hier zu bleiben, zu viele negative Erinnerungen klebten an diesem Ort.
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Stepfather
Teen FictionFinn kommt nach seinem Auslandsjahr endlich nach Hause, doch was ihn dort erwartet verstört ihn zutiefst. Seine Eltern haben sich scheiden lassen und sein neuer "Vater" Nikolas zeigt ihm, dass er alles andere als Willkommen ist. Doch in seinen kühns...