Alenia
Um die drei mal bin ich letzte Nacht aufgewacht und etwa eine halbe Stunde später wieder geschlafen. Ich habe so schlecht und so wenig geschlafen, dass man es mir wahrscheinlich schon von meterweiter Entfernung ansieht. Als ich aufgewacht, ins Badezimmer gegangen bin und in den Spiegel geschaut habe, waren meine Augen geschwollen und gerötet. Getrocknete Tränen haben Spuren auf meinem Gesicht hinterlassen. Nun fühle ich mich unfassbar müde und kann kaum meine Augen aufhalten.
Auf Kaylas Frage hin, warum ich so aussehe wie ich nunmal aussehe, habe ich gelogen. Ich meinte zu ihr, dass ich erst sehr spät schlafen gegangen bin, weil ich Stunden lang gelernt habe. Dass ich sehr spät schlafen gegangen bin, war immerhin keine Lüge. Jedoch fühle ich mich noch nicht bereit, Kayla die Wahrheit zu erzählen. Sie weiß bis jetzt kaum etwas über meine Familie und unsere Verhältnisse. Und mir fällt es auch nicht leicht darüber zu reden. Kian hat dies still mitverfolgt und natürlich nichts gesagt. Dafür hat er mir einen Schokoriegel zugeschoben, was meine Stimmung ein wenig aufgehellt hat.
Jetzt sitze ich im Politik Unterricht und schreibe das Tafelbild von vorne ab, während meine Lehrerin irgendetwas zum Thema Wirtschaft erzählt, wobei ich nur mit einem Ohr zuhöre. „Hast du mal einen Textmarker für mich?", fragt Mila im Flüsterton neben mir. Ich greife in mein helles Federmäppchen, welches von kleinen Blümchen geschmückt ist, und reiche ihr einen hellblauen Textmarker. Auf ihr Danke erwidere ich nur ein kurzes Lächeln, wobei ich mir nicht sicher bin, ob sie es überhaupt bemerkt.
Als die Lehrerin meinen Namen sagt, bin ich wieder hellwach und richte meinen Blick nach vorne. „Alenia du machst die Aufgabe mit Matteo." Verwirrt schaue ich mich um und stelle fest, dass unsere Lehrerin uns zur Partnerarbeit eingeteilt hat. Und mein Partner muss natürlich ausgerechnet Matteo sein. Besser könnte dieser Tag nun wirklich nicht laufen.
„Du siehst echt mies aus.", ist das erste was er zu mir sagt, als ich mich mit meinen Sachen neben ihn setze. „Danke, das ist echt ein nettes Kompliment", erwidere ich sarkastisch. „Was ist los?" „Das geht dich nichts an." Ich schlage eine neue Seite meines linierten Blockes auf und nehme meinen Kugelschreiber in die Hand. „Kann ich irgendwas für dich tun?" „Ja, du kannst damit aufhören mich zu nerven." Abwehrend hebt er die Hände. „Ich will dir wirklich nicht zu nah treten, abe–" Ich unterbreche ihn. „Wir haben eine Aufgabe zu erledigen."
Ich dachte wirklich, man würde mir nicht so sehr ansehen, dass es mir nicht gut geht. Doch anscheinend habe ich mich gewaltig geirrt. Kaylas Bruder hat ein noch viel besseres Gespür dafür. Oder aber Kayla ist es ebenso gut aufgefallen, dass es mir nicht gut geht, aber hat respektvoller Weise meine Lüge einfach so hingenommen. Matteo hingegen ist ziemlich aufdringlich. Auch wenn es eventuell nur nett gemeint ist. Zum Glück lässt er mich aber die restliche Stunde in Frieden und verliert kein Wort mehr über meine Stimmung oder mein Aussehen.
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Als ich die allerletzte Doppelstunde, welche nach Politik kam, für diesen Tag auch überstanden habe, bin ich heilfroh, dass ich wieder nachhause kann. Doch da habe ich die Rechnung noch nicht mit Matteo gemacht, welcher sich mir gerade in den Weg stellt und mich frech angrinst. Ich hingegen kann nur die Augen verdrehen.
„Was willst du denn jetzt schon wieder von mir?" Sein Grinsen wird noch breiter. „Dass du mit mir mitkommst." „Nein." „Doch." Er packt mich an meinem Handgelenkt, so sanft, dass es nicht schmerzt und zieht mich zu seinem Auto. Da ich nicht die Kraft habe mich zu wehren und es vermutlich sowieso nichts bringen würde, lasse ich es einfach geschehen.
„Und was hast du vor." Ich versuche möglichst desinteressiert zu klingen, auch wenn ich schon ein wenig neugierig bin. „Wirst du dann sehen."
Kaum eine halbe Stunde später stehen wir vor einem großen Gebäude. Es kommt mir irgendwie bekannt vor, aber ich bin mir fast sicher, dass ich noch nie hier war. Komischerweise steht auf dem Gebäude draußen nichts dran, was mich vermuten lassen würde, dass es sich um ein privates Haus handelt. Doch es ist öffentlich für alle Menschen zugänglich. Als wir hineintreten, kann ich in der Eingangshalle mehrere Plakate mit Planeten und Sternbilder sehen. Meine Mundwinkel zucken in die Höhe.
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Be lied
RomanceAls Alenia ihren neuen Mitschüler Matteo kennenlernt und sich in ihn verliebt, glaubt sie den perfekten Freund in ihm gefunden zu haben. Doch was passiert, wenn die Beziehung auf einer Lüge basiert und nicht so echt ist, wie sie von Anfang an glaubt?