Kapitel 45 - Nach dem Kampf

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Jan fiel es schwer, zu begreifen, was gerade geschah, als er mit seinem Koffer in der rechten Hand aus der dicken Wand des Eulentunnels trat und sein Blick auf die erhabenen Mauern von Winterfels fiel. Das würde ab jetzt wieder seine Schule sein. Und zum ersten Mal konnte er hier hin gehen ohne Angst haben zu müssen, dass Titus Pettigrew sich etwas ausdachte, um ihnen zu schaden. Der berüchtigtste Schwarzmagier ihres Jahrhunderts war tot. Gestorben in einem Akt von Überheblichkeit, der ihn dazu verleitet hatte, Herrn Jorski zu unterschätzen.

Jan und Marina hatten die Geschehnisse live mitverfolgen können. Sie waren nach ihrer Befreiung nach draußen zu Rüdiger Repertor gebracht worden. Der kleine, spitzbärtige Genie hatte sich in einer verlassenen Kellerwohnung aufgehalten, wo er es sich eingerichtet hatte wie in einem Sicherheitsterminal. Dank einiger Bildschirme hatte er einen guten Überblick über das Geschehen im Erkstag gehabt und über das Mikro-Funkgerät war er mit Herrn Tuplantis, Herrn Jorski und deren Unterstützern in Verbindung getreten. Der MuggelMag-Gründer war zwar nicht gerade der Kommunikativste gewesen, aber er hatte seine Funkgeräte auf Laut gestellt, sodass Jan und Marina hören konnten, was im Erkstag geschah.

So hatten sie mitbekommen, wie Harry Potter Thorfinn Rowle gefangengenommen hatte, wie Flavia Widmer und Svea sich mit Celia Ivyng duelliert hatten und wie Frida Angeldahl den unteren Erkstag überprüft hatte, wo sie unter anderem auf Alexander Pettigrew gestoßen war. Und sie hatten mitbekommen, wie Herr Jorski auf Pettigrew gestoßen war und sich danach für gefühlte Stunden nicht mehr gemeldet hatte. Sie hatten die besorgten Rufe der anderen gehört. Und sie waren unfassbar erleichtert gewesen, als Herrn Jorskis Stimme wieder ertönt war. Jan und Marina waren sich vor Freude in die Arme gefallen. Jan hatte nicht einmal groß darüber nachgedacht. Rückblickend schämte er sich ein wenig dafür, aber in diesem Moment war er einfach vollkommen von seiner Freude überwältigt gewesen.

Als die Allianz aus Auroren und Herrn Tuplantis schließlich aus dem Erkstag gekommen war und die Verbrecher an Christoph Marell übergeben hatten, war Jan sofort klar gewesen, was das bedeutete. Nach anderthalb Jahren, in denen die Angst vor Pettigrew ein ständiger Begleiter im Hinterkopf gewesen war, konnte jetzt seine Schulzeit beginnen. Dennoch war es ein ganz besonderer Moment für ihn, das Schulgelände jetzt wirklich wieder zu betreten. Auf die Gewächshäuser zu schauen, durch die nie wieder Scharen an Acromantulas und Quintapeds laufen würden. Und wo nie wieder Pettigrew einem der Lehrer auflauern würde. Wo sie nun einfach hingehen konnten, um sich von Frau Braun beibringen zu lassen, wie man Alraunen umtopfte.

»Oft lernt man den Wert der Dinge, die man hat, erst zu schätzen, wenn man sie nicht mehr hat«, philosophierte Filio, der gerade mit seinem Gepäck hinter Jan aus dem Eulentunnel trat. Auch wenn sie bei ihrer Flucht eigentlich dazu angewiesen gewesen waren, nur das Nötigste mitzunehmen, hatte Filio zwei große Koffer und einen Rucksack mit nach Nurmengard gebracht.

»Wir waren doch ewig nicht mehr bei der Zitatewand«, sagte Hannes verwundert. »Wieso kannst du denn die ganzen Sätze trotzdem noch auswendig?«
»Als kleinen Ersatz habe ich mir im Kiosk einen Kalender mit 365 Sprüchen zum Nachdenken gekauft. Aber ich muss sagen, dass die Zitatewand qualitativ hochwertiger gewesen ist. Die wird einer der ersten Orte sein, die ich in Winterfels aufsuche. Und natürlich muss ich in der Bibliothek schauen, ob ich ein schönes Buch über Maschinenbau finde. Ich kann es kaum erwarten, was man aus meiner Kuckucksuhr alles Schönes machen kann.«

Lachend wandte er sich an seine Freunde.
»Und wo wollt ihr als erstes hin?«
»Auf das Quidditchfeld«, antwortete Marina ohne zu zögern.
Lina nickte bestätigend.
»Da bin ich sofort dabei«, meinte auch Levi. »Natürlich war es mit dem Schiff und dem provisorischen Feld in Nurmengard auch ganz cool, aber nichts ersetzt das Quidditchfeld in Winterfels.«

»Ich freue mich auf unseren Gemeinschaftsraum«, antwortete Jan mit einem gewissen Mangel an Kreativität. »Den man mit ein paar Schritten vom Schlafsaal aus erreichen kann und nicht erst fünf Treppen nach oben steigen muss.«
»Wo ich als erstes hingehe, könnt ihr euch wahrscheinlich denken«, schmunzelte Anna.

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