4 - Neue Schule, neues Glück

2 1 0
                                    

Am selben Tag hatte Frank bei einer anderen Schule angerufen und einen Termin für den nächsten Tag vereinbart. Er hatte sogar extra frei genommen, um mich zu der neuen Schule zu begleiten. Die halbe Nacht lang hatten er und meine Mutter hitzig über meinen ehemaligen Direktor gestritten. Mutter wollte ihn am liebsten totschlagen, aber Frank meinte, dass es weniger auffällig wäre, ihn im See ertrinken zu lassen. Bei diesem Gedanken musste ich einfach lachen. Wie lange war es her, seitdem ich das letzte Mal gelacht hatte? Frank tat uns beiden wirklich gut, und ich war dankbar, dass er ein Teil unseres Lebens geworden war.
Vor dem imposanten Eingang meiner neuen Schule stand ich, unsicher, ob sie jemanden wie mich überhaupt aufnehmen würden. Die Stille hier war fast greifbar, verursacht wahrscheinlich durch den Unterricht, dem alle Schüler gerade beiwohnten. Der Schulhof war idyllisch, mit viel Rasen und einigen Bäumen, die verlockenden Schatten spendeten. Doch das imposanteste Element in diesem schönen Bild war zweifellos der Brunnen. Ich hatte noch nie davon gehört, dass eine Schule einen solchen besaß, geschweige denn einen so imposanten. Mit einem Durchmesser von etwa 10 Metern thronte er in der Mitte des Hofes, ehemalige Schuldirektoren ragten aus seinem Zentrum und sprühten kühles Wasser. Dieser Anblick brachte mich zum Lachen und ließ mich in meinem Herzen wissen, dass dies die richtige Schule für mich war.

Frank beobachtete mich mit einem freudigen Gesichtsausdruck, während ich meine neue Schule inspizierte. Ich wusste aus dem belauschten Gespräch am Vorabend, dass er bereits viel Geld für mich ausgegeben hatte, damit ich hier lernen durfte. Es machte mich einfach glücklich, einen solchen Stiefvater zu haben. Am liebsten hätte ich ihn umarmt, aber ich glaube, ich hatte vorerst genug von Umarmungen. „Nun, wir sollten langsam reingehen, der Direktor wartet bestimmt schon", sagte Frank lächelnd und machte sich auf den Weg zum Haupteingang. Langsam folgte ich ihm und prägte mir dabei den schönen Schulhof ein. Wer weiß, vielleicht werde ich ja doch nicht angenommen und habe nie wieder die Gelegenheit, diesen wunderschönen Ort zu sehen.

Langsam betrat ich die große Eingangshalle und sah Frank fragend an. „Wo ist das Büro des Direktors, Frank?" Er schaute etwas verlegen zu Boden. „Ähm, ehrlich gesagt habe ich vergessen, das zu fragen", gestand er. Ein breites Grinsen breitete sich auf meinem Gesicht aus. Das war untypisch für den sonst so gewissenhaften Frank. „Entschuldigen Sie", sagte eine Stimme plötzlich hinter uns. Ich fuhr erschrocken herum und starrte den Jungen an, der aus einer dunklen Nische aufgetaucht war, die mir zuvor nicht aufgefallen war, jetzt aber meine volle Aufmerksamkeit hatte. „Ich habe euer Gespräch belauscht. Wenn ihr wollt, kann ich euch zum Büro des Direktors führen." Frank lächelte und bedankte sich höflich. Gemeinsam folgten wir dem namenlosen Jungen durch die Gänge bis zu einer großen Eichentür. „Hier sind wir schon", sagte er, „aber ich verschwinde besser schnell, bevor der Direktor fragt, warum ich nicht im Unterricht bin." Er lachte und drehte sich gerade um, als sich hinter ihm ein riesiger Schatten auftat. „Warum seid ihr nicht im Unterricht, Daniel?" Der Direktor war ein bärtiger Riese, dessen Anblick einem den Atem raubte. Er musterte Daniel streng, während er uns kaum beachtete - was mir ehrlich gesagt recht war. „Ach, Paps, ich kann nun mal nicht singen. Also, wozu der Musikunterricht?", erwiderte Daniel lachend.

Soll ich etwa den Unterricht durch mein Schnarchen stören? „Ein kleiner Spaziergang an der frischen Luft wird mich sicher wieder munter machen", erklärte Daniel mit einem frechen Grinsen, als er seinem Vater gegenüberstand. Er huschte schnell an ihm vorbei und zwinkerte mir noch kurz zu. „Wir sehen uns bestimmt öfter", rief er fröhlich, bevor er um die nächste Ecke verschwand.

Der Direktor beobachtete seinen Sohn einen Moment lang, den Kopf schüttelnd. „Ganz der Vater", murmelte er vor sich hin, bevor er sich abrupt zu uns wandte und uns genau betrachtete. „Ah, guten Tag, Herr Meier. Mein Name ist Frank Walter, wir haben gestern telefoniert." Der Direktor nickte. „Ah ja, Sie haben also einen neuen Schüler für uns." Er musterte mich intensiv, als ob er versuchte, mich zu durchdringen. „Dann kommen Sie mal mit in mein Büro." Mit diesen Worten öffnete er die Eichentür und trat ein. Frank folgte ihm, doch ich zögerte, ob ich nicht lieber das Weite suchen sollte. Frank drehte sich lächelnd zu mir um und winkte mich herein. „Nicht so schüchtern, er beißt schon nicht."

