In dem kleinen Hotel angekommen machte sie wieder ihre Runde um zu schauen welche Fluchtwehe ihr zur Verfügung standen. Nachdem sie alles ausgekundschaftet hatte, duschte sie lange und kuschelt sich in die frische Bettwäsche. Es war eine Weile her, dass ihr solch ein Luxus zur Verfügung stand. Sie nahm nie Dinge an sich, die ihr nicht gehörten. Aber hier musste sie schnell entscheiden, es ging um ihr Leben. Das schlechte Gewissen hielt sich jedoch in Grenzen. Wurde es doch von dem süßlichen Geruch, des Shampoos in ihren dunklen Haaren überdeckt. Nachdem sie ein paar Stunden geschlafen hatte, ging sie in das kleine Café an der Ecke der Straße. Nach kurzem Blick in die Karte, bestellte sie sich Rührei und Speck.
Die Kellnerin, eine ältere schlanke Dame, stellte ihr eine dampfende Tasse Kaffee und ihr Essen hin.
„Es ist schön zu sehen, dass Frauen in deinem alter noch wissen wie man isst!"
Ein breites Grinsen entblößten ihre von Kaffee und Nikotin verfärbten Zähne.
Das Lächeln der Dame erwidernd widmete sie sich weiter ihrem Frühstück.
Ihr war gar nicht aufgefallen wie groß ihr Hunger war, bis sie ins Café kam und den Duft von Essen in der Nase hatte. Nachdem sie gegessen hatte, lehnte sie sie sich zufrieden seufzend in die gepolsterte Bank zurück und sah aus dem Fenster. Es hatte zu Dämmern begonnen. Die tief stehende Sonne ließ alles warm und freundlich wirken. Das klirren eines Tellers holte sie aus ihren Gedanken. „Hier Schätzchen, der geht aufs Haus." Ihr zu zwinkert schlenderte sie zum nächsten Tisch. Lächelnd aß sie auch den Kuchen auf. Nachdem sie das letzte Bisschen des Schokoladenkuchens von dem Teller gekratzt hatte zog sie einen Brief aus ihrer Jackentasche.
Liebe Ella,
leider hatte ich nicht mehr die Zeit Dir alles zu erklären. Viel zu lange habe ich gewartet, gehofft es würde sich schon alles von alleine regeln. Nun musst du meine Dummheit ausbaden.
Du bist etwas sehr besonderes, ich hätte Dir so gerne ganz in Ruhe erklärt wie besonders.
All die Jahre sind wir nicht geflohen, weil ich etwas angestellt habe, sondern weil sie Dich wollen.
Ella, du bist in Gefahr. Die Männer die mich gleich mitnehmen werden, werden nicht aufgeben bis sie Dich finden.
Sie wollen nichts Gutes, du musst Dich von allen fern halten! Ich weiß ich sagte Du sollst nie jemanden vertrauen, doch wende Dich an Daniel Fort. Er ist ein Freund aus Schultagen. Ich weiß, dass du ihn finden kannst. Vertraue nur ihm. Er kann Dir alles erklären.
Ich werde dich finden, Liebes.
Ana
Die eigentlich so saubere Handschrift ihrer Freundin war verwackelt und einige Buchstaben waren verschmiert. Ella standen Tränen in den grauen Augen. Von Trauer erfüllt zog sie ein paar weitere gefaltete Zettel aus ihrer Jacke. Die Zettel waren abgegriffen und zerknittert. Sie schob das Geschirr beiseite und breitete sie auf dem Tisch aus. Mit konzentriertem Blick strick sie die Seiten glatt so gut es ging. Auf den drei Seiten standen alle Daniel Forts im Land die in Frage kamen. Auf der ersten Seite des Ausdrucks waren schon alle Namen durchgestrichen. Finster blickte sie sie an und schob sie unter die zweite Seite des Ausdrucks. Auch auf dieser Seite waren schon beinahe die hälfte aller Namen durchgestrichen. Viele sind es nicht mehr. Nachdenklich kaute sie auf ihrer vollen Unterlippe.
Und seit gestern konnte sie den nächsten Namen auf der Liste durchstreichen. Kurz rieb sie sich die müden Augen. Die Kopfschmerzen kamen zurück. Mit einem kurzen Handzeichen rief sie die Bedienung zu sich. „Verzeihung, könnte ich bitte noch einen Stift und einen Kaffee haben. Und haben sie ein Telefonbuch?" Mit hochgezogener Augenbraue sah sie Ella an. „Seit wann googelt ihr Kids denn nicht einfach, wenn ihr was wissen müsst." Ellas Augen flogen schnell zu dem Namensschild der sie noch weiterhin musternden Kellnerin. „Sie haben doch schon festgestellt, dass ich nicht wie die meisten heutzutage bin, Alisha" Ein raues Lachen entfuhr Alisha und entblößte ein weiteres mal ihre gelblichen Zähne.
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Majesty - Ruf des Schicksals
FantasyIn einer Welt, in der Wahrheit und Täuschung untrennbar miteinander verwoben sind, sucht Ella verzweifelt nach Antworten. Seit sie denken kann, fühlt sie sich fremd in ihrer eigenen Haut, ohne zu wissen, warum. Als ihre engste Vertraute Anastasia sp...