Kapitel 6.

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Laria tippte nachdenklich mit dem rechten Zeigefinger gegen die Fensterscheibe. Ihr Zeitgefühl verriet ihr, dass Simon schon sehr lange im Kontrollraum verschwunden war. Sie war froh sich dagegen entschieden zu haben. All die fremden Menschen, die Geräusche und die Eindrücke waren ihr zuviel. Sie musste sich in Geduld üben. Vielleicht würden sie in den Abendstunden schon wieder zu Hause sein.


Zu Hause.

Zwei kleine Worte die für Laria Masrani etwas vollständig neues bedeutete.

Vor so vielen Wochen, Tagen und Stunden hatte das Katta Mädchen nur ein zu Hause gekannt.

Die Forschungseinrichtung in

Dort war sie nur mit der Bezeichnung Testobjekt E-143 angesprochen worden. Von allen Personen die mit ihr und den in Gefangenschaft lebenden Tieren etwas zu tun gehabt hatten.

Dr. Holly Sanders, die kaltherzige gemeine Wissenschaftlerin hielt es nie für notwendig das Mädchen mit ihrem richtigen Namen anzusprechen. Laria war für sie nur ein Testobjekt gewesen. Unwichtig. Eine Nummer in einer geheimen Akte unter vielen anderen Nummern.

Laria konnte nicht sagen, wie lange sie in dem alten Haus gelebt hatte. Auch wenn die Psychologin zu deren Sitzungen sie in den ersten Wochen hatte gehen müssen, ihr bestes tat diese Geschehen mit ihr zu verarbeiten, so traute Laria fremden Erwachsenen nicht. Simon Masrani allerdings, er hatte ein großes Herz und etwas an sich, dass Laria den Mut schenkte ihm zu vertrauen. Eine Grundbasis für ein Vertrauen zu anderen war, nach all den Dingen welche der Teenager durchgemacht hatte nicht vorhanden.

Kurzzeitig überlegte das Mädchen, von welchem Freund Simon gesprochen hatte. Normalerweise stellt der Geschäftsmann keine fremden Person einfach so vor und Laria konnte sich bei all den fremden Menschen an der Seite ihres neuen Vormunds nicht erinnern, eine spezifische Person zuordnen zu können. Auch die Tatsache, dass dieser Bekannte hier in Jurassic World arbeitet half dem Mädchen nicht weiter. Sollte sie Simon darauf ansprechen, wo sie doch nicht aus dem Firmenwagen mit zum Büro des 'Freundes' gehen wollte? Was war Masrani so wichtig an diesem Treffen und warum brauchte er so lange? Sie wusste nicht was ihr lieber war, hier im Auto zu warten mit der Ungewissheit, dass ihr Vormund vielleicht in Gefahr schweben könnte.....oder erneut in einem Raum mit zu lauten Geräuschen und Reizüberflutung zu landen.

Sie hätte aus dem abflugbereiten Helikopter klettern können und den Kontrollraum erneut aufsuchen dürfen....aber Simon hat ihr die Anweisung gegeben zu warten, während er noch einmal mit Miss Dearing spricht. Aber warum dauerte dieses Gespräch so lange an? Laria hörte den Piloten vorne leise mit seiner Frau telefonieren. Ihm schien die Warterei nichts auszumachen. Gut....auf die rothaarige Frau mit dem zu starken Vanille Duft konnte die 14. Jährige auch verzichten, aber die Gewissheit dass Simon sich nicht verlaufen hatte oder er Laria einfach hier im Helikopter vergessen hatte, nagte auf einmal mit einer Intensität an dem Mädchen, dass ihre Hand über dem Sicherheitsgurt schwebte, bereit doch nachsehen zu gehen.

Doch das Klackern von Absätzen und die Stimme von Simon, die sich mit einer fremden weiblichen Stimme mischte, ließen Laria inne halten. Die Personen unterhielten sich und gerne hätte sie versucht zu verstehen was der Inhalt der Konversation war, wo sie sich ziemlich sicher war, dass die Stimme der weiblichen Person nicht Claire Dearing war sondern jemand fremdes. Doch der Pilot startete schon einmal den lauten Motor des Helikopters - was Laria mit einem unzufriedenen Katta Geräusch kommentierte. Doch sie war zu leise und das Dröhnen des Motors überschattete die meisten anderen Geräusche im Helikopters.

Der nächste Windstoß brachte auch Simons Geruch näher und es dauerte keine zehn Sekunden, bis der dunkelhaarige Mann auf dem Platz neben Laria platz nahm und sich anschnallte. Wenige Momente später hob der Helikopter ab und das Katta Mädchen krallte ihre Hände in das Leder des Sitzes und versucht das leicht taube Gefühl in ihren Ohren abzuschütteln.

"Kaugummi?", sprach Simon über das Headset und tippte Laria vorsichtig auf die Schulter, ach ja....das Kaugummi kauen gegen die Schmerzen hilft hatte das Mädchen vor dem Abflug vergessen. Sie nickte dankbar und nahm das Kaugummi entgegen, wickelte es aus dem Papier und konnte durch diesen einfachen Trick ihren Ohrenschmerzen etwas lindern.

"Was hat Simon besprochen?" - fragte Laria nach einer Weile, als sie Isla Nublar schon längst hinter sich gelassen hatten und der Helikopter in Richtung Heimat flog.

"Simon war lange weg. Sehr lange. Laria....hat sich Sorgen gemacht", fügte das Mädchen noch ernst hinzu und blickte fort vom Fenster aus dem man seit einer Weile nichts als großes blaues Meer sehen konnte. Es würde noch dauern bis das Festland wieder in Sicht kommen würde. Der Heimflug würde ebenso lange andauern wie der Hinflug.

"Das Gespräch mit Miss Dearing hat etwas längert gedauert , du hast Recht, aber es war notwendig. Du wirst in einigen Tagen Besuch bekommen Laria. Na jetzt schau deinen armen alten Pitā nicht so erschrocken an - du bist zu Hause vollkommen sicher und Pitā würde niemanden einladen, der eine Gefahr wäre hm?", erklärte Simon und versuchte den bevorstehenden Besuch nächste Woche so ruhig wie möglich zu erklären.

Es dauerte ganze zwei Minuten bis ein bejahendes Nicken von seiner Tochter kam. Natürlich würde er niemanden in das Anwesen einladen, der eine Gefahr darstellen würde. Sie konnte ihm in dieser Hinsicht vollständig vertrauen....nur fremden Gästen denen ging Laria lieber aus dem Weg. Vielleicht würden diese Personen, die zu Besuch kommen auch einfach vergessen, dass sie eingeladen sind...oder Simon vergisst es und ist auf einer Dienstreise....dann muss Laria sich auch nicht mit jemandem unterhalten.

"Freund von Simon? Davor Gespräch mit Miss Dearing? Vorbei kommt?", fragte Laria dann doch nach und es überraschte Simon, dass sie diesen Vorfall noch auf dem Radar hatte.
"Er war nicht in seinem Büro, bevor ich mit Miss Dearing gesprochen habe....ich denke nicht dass Henry vorbei kommen wird. Aber du würdest ihn sicherlich mögen", sprach Simon und etwas in seinen Augen lies Laria darauf tippen, dass Simon traurig darüber war, dass dieser Henry nicht in seinem Büro anzutreffen gewesen war.

Sie fragte nicht weiter nach und versuchte ein wenig zu schlafen, während der Motor und die Flügel des Helikopters beständig die gleichen Geräusche von sich gaben. Irgendwann fielen ihr die Augen zu und sie fiel in einen unruhigen Schlaf. Nicht sonderlich gut erholt wachte Laria erst dann wieder auf, nachdem der Helikopter auf dem Privat Landeplatz des Anwesens bereits den Motor ausgeschaltet hatte.

Es war dunkel, bis auf die großen Lampen die den Bereich zum Landen für den Helikopter markierten.

Das mehrstöckige Anwesen wirkte dunkel und verlassen. Es war mitten in der Nacht und die angestellten Köche, die Haushälterin und der Gärtner waren schon lange zu Hause. Kein einziges Licht erhellte eines der Zimmers. Man könnte meinen es wäre ein verlassenes Geisterhaus.

Simon konnte gar nicht so schnell reagieren, wie Laria sich abgeschnallt hatte und ihn nun Freudestrahlend anlächelte. Da ist jemand sehr froh wieder zu Hause zu sein. Simon wechselte noch ein paar Worte mit dem Piloten und verabschiedete sich anschließend von diesem, der nun auch den Heimweg antrat. Der Helikopter würde an Ort und Stelle stehen beleiben, die Überwachung des Anwesens war gut und niemand kam hier drauf ohne Erlaubnis.

Vater und Tochter betraten die große Eingangshalle des Anwesens wenige Momente später und es brauchte lediglich einen Fingerabdruck an einem kleinen Bildschirm neben der Haustür, der auf die technischen Daten reagierte und dank der Vernetzung der Elektronik das Haus ins Licht tauchte.

Modernes Leben war etwas, worauf Masrani nicht verzichten wollte. Alles im Anwesen war den technischen Gegebenheiten angepasst, all den Luxus den man sich durch einen Sprachbefehl und einen Tastendruck vereinfachen und genehmigen konnte war in dem Anwesen vorhanden.

"Geh schon mal ins Badezimmer, ich komme sofort nach Laria", bat Simon das Mädchen, während er seine Tasche mit Laptop auf die kleine Kücheninsel stellte und Laria in eine der oberen Etagen des Anwesens verschwand. Die Müdigkeit machte sich in Simon bemerkbar und der Geschäftsmann entschied sich dagegen, seinen Laptop noch einmal hochfahren zu wollen um E-Mails zu überprüfen.

Er folgte stattdessen fünf Minuten später Larias Weg nach oben in eines der Badezimmer und fand das Mädchen schlafend auf dem Teppich im Badezimmer vor der Badewanne vor, die benutzte Zahnbürste hielt sie mit der rechten Hand umklammert. Es war ein anstrengender Tag gewesen und vorsichtig um sie nicht zu wecken, nahm er die Zahnbürste ab, legte sie ins Spülbecken und trug Laria noch vorsichtiger in ihr Zimmer.

Sie würde all den Schlaf dringend benötigen, wenn Owen in ein paar Tagen hier auftauchen würden, um einen Versuch zu unternehmen das Mädchen besser kennen zu lernen. Nur wusste der Raptoren Trainer von dieser Bitte noch nichts, denn Simon verschob auch dieses Vorhaben, Grady anzurufen auf den morgigen Tag. Für heute waren genug Gespräche geführt worden und Simon hoffte inständig, dass man gemeinsam an einer Lösung helfen konnte, seinem Schützling zu helfen endlich Vertraue zu fassen.

Wenn dieses durch die verrückte Wissenschaftlerin nicht schon längst zerstört worden war.

Jurassic World - Zerbrochenes VertrauenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt