Kapitel 9

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»Willkommen in Hogwarts, Erstklässler. In wenigen Augenblicken beginnt die Auswahlzeremonie. Sie werden einem der Häuser zugeteilt, welches ab sofort ihr Zuhause sein wird, ihre Familie. Es gibt vier Häuser. Hufflepuff, Ravenclaw, Gryffindor und Slytherin. Jedes Haus hat seine eigene bedeutende Geschichte und hat herausragende Zauberer hervorgebracht«, sagte Professor McGonagall, aber für Theo war das alles nichts Neues. Die Professorin hatte ihm bei ihren regelmäßigen Besuchen in der Winkelgasse einiges über Hogwarts und die Zaubererwelt erzählt.

»Bitte stellen Sie sich nun in einer Reihe auf und folgen mir in die Große Halle«, sagte Professor McGonagall. Sie setzten sich alle in Bewegung und als Theo die Große Halle betrat, konnte er nicht anders. Er stieß ein begeistertes »Ohh« aus und sein Blick klebte an der Decke. Dort in der Luft, über den Köpfen der Schüler, hingen hunderte Kerzen in der Luft und dabei schien es gar keine Decke zu geben, sondern nur den Himmel über ihnen. Die anderen Erstklässler waren genauso fasziniert wie er und beinahe wäre er in den Jungen vor ihm gerannt, als sie stehen blieben.

»Ich werde Sie einen nach dem anderen aufrufen. Dann treten Sie vor und setzen sich den Sprechenden Hut auf den Kopf. Er wird Sie in ein Haus einteilen.« Professor McGonagall hielt einen alten Hut in der Hand. Theo starrte ihn interessiert an und erschrak als der Hut auf einmal einen Riss bekam. Plötzlich ertönte ein Lied. Theo blickte sich um und musste schmunzeln als er erkannte, dass der Hut keinen Riss, sondern einen Mund bekommen hatte, aus dem jetzt das Lied drang. Der Hut stellte die vier Häuser vor und riet allen zur Vorsicht. Als er geendet hatte, fing Professor McGonagall an, die Schüler der Reihe nach aufzurufen.

»Campbell, Theodore«, rief sie ihn als einen der Ersten auf. Nervös ging er nach vorne. Bevor Professor McGonagall ihm den Hut auf den Kopf setzte, lächelte sie ihm aufmunternd zu. Der Hut war viel zu groß und rutschte ihm über die Augen.

»Hmm, was mache ich mir dir, was mache ich mit dir«, flüsterte der Hut ihm ins Ohr. Theo saß gespannt auf dem Hocker und wagte es nicht, sich zu bewegen.

»Ravenclaw!«, rief der Hut laut aus. Theo zuckte heftig zusammen. Etwas enttäuscht, dass er nicht im Haus von Professor McGonagall war, war er schon. Sie zog ihm den Hut vom Kopf und lächelte. Theo erwiderte es und stand auf. Er ging hinüber zu dem Tisch mit den jubelnden Schülern und setzte sich an einen freien Platz. Zu seiner Überraschung saß Luna ihm schräg gegenüber.

»Hey Theo, willkommen«, sagte sie. Theo freute sich, dass er schon jemanden kannte und nickte ihr zu. Den Rest der Zeremonie verfolgte er gespannt, aber langsam bekam er Hunger. Er erwischte sich dabei, wie er hoffte, dass das ganze endlich ein Ende finden würde. Eine gefühlte Ewigkeit später wurde der letzte Schüler zugeteilt. Er wurde ein Hufflepuff. Professor McGonagall ließ Hocker und Hut verschwinden und setzte sich auf ihren Platz am Lehrertisch.

»So, da nun alle ihr neues Heim gefunden haben, möchte ich euch über einige Veränderungen im Kollegium unterrichten. Als Erstes möchte ich euch euren neuen Lehrer für Pflege Magischer Geschöpfe vorstellen. Rubeus Hagrid.« Am Tisch der Gryffindors brandete sofort Jubel los und ein riesiger Mann erhob sich ungeschickt von seinem Platz. Theo erkannte ihn als den Mann, der die Erstklässler vorhin am Bahnhof abgeholt und mit ihnen über den See gefahren war. Auch Theo klatschte begeistert und ließ sich von der guten Stimmung anstecken.

