Act TWO - DARK MOON RISES. Part 1

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DARK.
Act TWO
DARK MOON RISES. Part 1

Ein kleines Feuer knisterte und knackte in dem alten Kamin aus hellem Sandstein. Die Nachmittagssonne hatte sich durch die dunklen, schweren Wolken gekämpft und brachte das Innere der häuslichen Bücherei wahrlich zum Leuchten. Behaglichkeit und Wärme füllte die imposante Räumlichkeit, dennoch schluckte die junge Frau an dem Kloß, der sich in ihrem Hals verbarrikadiert hatte. Das, was ihr gerade eben zu Ohren gekommen war, schien an Absurdität und Unwahrheit nur so zu strotzen.

Lügenmärchen, zischte etwas in ihrem Unterbewusstsein und vergiftete ihre reinen und unvoreingenommenen Gedanken. Doch all die Neutralität, die sie so vehement verteidigt hatte, hatte schon zu bröckeln begonnen, noch ehe sie vor wenigen Stunden den Kiesweg zu diesem Anwesen entlang geschritten war.
Auch sie gehörte einst zu den besser gestellten Kreisen, doch hatten Vater und Mutter auf ein gesundes Maß an Vernunft und Bewusstsein gesetzt. Nie war sie verhätschelt oder gar verwöhnt worden. Katreace Elissabeth Margerite Bell war, trotz der vielen Namen, weder missraten, verzogen noch verkorkst. Obwohl Letzterem wahrscheinlich mehr Menschen zugestimmt hätten, als ihr lieb war. Sie war verkorkst, doch hatte sich dies in ihrer Leidenschaft am Quidditch gezeigt und bewiesen.
Aber als sie nun dem lauschte, was ihr Gegenüber, einstiger Mitschüler und Lieblingsfeind auf dem Feld, zu berichten hatte, zweifelte sie an ihrem Verstand.
Sie wusste, wie viel Galleonen der Tagesprophet für das Interview zahlte, schließlich hatte Katie schon das eine oder andere führen dürfen und nicht selten ähnelten die „Leidensgeschichten" der Reichen und überaus gutbetuchten Herrschaften einander, die entweder noch reichere Erben waren, oder mittels „self-made-Verfahren" zu Wohlstand und Ansehen gelangten.
Doch die Flints schienen wahrlich ein Kapitel für sich zu sein.
Natürlich erzählte Marcus Flint freiheraus, wie sein Urgroßvater durch gute Beziehungen in eine noch wohlgeratene Familie einheiratete. Der Name „Black" fiel unweigerlich und kroch wie Säure über ihren Rücken, doch Marcus versicherte ihr, dass dies die Schwester seines Urgroßvaters gewesen sei und diese herzlich wenig mit ihnen zu tun gehabt hatten.
Und wieder wurde der junge Frau beinahe spei übel, als er von den Reinblütern berichtete. Selbstverständlich waren auch seine Vorfahren der Ansicht, dass ihr Blut nicht befleckt, oder gar verunreinigt werden sollte. Dementsprechend hatte man seinen Vater, Lloyd Gabriel Fergus Flint, mit Camilla Elvira Victoria Gamp verheiratet.
Unmissverständlich erinnerte er sie an das große Gemälde im Foyer, das die Flints als strenge, aber gütige Familie zeigte. Wieder schluckte Katie, als sie an den finsteren Blick des alten Hausherren dachte, dessen große Hände auf den zarten Schultern einer zierlichen, brünetten Frau ruhten, die auf einem Schemel saß, mit Marcus vor ihren Füßen kniend.
„Das Portrait wurde vor gut zwanzig Jahren gemalt", erklärte Marcus und ein leichtes Zittern erfasste seine Stimme.
Ihm war nicht wohl bei der Erinnerung an jene Tage, die er still sitzend verbringen musste. Er war kein geduldiger Mensch und die überschüssige Energie hatte er ins Spielen von Quidditch investieren können, doch nun war ihm auch dieser Spaß und Ausgleich versagt.
Katie, die ruhig und bedächtig seinen Ausführungen lauschte, und hier und da etwas auf ihrem Schreibblock notierte, hielt plötzlich in ihrem Tun inne und hob den Blick. Marcus' Miene war wie versteinert. Seine Augen waren leer und glanzlos und er schien auf einen losen Punkt im Teppich zu starren, ohne jedoch ein Mal dabei zu blinzeln. Die junge Frau wusste kaum, wie sie seine Aufmerksamkeit am besten auf sich lenken konnte. Zu Schulzeiten hatte man sich stets mit den Familiennamen betitelt, doch der Gebrauch der Nachnamen kam ihr jetzt recht albern und kindisch vor.
Dicke Schneewolken schoben sich vor die nachmittagliche Sonne. Einzige Lichtquelle im Raum blieb der Kamin, dessen schwaches Feuer gerade genug schimmerte, dass Katie ihr Gegenüber erkannte. Nervös sah sie sich erneut um. Ihre Augen suchten verzweifelt nach einem Zeitmesser und wurden enttäuscht. Allzu lang wollte Katie hier nicht verweilen, da die sonstigen Gespräche meist innerhalb von wenigen Stunden geführt worden waren, doch je dunkler es draußen wurde, desto unbehaglicher wurde es ihr. Die heranschleichende Dunkelheit veranlasste sie dazu, ihre Scheu zu überwinden.
„Marcus?", es fiel ihr schwerer, ihn beim Namen zu nennen, als sie angenommen hatte, doch jenes zaghafte Flüstern, das ihren Lippen entwich, reichte aus, um die erhoffte Reaktion zu bekommen. Ein Ruck, kaum merklich für sein Gegenüber, durchzuckte seinen Körper. Das leise Wispern einer sanften, ruhigen Stimme gelangte an seine Ohren und der düstere Schleier, der ihn umhüllt hatte, zerbarst plötzlich, sobald die lieblichen Laute ihn umfingen.
Marcus hob den Blick und für den Bruchteil einer Sekunde hätte er schwören können, dass die sonst so toughe Katie Bell zitterte. Die Reaktion ihres Körpers hatte gereicht um ihm zu signalisieren, dass sie nervös war, ängstlich und wie ein Kaninchen, bangend, vor der Schlange hockte.
Ihre Hände lagen bebend in ihrem Schoß, doch ihr Augenmerk galt den hohen Fenstern, die das schwache Licht des Feuers widerspiegelten. Erst jetzt bemerkte er, dass das Mädchen wohl allen Grund hatte, sich zu fürchten, schließlich gab nichts ängstigendes, als das Dunkel der Nacht.
„Könnten wir...", begann sie zögernd, doch als Katie den Blick vom Fenster nahm und den Kopf in seine Richtung wandte, hielt sie inne. Ein gedehnter Seufzer entkam seinen Lippen, ehe sich der hochgewachsene Mann mit einer Hand durch das dunkle Haar fuhr.
„Du willst mehr Licht?", seine Frage erschien ihm überflüssig, doch Katies Antwort überraschte ihn kaum. Ihr Nicken ließ ihn die Mundwinkel zu einem flüchtigen Grinsen heben. „Wie viel hast du jetzt?"
„Na ja", stotterte sie klein laut und besah sich das Gekritzel auf dem Block, der auf ihren Knien ruhte, „für oberflächliches Umreißen würde es genügen."
„Ich hasse Oberflächlichkeit", sagte er entschieden und erhob sich aus dem Sessel, „Du isst doch mit uns?!"
Verblüffung zeichnete sich auf ihren Zügen ab. Mit seinem Angebot hatte er ihre Zunge zum Schweigen verdammt. Die Bitte, die keine war, traf sie wie ein Quaffle in der Magengrube. Die Sekunden des Widerspruchs vergingen und je mehr Zeit verstrich, desto eher sah sich Marcus in seiner Aufforderung bestätigt.
„Gut", ein breites Grinsen zierte sein Gesicht und auch jetzt noch hielt es nicht für nötig, höflich zu klingen, geschweige denn ihr einen Arm oder gar die Hand zureichen, um ihr aufzuhelfen.

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