„Nun, das würde ich so nicht sagen", mischte sich eine lachende, rothaarige junge Frau ein, die einige Bücher in den Händen hielt und offensichtlich auf dem Weg in ein oberes Stockwerk war. Sie lächelte breit zu mir herab. „Keine Angst, er ist gar nicht so schlimm. Ich muss es wissen, ich halte es schon mein ganzes Leben mit ihm aus." Sie lachte und setzte ihren Weg fort, und ich folgte Frank verwirrt in das Büro.

Ich trat in den runden, hell erleuchteten Raum ein, in dessen Mitte ein alter Eichenholztisch stand. Die drei Fenster ließen den Raum hell und freundlich wirken, ganz anders als das dunkle, verrauchte Büro meines ehemaligen Direktors. Bei diesem Gedanken schüttelte es mich innerlich. Am liebsten wollte ich nie wieder an ihn oder seine Schule denken. Frank hustete kurz und riss mich damit aus meinen Gedanken. Er saß bereits am großen Eichenholztisch und deutete auf den noch freien Stuhl neben sich. Hastig setzte ich mich und schaute dem Direktor nun etwas schüchtern in die Augen.

„Herr Walter hat mich bei unserem Telefonat darüber informiert, dass du einige Probleme in deiner alten Schule hattest", begann der Direktor. Bei diesen Worten überfiel mich die Angst. Was wäre, wenn sie mich hier nicht haben wollten, wenn es genauso wäre wie an meiner alten Schule? Der Direktor schien meine Furcht zu bemerken, denn er sprach mit väterlicher Stimme weiter. „Keine Angst, so etwas hast du auf unserer Schule nicht zu befürchten. Wir sind nicht solche Bauerntrampel wie an deiner alten Schule." Ein zaghaftes Lächeln huschte über meine Lippen, und ich begann mich langsam zu beruhigen. Hier schien wirklich alles besser zu sein.

„Meinen Sie, dass er mit dem Stoff zurechtkommen wird? Schließlich hat er schon einiges verpasst", fragte Frank etwas besorgt.

„Keine Sorge, Herr Walter, wir haben uns bereits um alles Nötige gekümmert. Wenn er bereit ist, nachmittags etwas länger zu bleiben, wird er in allen nötigen Fächern Nachhilfe bekommen", versicherte der Direktor.

Frank und der Direktor sahen mich fragend an, und ich nickte schnell und brachte nur ein schnelles, kurzes „Ja" hervor. „Gut, ich gebe Ihnen die notwendigen Unterlagen mit. Bringen Sie die unterschriebenen Formulare einfach die Tage im Sekretariat vorbei. Nun kommen wir zum angenehmen Teil." Der Direktor führte mich durch das imposante Schulgebäude und zeigte mir die schnellsten Abkürzungen zu meinen neuen Unterrichtsräumen. Mit jedem Schritt, den wir machten, sprang mein Herz vor Freude wild auf und ab. Es war einfach ein wunderbarer Ort. Hier würde es sicherlich Spaß machen zu lernen. Allein der kleine Park, der zum Lernen und Abschalten einlud, war der reinste Himmel im Vergleich zu dem alten, vollgemüllten Schulhof meiner ehemaligen Schule. Selbst Sport würde mir hier Spaß machen, denn jeder konnte entscheiden, was er gerne machen würde, ob Basketball, Fußball oder Tennis – es gab so viele Möglichkeiten, was man hier alles lernen konnte. Ich hüpfte schon förmlich vor Glück, Frank und dem Schuldirektor hinterher. Doch plötzlich fragte ich mich, wie Frank sich das überhaupt leisten konnte. Ja, er hatte einen guten Job, aber die Unterbringung an dieser wunderbaren Schule musste doch ein Vermögen kosten. Bei diesen Gedanken wurde ich immer langsamer und schaute Franks Rücken fragend hinterher. Warum gibt er so viel Geld für mich aus? Ich bin doch nicht einmal sein eigener Sohn, auch wenn er mich so behandelt.

In diesem Augenblick drehte sich Frank zu mir um und fragte breit lächelnd: „Nun, ich hoffe, es gefällt dir hier?" Ich lächelte nur, schloss zügig auf und folgte den beiden zurück in die Halle. „Nun, ich glaube, ich habe dir das Nötigste gezeigt. Den Rest wirst du sicherlich bald selbst erkunden. Wenn du willst, kannst du schon ab morgen hier zur Schule gehen", meinte der Direktor freundlich, während er mir die Hand reichte. Mein Kopf nickte so schnell auf und ab, dass ich fast dachte, er würde mir vom Hals fliegen. Frank und der Direktor lachten kurz, und einen Moment danach verabschiedeten sie sich mit einem Händedruck.

Ich folgte Frank nachdenklich nach draußen. Im Auto stieß ich meine plagenden Gedanken aus. „Frank, wie kannst du es dir leisten, mich hier auf die Schule zu schicken? Ich weiß, du hast einen guten Job, aber du kannst doch niemals genug verdienen, um mich in diese wunderbare Schule zu schicken?" Er sah mich lächelnd an und fragte nachdenklich: „Möchtest du denn auf diese Schule gehen?" Verwirrt durch seine Gegenfrage antwortete ich überrascht: „Ja, ich würde hier sehr gerne zur Schule gehen. Aber..." „Dann ist sie nicht zu teuer für mich", sagte Frank mit einem Lächeln, das mein Herz höherschlagen ließ. Ja, er war wirklich wie ein Vater für mich.

Liebeskummer im HinterhofWo Geschichten leben. Entdecke jetzt