Kapitel 4

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Das laute Getrappel vieler Katzenpfoten riss Echosplitter aus dem Schlaf. Die Große Versammlung würde bald beginnen und die Katzen, die ausgewählt worden waren mitzugehen, verließen gerade das Lager. 

Noch immer leicht gereizt versuchte die Älteste die fröhlichen Geräusche zu unterdrücken und an etwas anderes zu denken. Erst da bemerkte sie ihren großen Hunger. Hoffentlich war genug Beute da, zur Not würde sie hungern. Mühsam rappelte sie sich auf und verließ den Heilerbau.

 Ihre Brust hatte sich wieder etwas beruhigt und die Kätzin tappte auf den prall gefüllten Frischbeutehaufen zu. Sie schnappte sich einen Star und ließ sich neben dem Haufen nieder. 

Die letzten Sonnenstrahlen blitzten zwischen den Bäumen hervor und tauchten die Lagerlichtung in eine angenehme Stimmung. Quellensprung hörte sie vom anderen Ende des Lagers, wie sie Wirbeljunges und Flammenjunges davon abhalten wollte an einem Käfer zu knabbern. 

„Aber er sieht so lecker aus!", schmollte Flammenjunges, der sich dem Tierchen wieder annäherte. 

„Sch! Nicht so laut, Tränensprung schläft schon! Der Käfer wird jetzt in Ruhe gelassen, ab mit euch ins Bett!" Schmollend tappten die zwei Jungen ihrer Mutter hinterher, zurück in die Kinderstube. 

Nun war es ruhig auf der Lichtung, die paar Krieger, die hiergeblieben waren unterhielten sich noch leise vor dem Kriegerbau. Echosplitter fraß ihren Star, bevor sie sich zurück in den Heilerbau begab. Moosklang war hier geblieben und sortierte gerade stumm Kräuter. 

„Wie geht es deiner Brust?", fragte sie. 

Echosplitter zuckte mit den Schultern. „Es ist alles wieder gut, glaub mir!" Moosklang warf ihr einen prüfenden Seitenblick zu. „Mir brauchst du nichts mehr vorzumachen, die Versammlung hat bereits begonnen." 

Echosplitter nickte und rollte sich in ihrem Nest zusammen. „Ich weiß", war ihre knappe Antwort. Moosklang schien ihr zu glauben und legte sich ebenfalls in ihr Nest. Der Mond kroch langsam auf dem Horizont hervor und ersetzte die warme Sonne am Himmel. Echosplitter kam schnell zur Ruhe und verfiel in einen tiefen Schlaf.

                                                                                           ***

Ein stechender Schmerz in ihrer Brust ließ Echosplitter hochfahren. Mit blinzelnden Augen sah sie sich um, ihr Atem ging schwach. Vor sich sah sie verschwommen eine Gestalt. 

Nein. Das war nicht sie. Sie lag in ihrem Nest im Heilerbau, neben Moosklang. Nur das da keine Moosklang war und auch kein Heilerbau. 

Rings um sie war ein dichter Wald, die Sonne schien am Himmel und Vögel zwitscherten in den Wäldern. Da erst bemerkte sie, dass es ein Traum war. Der Schmerz blieb aber derselbe.

 Krampfhaft versuchte sie aufzustehen, sackte allerdings zurück ins Gras. Die Gestalt, die genau wie sie aussah, sah sie starr aus bernsteinfarbenen Augen an. 

„Du bist gekommen", wisperte ihr Ebenbild steif. 

Echosplitter nickte, sie war nicht imstande zu reden, der Schmerz war zu groß. „Deine Zeiten als Kriegerin sind vorbei. Du solltest Älteste sein", fuhr sie fort. Da brachte Echosplitter ein leises Krächzen hervor: „Ich bin sehr wohl Älteste. Und wer... wer bist du?" 

Ihre Stimme brach, sie wurde unterbrochen von einem erneuten Stechen in ihrer Brust. 

Die Kätzin vor sich scherte sich nicht um ihre Beschwerden, sondern sprach ruhig weiter: „Du bist keine Älteste. Du bist eine undankbare, ziellose Gestalt, Echosplitter. Das nächste was dir passiert, ist dass du dich selbst in deinen Gedanken verlierst!" 

Nun war ein leises Fauchen in der Stimme der Katze vor sich zu hören. Entsetzt schüttelte Echosplitter den Kopf. „Ich – ich führe ein friedliches Leben, wie wagst du es, mich so nutzlos darzustellen! Wie könnte ich undankbar sein?" 

Wütend sah sie die Kätzin vor sich an, ihre Schmerzen stiegen. „Wenn du dankbar wärst, wäre ich nicht hier! Dein Herz liegt verloren in der Vergangenheit und du bist dabei es zu verlieren!"

  Dein Herz liegt verloren in der Vergangenheit. 

Vage erinnerte sie sich an Regenpfotes Worte. „Nein! Ich trauere, ja, aber das tut doch jede Katze! Mein Leben ist nichts mehr wert, ich werde sowieso bald sterben, wieso kann ich doch einfach so leben wie ich es will!" 

Die Kätzin vor sich schüttelte höhnisch den Kopf. „Verstehe es doch! Du bist ich! Und ich bin du! Du siehst dich selbst, Echosplitter. Deine Angst. Deine Gefahr. Die Angst bist du selbst!" 

In diesem Moment übermannte sie eine Welle des Schmerzes und sie verfiel schreiend in die unendliche Schwärze des Nichts. 

Diesmal erlebt Echosplitter ihren ersten Traum, wie hat es euch gefallen? 

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Echosplitters ZukunftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt