Kapitel 28 - Im Ministerium

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Svea Dreyer hatte Christoph Marell gebeten, für den Schutz von Jans Eltern zu sorgen. Während Jan mit dem Auror in seinem Zimmer gewesen war, um die Phiole zu holen, hatte sie sich bereits an verschiedenen Reparatur- und Schutzzaubern probiert, dabei aber nicht den gewünschten Erfolg erzielt. Daher war Jan mit ihr ins Ministerium appariert. Er hatte sie nicht lange ansehen müssen, um zu erkennen, dass sie Linas Mutter war. Sie teilten nicht nur die Nasenform und das schmale Gesicht, sondern auch eine Vorliebe für außergewöhnliche Frisuren – in ihrem Fall eine kompliziert aussehende Knotenfrisur aus kleinen Fischgrätenzöpfen.

Außerdem war sie überaus begabt im Apparieren, denn anders als Jan erwartet hatte, ging es ihm deutlich besser als nach dem Benutzen einer Porttür. Noch während er die Treppen der Apparierplattform im Ministerium hinabsteig, spürte er, wie jedes flaue Gefühl in seinem Magen verschwand. Uns spätestens nachdem er einen Blick auf die marmorne Eingangshalle, die durch schwarze Türverkleidungen und gewaltige Ölgemälde an den Wänden zusätzlich verschönert wurde, geworfen hatte, waren seine Gedanken auch ganz wo anders.

»Wir gehen jetzt zu dem Bereich, wo die Spezialisten für schwarzmagische Objekte ihre Büros haben«, erklärte Svea Dreyer unterdessen. »Und auf dem Weg fertigen wir schonmal ein Fallprotokoll an. Ich könnte mir vorstellen, dass wir heute Nacht noch einige Stationen vor uns haben und wir haben keine Lust, uns danach noch mit Papierkram zu beschäftigen, oder?«

Jan schüttelte den Kopf. Daraufhin zog die Aurorin ein Klemmbrett und einen Kugelschreiber aus der dafür deutlich zu klein aussehenden Tasche ihrer Uniform. Sie tippte beides mit ihrem Zauberstab an, woraufhin die Schreibutensilien begannen, vor ihr zu schweben.
»Zuerst einmal persönliche Daten. Vor- und Zuname, Geburtsdatum, Wohnort.«
Jan antwortete wie gefordert. Der Kugelschreiber bewegte sich dabei ganz alleine über das Papier und Svea Dreyer musste bloß prüfen, ob er denn auch das Richtige notierte. Währenddessen passierten sie die Zentrale des Ministeriums.

»Zwölfter Mai 2005«, las die Aurorin Jans Geburtsdatum vor. »Du bist fast so alt wie meine Tochter. Kennst du eine Lina?«
»Ja, sie ist in meinem Jahrgang. Und in meinem Haus.«
»Was ein Zufall«, meinte die Aurorin lachend. »Wieso hat sie mir denn dann noch nie von dir erzählt? Aber kehren wir zurück zu den gerade relevanteren Themen. Schildere mir bitte einmal möglichst ausführlich den Tathergang.«

Während Jan ihr genau erzählte, wie Pettigrew bei ihm aufgetaucht war, ihn bedroht hatte und nach der Phiole gesucht hatte, führte sie ihn durch ein Labyrinth aus Gängen. Das Ministerium stellte eine perfekte Symbiose aus Vergangenheit und Moderne dar, Historische Backsteinkorridore wechselten sich mit neumodischen Glasfassaden und hübschen Wandgemälden ab. Der Bereich, in den Svea Dreyer Jan führte, gehörte eher der altmodischen Fraktion an. Sie blieb vor einer hölzernen Tür stehen, die auch in ein Burgverlies gepasst hätte. Daneben war ein Schild mit der Aufschrift 0354 Büro für schwarzmagische Artefakte – Dorothea von Frankeneck angebracht.

Svea Dreyer beugte sich zu Jan herunter und senkte ihre Stimme, sodass er sie kaum noch verstehen konnte.
»Frau von Frankeneck ist etwas... etwas sehr speziell. Allerdings ist sie die Beste in ihrem Fachgebiet. Komm einfach mit, sag am besten nichts und nimm dir nicht zu Herzen, was sie dir über Sternzeichen erzählt.«
In Jan entflammte ein Konflikt aus Neugier und Angst.
»Ist es dann nicht sinnvoller, wenn Sie alleine hineingehen?«, fragte er zögerlich.

»Keine Sorge, dir passiert da nichts«, antwortete die Aurorin. »Ansonsten wäre sie wohl kaum im Ministerium angestellt. Aber ich wollte dich sicherheitshalber vorwarnen.« Sie warf Jan einen aufmunternden Blick zu. »Und sag einfach ›du‹ zu mir. Schulkameraden meiner Tochter müssen mich nicht siezen. Sonst darf ich mir zu Hause wieder anhören, ich wäre zu vornehm.«

Lachend erhob sie sich und ging auf die Tür zu. Jan folgte ihr zögerlich. Dann nahm sie den Türklopfer in die Hand und schlug damit sanft gegen die Tür. Keinen Augenblick später ertönte ein »Herein!«. Die dazugehörige Stimme klang so, als wäre sie durch hohen Tabakkonsum bereits stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Dicht hinter der Aurorin trat Jan ein.

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