»Ja ja, unser lieber Kollege wird ab sofort unterrichten. Nun aber zu unserer nächsten Veränderung. In diesem Schuljahr wird Professor Lupin das Fach Verteidigung gegen die dunklen Künste übernehmen.« Dumbledore zeigte auf einen Mann zu seiner rechten, der sich ebenfalls erhob und den Schülern zuwinkte. Der Applaus fiel deutlich verhaltener aus, als zuvor bei Professor Hagrid. Theo fand, dass der Mann etwas schäbig aussah. Sein Umhang war über und über mit Flicken gespickt und er fragte sich, weshalb er sich keinen neuen kaufte. Ein Lehrergehalt war sicher nicht schlecht, aber er war neu. Was er wohl vorher getan hatte? Theo musterte den Mann neugierig und irgendetwas an ihm kam Theo bekannt vor, aber er konnte nicht sagen was. Seine Überlegungen wurden jäh von Professor Dumbledore unterbrochen, der laut in die Hände klatschte. Vor ihm auf dem Tisch erschien auf einmal eine bunte Vielfalt an Speisen und Getränken. Kürbissaft, Hähnchen, Pommes, Gemüse in den verschiedensten Formen und Farben, Pudding, Gebäck. Theo machte große Augen und staunte nicht schlecht.

»Und nun, lasst es euch schmecken!«, sagte der Schulleiter. Theo lud sich etwas von dem Essen auf seinen Teller. Bald war er in ein Gespräch mit zwei weiteren Erstklässlern vertieft. Die Zeit verging wie im Flug, als auch schon die Reste des vorzüglichen Mahls verschwanden. Dumbledore schickte sie alle zu Bett und ein älteres Mädchen kam auf Theo und die übrigen neuen Schüler zu.

»Ich bin Lyv und Vertrauensschülerin von Ravenclaw. Ich zeige euch den Weg in unseren Turm«, stellte sie sich freundlich vor. Die Erstklässler folgten ihr und Theo hatte Schwierigkeiten sie nicht aus den Augen zu verlieren. Er war recht klein und die anderen Schüler, die ebenfalls aus der Großen Halle strömten, versperrten ihm die Sicht. Ungefähr die Hälfte der Schüler nahm die Treppen nach unten und die anderen, die nach oben. Endlich konnte Theo Lyv wieder sehen und folgte ihr schnell die Marmortreppe nach oben. Sie gelangten in eine Art Treppenhaus. Lyv blieb vor einer Treppe stehen und drehte sich zu den Erstklässlern um.

»Ihr müsst auf jeden Fall die Treppen im Auge behalten. Die wechseln gerne mal die Richtung«, sagte sie und wie auf Kommando fingen weiter oben an sich Treppen zu bewegen.

»Ist ja verrückt«, hauchte Theo leise und das Mädchen neben ihm stimmte zu. Sie gingen ihrer Vertrauensschülerin hinterher und Theo hoffte inständig, dass nicht plötzlich eine Treppe unter ihm anfing sich zu bewegen. Gemeinsam erklommen sie die Etagen bis hoch zur siebten, in der sich ihr Turm befand. Das Treppenhaus ließen sie hinter sich und gingen einen langen Gang entlang und ungefähr bei der Hälfte blieb Lyv erneut stehen.

»Am Ende der Wendeltreppe befindet sich der Gemeinschaftsraum. Die Tür ist nicht mit einem Passwort gesichert, sondern es muss immer eine Frage beantwortet werden. Wenn man falsch liegt, muss man warten bis jemand kommt und die Frage richtig beantwortet«, erklärte sie den Schülern, bevor sie ihnen voran nach oben schritt. Der Junge hörte aufmerksam zu und erkannte am Ende der Treppe eine Tür mit einem Adlerkopf als Türklopfer und er fragte sich, wieso es nicht mit einem Passwort gesichert war, da doch sicher jeder die Frage beantworten könnte. Auch Schüler aus den anderen Häusern.
Lyv legte die Hand auf den Türklopfer und pochte mit ihm gegen die Tür. Augenblicklich öffnete sich der Schnabel des Vogels, aber er sang nicht, sondern trug ein Rätsel vor. Theo hörte genau hin.

»Atemlos lebt es,
Kalt wie der Tod schwebt es.
Kennt keinen Durst –
Dennoch trinkt es.
Trägt ein Kettenhemd
Doch nie klingt es.«

Der Junge überlegte, aber bevor er etwas sagen konnte, rief ein Schüler ein paar Reihen vor ihm.

»Ein Fisch.«

»Korrekt«, sagte der Adler und ließ die Tür aufschwingen.


WolfsblutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt