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Triggerwarnung - Gewalt & Tod
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~Eros hatte sich so plötzlich und ohne Erklärung von mir entfernt, was mich ratlos zurückließ. Sein Verhalten war ungewöhnlich und ließ mich in Frage stellen, was genau eigentlich vor sich ging. Obwohl er Eros war, schien er plötzlich anders zu sein. Er hatte meine Grenzen gleich mehrfach überschritten und ich ließ es geschehen, obwohl es nicht richtig war.
Warum folge ich Zeus' Urteil nur so blind, obwohl es mich so offensichtlich veränderte? Warum habe ich es zugelassen, dass Eros beinahe mein Bein berührte? Und warum habe ich mich nicht unwohl gefühlt, als er mich vom Tisch hob, so zart, als wäre ich eine Pusteblume, die bei einem leichten Windstoß zerstört werden könnte? Eros war sanft in Liebesdingen, ja, aber sonst war er es nicht.
Ich folgte Nemesis und Eros nach draußen, da das Nachdenken mich nicht weiter brachte. Kaum sah ich ihn, spürte ich die Wärme seiner Hände an mir und dann in meinem Gesicht. Ich senkte meinen Blick auf den Boden. Hatte es mir etwa gefallen? Oder gefiel mir nur, dass ich gehorsam war und dem Urteil gefolgt war. »Können wir? Athene wartet bereits«, holte mich Nemesis vollständig aus meinen Gedanken zurück.
Die Kälte durchzog mich wie ein Gletscher und verdrängte die gerade noch gespürte Wärme. »Wieso hat sie mich nicht direkt angefunkt«, fragte ich verwirrt. »Sie wollte dich da raushalten, aber...« Ich winkte ab und unterbrach Nemesis. Der Satz endete immer gleich. »Dann lass uns los und ihr helfen.« Meine Aufgabe war wichtig, doch trotzdem konnte ich nicht verhindern, dass die Nervosität jedes Mal in mir aufstieg.
Wenn Athene rief, waren Chaos, Angst und Zerstörung allgegenwärtig. Die Bilder, die mich daraufhin verfolgten, schienen nie zu enden. Nemesis griff nach meiner Hand und dann nach der von Eros. Mit einem Schritt brachte sie mich dazu, alles direkt vor meinen Augen zu sehen. Wenn man uns Götter rief, konnten wir schnell reisen. Nemesis begann ihre Aufgabe, nur ich war einen Moment lang erstarrt vor Angst. »Wie kann ich helfen«, fragte mich Eros.
»Jedes dieser Herzen sollte dir eigentlich genug Aufgabe bieten. Solltest du sie nicht heilen? Schließlich ist Liebe das Gegenteil von Hass!« Eros jedoch schüttelte den Kopf. »Gleichgültigkeit ist das Gegenteil. Diese Herzen rufen mich nicht. Ich kann sie nicht heilen. Vielleicht kann ich dennoch etwas tun.« Er verließ mich, und ich fühlte mich, als würde mein Sein gerade erlöschen.
Ich empfand eine starke Zuneigung zu den Göttern und den Olymp. Es überkam mich die Frage, was passieren würde, wenn sie mich nicht verachten würden, sondern ich ihnen stattdessen gleichgültig wäre. Während ich meine Hand vor mein Gesicht hielt und mich selbst betrachtete, fragte ich mich, ob ich mich schon bald tatsächlich auflösen würde.
Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als Athene mich unerwartet umarmte. »Es tut mir leid, Aidos. Ich wollte wirklich nicht, dass du wegen mir her kommen musst. Diese Menschen sind so stur. Und der nächste Krieg wartet doch schon auf mich. Ich brauche dich. Ich werde dich wohl immer brauchen.« Ihr zerknirschtes, blutbeschmiertes Gesicht stand im Widerspruch zu den Gefühlen, die ich aufgrund ihrer Worte empfand.
Gebraucht zu werden fühlte sich gut an. »Entschuldige dich nicht dafür, dass du mich brauchst, meine liebe Athene.« Ich löste mich aus ihrer Umarmung und begann meine Arbeit. Ich analysierte die Situation jedes Einzelnen, wog die Beweggründe ab, hauchte ihnen mehr Gewissen ein, versuchte zu vermitteln und gab schließlich meine Erkenntnisse an andere Götter weiter.
Nemesis würde für einen gerechten Ausgleich sorgen, während die Moiren über die Menschen urteilten und ihr Schicksal besiegelten. Ich hoffte, keinen fälschlicherweise zum Tode verurteilt zu haben und analysierte die Situation weiterhin gründlich, um sicherzustellen, dass jeder gerecht behandelt wurde. Denn es war nicht immer möglich, allgemein zu handeln - Menschen benötigten oftmals eine genauere Betrachtung ihrer Motive.
In der Ferne wartete eine weitere Aufgabe auf mich, der ich folgte, da meine Arbeit an diesem Ort erledigt war. Nicht jedoch für die anderen Götter. Und schon jetzt wusste ich, dass es für heute die schwierigste Aufgabe für mich sein würde. Das kleine Haus befand sich in einem sehr schlechten Zustand. Bei meinem Eintreten sah ich, dass sich meine Befürchtungen bestätigten.
Der Anblick brach mir das Herz. Zahlreiche Frauen verschiedener Altersgruppen lagen leblos auf dem schmutzigen Boden, ihre Gesichter voller Tränen, ihre Kleidung zerrissen und ihre Scham unbedeckt. Ich richtete die Kleidung bei jeder einzelnen Frau, um ihren erloschenen Seelen etwas Frieden zu schenken. Auch wenn sie es selbst nicht mehr mitbekommen würden.
Dabei entdeckte ich eine Frau, die verzweifelt ihre Hand in die Luft streckte. Sie war noch am Leben, doch fragte ich mich, wie lange das noch der Fall sein würde und ob sie überhaupt noch leben wollte. Letztendlich war es an den Moiren, darüber zu entscheiden. Die Angst und Leere in ihren Augen waren unübersehbar. Obwohl sie mich gerufen hatte, konnte ich ihr nicht mehr helfen. Ich war zu spät gekommen, weil ich zu Beginn zu lange erstarrt war. Ich hatte versagt.
Durch das Fenster sah ich die Männer, die für diese Tat verantwortlich waren. Im Garten wuschen sie sich das Blut ab und lachten dabei. Die Grausamkeit dieser Menschen konnte ich nicht verstehen und würde es wohl auch nie können. Entsetzen begleitete mich ständig. Ihr Gewissen schien verloren, sie waren verdorben und Nemesis würde sie genauso wenig verschonen wie sie die Frauen verschont hatten. Diese Männer musste ich nicht einzeln beurteilen.
Als Eros neben mir erschien, war meine Wut grenzenlos. Doch die Frau vor mir lächelte gelöst, während sie das Bewusstsein fast friedvoll verlor. „Mehr kann ich nicht für sie tun. Die Schicksalsgöttinnen werden gleich kommen und sie erlösen", wandte sich Eros an mich. Leider konnten uns die Menschen nicht spüren. Wie oft hätte ich ihnen sonst Trost gespendet.
Ich entfernte mich von diesem Haus, denn Nemesis und die Moiren waren ebenfalls erschienen. Trotz allem konnte ich nicht den Gedanken ertragen, was nun bevorstand. Auch wenn ich dankbar war, dass am Ende die Gerechtigkeit obsiegte. Denn was bedeutete Gerechtigkeit schon, wenn so viele Unschuldige ihr Leben lassen mussten. Und das auf eine so furchtbare Weise.
Eros folgte mir nach draußen und ich blieb stehen, mich zu ihm umdrehend. »Gott der Lust, des Begehrens, solltest du nicht begreifen, dass ich gerade alleine sein möchte. Dass ich im Moment vor allem dich nicht sehen möchte! Du müsstest doch spüren, dass mein Herz gebrochen ist!« Ich würde Eros niemals verzeihen. Diese Art von Verhalten zu tolerieren, bei der die Menschen so schamlos verletzt wurden. »Dein Herz ruft nach mir, Aidos«, antwortete er knapp und machte mich damit nur noch wütender.
1084 Wörter
8648 Wörter insgesamt~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Hallo ihr Lieben,
ich hoffe das Kapitel war euch nicht zu heftig. Ich bin bewusst nicht zu sehr ins Detail gegangen. Dennoch geht die Geschichte nicht ganz ohne Gewalt und Tod. Gerne könnt ihr mir dazu eure Meinung sagen. Auch wenn ich es anders markieren soll. Hättet ihr euch das gewünscht? Z.b. ab der Szene mit dem Haus?
LG Patty ❤️
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Göttin der Schande ✅️
Fantasi★ONC LONGLIST 2024★ »Der Zufall führt uns manchmal auf Wege, die wir mit Absicht nie finden würden. Und das Glück ist das Einzige, was wir anderen geben können, ohne es selbst zu besitzen. Es ist sinnlos zu glauben, dass wir unser Dasein bis ins kle...