Kapitel 12

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Severus Snape saß im Sessel und las in einem Buch, als es an der Tür klopfte. Der Tränkemeister sah auf die Uhr, es war bereits weit nach zehn Uhr abends. Seufzend stand er auf und öffnete.

»Luc?«, fragte er überrascht. Lucius Malfoy lächelte und drückte sich an Severus vorbei ins Haus.

»Hallo Sev, ich dachte, ich schau mal vorbei. Ich war gerade in der Nähe«, sagte der Malfoy und ging direkt ins Wohnzimmer, wo er sich ein Glas Wein nahm und dann auf die Couch setzte. Severus folgte ihm irritiert.

»Bedien dich ruhig«, sagte er spitz und setzte sich dann ebenfalls wieder.

»Du warst also in der Nähe? Um halb elf Uhr abends?«, wollte er dann wissen.

»Ja. Also wie steht es so? Wie geht es Harry?«, wollte Lucius wissen und stellte das Glas auf den Tisch.

»Er ist nicht mehr hier«, sagte Snape knapp. Verwirrt hob Lucius die Augenbrauen.

»Was soll das heißen? Wo ist er denn?«

»Bei Adam Brick und Taylor Larson.«

»Sev, Kontext bitte. Lass dir nicht alles aus der Nase ziehen«, stöhnte Lucius. Severus seufzte.

»Ehemalige Schüler aus Slytherin. Sie haben gerade ihren Abschluss gemacht. Brick war Vertrauensschüler. Er und Larson sind ein Paar und haben sich um Potter gekümmert. Er wollte gern zu ihnen in den letzten zwei Wochen der Ferien«, schloss Snape.

»Äh, es sind aber noch gute drei Wochen Ferien«, gab Lucius zu bedenken.

»Er wollte weg«, sagte Severus wieder knapp. Der Malfoy, immer noch mit einem Anflug von Skepsis in seinem Blick, lehnte sich zurück und musterte Severus genauer.

»Und, wie geht es dir damit? Dass der Junge jetzt bei ihnen ist?«, Snape zuckte mit den Schultern, eine Bewegung, die vielleicht Gleichgültigkeit signalisieren sollte, doch seine Augen verrieten eine Spur von etwas anderem – vielleicht Unsicherheit, vielleicht etwas, das er selbst nicht genau benennen konnte oder wollte.

»Ich habe keine Gefühle für den Jungen, Luc. Seine Abwesenheit macht mir nichts aus«, Lucius hob eine Augenbraue, sein Blick durchdringend und scharf.

»Wirklich? Du belügst dich doch nur selbst, Sev. Warum diese Abneigung ihm gegenüber? Was ist der wahre Grund?«, Snape fixierte Lucius einen Moment lang, bevor er den Blick abwandte und seufzte.

»Es gibt nichts zu besprechen, Lucius. Die Situation ist, wie sie ist. Potter ist besser dort aufgehoben, wo er jetzt ist«, mit einem Seufzen stand Lucius auf, stellte sein leeres Glas ab und ging zur Tür.

»Nun, ich hoffe, du findest irgendwann zu deiner Wahrheit. Es wäre schade, wenn du weiterhin vor ihr davonläufst«, mit diesen Worten verließ er das Haus, ließ Snape allein mit seinen Gedanken zurück. Dieser blieb noch lange sitzen, den Blick ins Leere gerichtet. Tief in seinem Inneren wusste er, dass Lucius recht hatte. Seine Gefühle für Harry waren komplizierter, als er zugeben wollte. Es war nicht einfach Abneigung oder Gleichgültigkeit; es war ein Wirrwarr aus Schuld, Reue und vielleicht, ganz tief vergraben, einer Art von Fürsorge, die er sich selbst nicht eingestehen wollte. Doch für den Moment verschloss er diese Gedanken wieder tief in seinem Inneren, stand auf und kehrte zu seinem Buch zurück, als könnte er in den Seiten eine Ablenkung von den Fragen finden, die Lucius hinterlassen hatte.

Nach drei Wochen am Meer, in denen Harry sich merklich erholt hatte, war es Zeit, Abschied zu nehmen. Er hatte zugenommen, seine Haut hatte eine gesunde Farbe angenommen, und er wirkte insgesamt ruhiger, auch wenn er innerlich immer noch mit seinen Erlebnissen kämpfte und nur sehr selten über die Dursleys sprach. Aber wenn er sprach, wurde Adam und Taylor erst bewusst, wie sehr der Junge gelitten hatte. Dass Harry zu dem geworden war, wer er nun war, war kaum zu fassen.
In seinem Zimmer saß Harry auf dem Bett, umgeben von den neuen und alten Sachen, die er während seines Aufenthalts bekommen hatte. Er versuchte, alles in seinen Koffer zu packen, aber es schien, als ob nicht alles hineinpassen würde. Gerade als er frustriert seufzte, öffnete sich die Tür und Adam trat ein.

Echo der EinsamkeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt