Aller Anfang ist schwer

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Nun stand ich alleine auf dem Flur und hatte keine Ahnung, was ich mit meinem restlichen freien Sonntag anfangen sollte. Morgen würde mein erster Unterrichtstag sein, also entschloss ich mich kurzerhand, zum Rektor zu gehen. Es gab noch so einige offene Fragen. Ich hatte noch keinen Stundenplan und wusste nicht einmal, wann der Unterricht morgen überhaupt beginnen würde. Vielleicht sollte ich Mr. Chu nach dem Mann im Spiegel fragen - überlegte ich.
Während ich also die Treppe wieder hinunterging, um zum Rektorenzimmer zu gelangen, dachte ich darüber nach, wie der Unterricht hier wohl aussehen würde. Ob die Lehrer nett waren?
Ich war so in Gedanken versunken, dass ich gar nicht bemerkte, wie meine Füße quasi automatisch den Weg fanden, und plötzlich stand ich vor der Tür des Rektors.
Einen kurzen Moment zögerte ich noch. Konnte ich jetzt, an einem Sonntagnachmittag, einfach so beim Schulleiter klopfen? Ich wollte ihn nicht stören. Doch er hatte mir ja gesagt, wenn ich Fragen hätte, könnte ich mich jederzeit an ihn wenden. Also holte ich tief Luft, straffte meine Schultern und klopfte an die Tür.

,,Ja, bitte?", hörte ich Mr. Chus Stimme erwartungsvoll hinter der Tür. Er war also auch am Sonntagnachmittag in seinem Büro anzutreffen, stellte ich ein wenig erstaunt fest.
Ich öffnete also die riesige Tür und trat ein. Mr. Chu stand mit dem Rücken zu mir vor einer riesigen, bodentiefen Glasfront. Diese Fensterfront war mir bei den vorherigen Besuchen gar nicht aufgefallen!
Als ich die Tür hinter mir schloss, drehte Mr. Chu sich um und blickte mich an: ,,Oh, Miss Choi, wie schön Sie zu sehen!" Seine Stimme klang warm und freundlich. Ich lächelte ihn etwas verunsichert an.
,,Bitte setzen Sie sich doch! ," er deutete auf den Sessel vor seinem riesigen Schreibtisch und schob sich seinerseits den imposanten Stuhl auf der anderen Seite des Tisches zurecht. Zeitgleich setzten wir uns. ,,Wie kann ich Ihnen denn helfen?", fragte er mit väterlicher Stimme.
,,Ersteinmal möchte ich mich für die Störung entschuldigen. Es ist schließlich Sonntag.”, fing ich an, aber er lächelte mir nur freundlich zu und gab mir zu verstehen, dass ich fortfahren könnte. ,,Ich habe noch ein paar kleine Fragen, Sir." Etwas verunsichert knetete ich meine Hände unter dem Tisch. ,,Sie stören nicht, Miss Choi. Ich hatte Ihnen doch gesagt, dass Sie jederzeit mit Fragen zu mir kommen können. Also, immer raus damit!", Mr. Chu lächelte mich aufmunternd an.
,,Okay, ehmm, könnten Sie mir vielleicht einen kleinen Einblick in den Unterrichtsalltag geben? Um ehrlich zu sein, ist es für mich schwer, mir den Unterricht an einem Internat für Magie vorzustellen." In meinen eigenen Ohren klang es so, als wäre mir diese Frage peinlich und vollkommen unangebracht.
,,Dass Ihnen diese Vorstellung fehlt, ist nur allzu verständlich. Es klingt zunächst ja auch nach etwas Besonderem und folglich erwartet man auch etwas Besonderes. Aber unser Schulsystem unterscheidet sich tatsächlich nur in einigen wenigen Bereichen von anderen Schulsystemen.”, begann Mr. Chu seine Ausführungen. Ich musste zugeben, dass mich das, was er sagte, zunächst einmal ein wenig beruhigte. Hier war also doch nicht alles so besonders. Mr. Chu fuhr fort: ,,Wir haben hier wie jede andere Schule die Hauptfächer Koreanisch, Mathe und Englisch, ebenso Fächer wie Geschichte, Naturwissenschaften und Wirtschaftspolitik.  Das Fach Geschichte unterteilt sich bei uns jedoch. Zum Einen werden die Schüler in Geschichte nach dem staatlichen Lehrplan unterrichtet und zum Zweiten gibt es hier das Fach ,Geschichte der Magie’. Der  zweite große Unterschied zu den staatlichen Schulen liegt bei uns im Bereich der Wahlpflichtfächer und Kurse." Hier machte Mr. Chu eine Pause und sah mich fragend an: ,,Haben Sie bis hierhin eine Frage, Miss Choi?” Ich nickte und fragte: ,,Würden Sie mir das mit den Kursen ein wenig genauer erklären?" Der Rektor lächelte mich an und fuhrt fort: ,,Gerne. Sie können sich sicher vorstellen, dass es hier Schülerinnen und Schüler mit den unterschiedlichsten Gaben gibt, oder?" Ich nickte, denn davon hatte mir Felix vorhin ja in gewisser Weise schon erzählt. Also setzte Mr. Chu seine Erklärungen fort: ,,Es finden sich hier seit jeher Gaben, die ähnlich zu kontrollieren sind oder die Ähnliches oder sogar das Gleiche bewirken können. Für die betreffenden Schüler werden Kurse angeboten, in denen diese jungen Menschen lernen, ihre Gaben auszubauen, sich in ihnen zu üben und gemeinsam den Umgang mit dieser Gabe zu trainieren.” Wieder machte der Schulleiter eine Pause und blickte mich an. ,,Können Sie mir folgen?”, wollte er wissen. Ich nickte wieder und er fuhr fort: ,,Über diese - nennen wir es - Trainingsangebote hinaus gibt es zudem Kurse für Schüler, die, genau wie Sie, noch gar nicht so recht wissen, was sie eigentlich können und worin ihre Gabe besteht. Das wären quasi unsere ,Grund- und Fortgeschrittenen-Kurse’.” Ich war ein wenig erleichtert; es gab also noch andere Schüler, die nicht so ganz genau wussten, was ihre Gabe war. Ich war also nicht allein!
,,Okay. Soweit habe ich die Sache mit den Kursen verstanden.”, sagte ich und in meiner Stimme war die Erleichterung zu hören. ,,Jetzt haben Sie aber auch noch verpflichtende Kurse für alle im Stundenplan stehen, wenn ich das richtig verstehe.” Ich sah Mr. Chu mit gerunzelter Stirn über den großen Schreibtisch hinweg an. ,,Das ist richtig.”, er lächelte mich ermunternd an und begann zu erklären: ,,Die Pflicht-Kurse sind, wie der Name schon sagt, verpflichtend für alle Schülerinnen und Schüler. Zu diesen Kursen gehört zum Beispiel der Kurs für ,Verteidigung und Schutz’, den muss jeder Schüler so lange besuchen, bis er den Verteidigungsschein hat.” Hierbei klopfte Mr. Chu mit den Fingerknöcheln bestärkend auf die Tischplatte. ,,Dann gibt es noch therapeutische Kurse, die verpflichtend sind für alle, die die Gabe haben, in die Zukunft zu sehen. Sonst wäre das Erlebte oft nicht zu verarbeiten. Sie sehen also, Miss Choi, es ist eher eine Art Förderkonzept für Menschen mit besonderen Gaben." Er breitete die Arme aus und lächelte mich wohlwollend an. ,,Jeder wird hier gesehen, unterstützt und auf seinem Weg begleitet.”, schloss Mr. Chu seine Ausführungen, zog im Anschluss daran eine Schublade seines mächtigen Schreibtisches auf und beförderte einen Ordner daraus hervor. Er legte den Ordner vor sich auf die Schreibtischplatte und schlug ihn auf. Nach einigem Blättern, zog er einen Zettel aus eben diesem Ordner hervor und reichte ihn mir mit den Worten hinüber: ,,Bitte. Ich gebe Ihnen den Wahlzettel jetzt einfach schon einmal mit. Dann können Sie ihn sich in aller Ruhe ansehen und vielleicht auch schon ausfüllen. Bringen Sie ihn morgen Ihrer Klassenlehrkraft mit und wenn es Fragen gibt, besprechen Sie diese dann gemeinsam."
Ich nahm den Zettel entgegen und bedankte mich. ,,Wann beginnt der Unterricht denn eigentlich morgen früh?”, wollte ich jetzt auch noch wissen, obwohl mir eigentlich schon der Kopf rauchte von all den Informationen. ,,Ich möchte ungern am ersten Tag zu spät kommen.”
Mr. Chu musste ein Grinsen unterdrücken: ,,Das wollen wir natürlich beide nicht. Also, Unterrichtsbeginn ist täglich um 8 Uhr. Es sei denn, eine Stunde fällt aufgrund von Erkrankung des Lehrers oder aus anderen wichtigen Gründen aus. Auch das ist hier nicht anders als in anderen Schulen.”, fügte Mr. Chu hinzu. ,,Der Unterricht am Vormittag geht bis um 14 Uhr. Ab 14.10 Uhr beginnen die ersten Nachmittagskurse. Damit aber niemand hungrig in den Nachmittag starten muss, gibt es von 12.30 Uhr bis 13 Uhr eine Mittagspause, in der gegessen werden kann - und sollte. Zwischen den Unterrichtsstunden am Vormittag gibt es ebenfalls Pausen. Diese sind zehn oder 20 Minuten lang. Das heißt, nach der ersten Stunde Unterricht erfolgt eine zehnminütige Pause, nach der zweiten Stunde Unterricht gibt es 20 Minuten Pause und nach der dritten Stunde sind es wieder zehn Minuten Pause. Ist das so weit verständlich?", fragte Mr. Chu nach.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 27 ⏰

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