14. Kapitel - Aidos

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Es ist nicht das Tageslicht, das mich an diesem Morgen weckt. Sanft umhüllt von einer liebevollen Umarmung erwache ich aus meinen Träumen. Das Bild, das sich mir zeigt, könnte einem fantastischen Traum entspringen, in dem Eros die Hauptrolle spielt. Lockige, wilde Haare, halb geöffnete Lippen und geschlossene Augen zeichnen die Szene vor mir. Der Satz ein Bild für die Götter entstammt wahrlich der Erscheinung des Liebesgottes.

Mit sanften Berührungen streichel ich die Flügel, die mich umgeben. Obwohl sie sich weich und warm anfühlen, spüre ich ihre Kraft. So stark wie der übrige, muskulöse Körper des Eros. Die Nähe sollte eigentlich unangenehm sein und meine Aufgabe wäre es, sie zu verhindern. Trotzdem liege ich hier zufrieden und streichle den Gott, der mich in der vergangenen Nacht geliebt hat. Es sollte mich ängstigen, denn das würde bedeuten, dass meine Kräfte nicht mehr wirken würden.

Aber der männliche Duft von Eros umgibt mich wie der Morgentau das Spinnennetz. Meine Lippen nähern sich den seinen und nichts in mir schreit danach, es zu unterlassen. Ein Lächeln breitet sich auf meinem Gesicht aus, anstatt Eros zu küssen. Aus diesem Lächeln wird ein Lachen, und dann verstumme ich, denn der Gott neben mir schläft noch friedlich. Doch kaum denke ich daran, liegt Eros bereits komplett auf mir.

Sein Körper drängt sich zwischen meine Beine und mit nur einer Hand hält Eros meine Hände über meinem Kopf fest, während ich mich am Boden befinde. Ich versuche zu sprechen, doch Eros hört nicht auf mich. Er zieht an meinem Gewand, bis es unter seinem Griff reißt. Ich lasse es geschehen, denn ich wusste, dass es so kommen würde. Die nächsten Laute, die seinen Mund verließen, würden mir für immer in Erinnerung bleiben. Zuvor hatte er sich doch stets zurückgehalten.

Beim Anblick von Eros, kann ich meine Tränen nicht unterdrücken und möchte sie auch nicht zurückhalten. Er kennt alles an mir und ich kann nichts vor ihm verbergen. Als ich spüre, wie er meinen Bauch küsst, fällt mir das Atmen schwer. Die Ruhe und Zärtlichkeit in diesem Moment sind nach so vielen Jahrhunderten schwer als neue Realität zu begreifen, aber ich fühle sie so deutlich und klar.

»Du glühst, Aidos. Du glühst!«, flüsterte er leise. Doch sein Flüstern wurde schnell von einem Lachen abgelöst. Es erfüllte mich mit Zufriedenheit zu sehen, dass ich für sein Lachen verantwortlich war, denn es war ihm selten vergönnt, in seinem Dasein zu lachen. »Nur noch einen Moment, dann kannst du dich mir wieder entziehen! Bitte!«, flehte der aufgeregte Eros. Seine Hand fand meinen Bauch, genauso wie zuvor seine Lippen, und erneut hörte ich sein herzliches Lachen.

Ich würde ihn niemals unterbrechen, da ich zu fasziniert bin von der ungehinderten und freien Art, wie der Liebesgott in diesem Moment ist. Zudem spüre ich noch immer keinen Impuls, dies zu stoppen. Federleichte Küsse verteilen sich über meinen gesamten Bauch, während Eros mich langsam freigibt. Meine Hände streichen durch die Haare des Gottes. Sein Blick trifft meinen und zeigt eine Vielzahl von Emotionen. Doch ich sehe auch die Verwirrung. »Aber du kannst das doch nicht tun!?...«

»Früher konnte ich es nicht, aber jetzt kann und will ich es auch.« Eros robbt das restliche Stück zu mir und nimmt meinen Kopf in seine Hände. »Solch starke Kräfte und das schon jetzt? Das ist ungewöhnlich.« Ich nicke einfach nur. »Findest du nicht auch, dass an uns nicht ohnehin schon alles ungewöhnlich ist? Warum sollte es jetzt anders sein?« Sein Gesichtsausdruck verzieht sich kurz besorgt. »Eros, ich glaube nicht, dass dies Zeus' Entscheidung war. Ist das möglich?«

»Wir wären die Ersten. Nur er kann entscheiden, ob ein neuer Gott erschaffen wird. Und was ist, wenn das sein Plan ist? Aidos, wenn er dasselbe tut wie mit uns...« Ich schüttelte den Kopf und griff nach Eros Hand. »Nein, Eros. Meine Fähigkeiten sind nicht aktiv, und auch meine Albträume blieben diese Nacht aus. Es wäre nicht in seinem Interesse, mich zu schonen. Das Gefühl in mir ist rein und unschuldig. Außerdem hätte Hera längst hier sein sollen, aber sie ist es nicht.«

»Ja, du hast recht. Wie konnte Hera dieses Glühen nicht bemerkt haben? Ich habe es sofort gespürt, als ich erwachte.« Ein Lächeln huscht über sein Gesicht, als er seine Hand wieder auf meinen Bauch legt. »Du glühst tatsächlich vor Liebe, Aidos. Das hätte ich nicht für möglich gehalten. Du...«, beginnt er und hält gerührt inne. »Wir sind beide dafür verantwortlich, nicht nur ich. Bitte stelle mich nicht auf ein Podest. Ich möchte mit dir zusammen sein, hier unten auf dem Boden der Sicherheit.«

Erneut streichele ich durch seine ungezähmten Haare, während er es genießt und mich mit einem genussvollen Blick betrachtet. »Du wundervolles Wesen, du verlangst viel von mir. Doch solange ich bei dir sein kann, sind mir die Bedingungen dafür gleichgültig.« Kein Rufen, kein Flehen, nur Stille umgibt mich. »Zeus wird außer sich sein, weil ich noch mehr Schande bringe. Wir sind nicht Mann und Frau und dennoch wächst eine neue Gottheit in mir heran.«

»Vielleicht sieht er es so, aber solange du auch in Sicherheit bist, ist das alles, was für mich zählt.« Das bereitete mir Angst, denn was bedeutete das für Eros? War er anstelle von mir das Ziel? Letztendlich war Zeus sowieso darauf aus, uns beide auszulöschen. Dennoch waren wir zusammen und ich fühlte mich stark und mutig. »Ich liebe dich, Eros. Seit du mich verlassen hast, verging kein Tag, an dem ich nicht so gefühlt habe. Glück schien nie für mich bestimmt zu sein, aber du hast es mir geschenkt.«

Für einen kurzen Moment schweigen wir beide, aber es ist nicht nötig, etwas zu sagen. Alles, was zwischen uns in der Vergangenheit war, ist längst geklärt. Selbst das laute Donnern des Himmels, als Zeus nach uns ruft, lässt uns nicht erschrecken. Denn wir haben geahnt, dass er heute rufen würde. »Bist du bereit, meine liebeste Aidos? Wir haben einen Kampf zu gewinnen!« Er steht auf und reicht mir seine Hand. Ich nehme sie an und lasse mir von ihm aufhelfen.

Danach betrachtet er mein zerrissenes Kleid, das meinen Bauch freilegt. »Eigentlich wollte ich es verschließen, aber es sieht einfach zu schön aus, wie es unseren Schatz umhüllt«, sagt er und streichelt erneut meinen Bauch. »Du schaffst es immer, die Dinge noch schöner zu machen. Zeus hat nun keine Möglichkeit mehr, mich zu bestrafen. Das Urteil, mich dir zu unterwerfen, löst in mir keine negative Reaktion mehr aus. Denn die innere Stimme schreit nicht mehr oder verlangt etwas von mir. Wer hätte gedacht, dass ihm solch ein fahrlässiger Fehler unterlaufen würde.«

1086 Wörter

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Hallo alle zusammen,

ursprünglich war geplant, dass die beiden sofort gerufen werden. Aber wie es bekanntlich so ist, ändern sich Pläne manchmal und ich wollte diese Szene noch vorher integrieren.

Ich denke, das war auch besser so, weil sie diesen Moment alleine für sich noch einmal genießen konnten.

Die nächsten Kapitel bekomme ich hoffentlich genauso schnell geschrieben, denn auf den letzten Metern wird der Druck schon etwas größer. Geht es euch auch so?

Eure Patty 💕🌻

Göttin der Schande ✅️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt