Kapitel 3.2 „Such dir etwas Anderes zum Toben!"

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Nach dem Aufwachen fühle ich mich platt.

Der Blick auf die Uhr schockiert mich ein wenig. Dass ich mal bis 11 Uhr schlafe, grenzt an ein Wunder. Ich bin der geborene Morgenmensch und liebe die ersten Sonnenstrahlen des Tages. Heute habe ich sie verschlafen.

Mein Bett erscheint mir diesmal so gemütlich. Schön warm und kuschelig. Ich registriere meine noch eingeschaltete Nachttischlampe und plötzlich kommt mir das gestrige Grusel-Szenario in den Sinn. Ich schaue schnell zur Tür, nur um auf Nummer sicher zu sein. Sie ist zu. Was denn sonst?

Erleichtert atme ich tief durch und trete meine Decke von mir, da mir die erdrückende Sommerhitze sonst meine letzten - noch zum Teil gesunden - Nerven verkohlt. Der Tag gestern war einfach zu viel und ich bin durchgedreht. Kann passieren.

Mein Zimmer besteht aus weißen Wänden mit einem Medizinplakat über die Knochen und Muskeln des Menschen und einem riesigen 3000-Teile-Puzzle, das mein Vater mir an Weihnachten vor seinem Tod geschenkt hatte. Nach der Arbeit hatten wir uns oft zusammengesetzt und gepuzzelt. Letztendlich musste ich das gigantische Ding alleine fertigstellen. Das hat ewig auf meinem Boden gelegen, ehe ich die Kraft hatte, es ohne ihn fertig zu stellen.

Mein Lern-Bereich besteht aus einem Ecktisch, einem bequemen Sessel und vielen Regalen mit Büchern und Pflanzen. Mir fällt auf, dass ich gestern nichts für die Uni gemacht habe. Sonst bin ich sehr zuverlässig und ordentlich, aber durch die gestrige Situation kann mir das keiner verübeln. Manchmal bröckelt meine selbst erbaute Fassade, der perfekten Studentin und der netten Tochter.

Sonst passt kaum noch was in mein Zimmer. Aber es macht nichts. Ich habe eine ganze Etage für mich alleine, die wie eine eigene Wohnung ausgestattet ist. Ein großes hohes Studio direkt unter dem Dach mit schönen rustikalen Holzbalken ist das Herzstück meiner Etage. Ich habe eine Küchenzeile mit allen nötigen Geräten zum Kochen, ein offenes Wohnzimmer und eine kleine Leseecke. Der runde kleine Esstisch steht vor einer riesigen Glasfront, die sich über die ganze Ostseite erstreckt und viel Licht spendet. Morgens am Tisch zu frühstücken, ist einfach der Wahnsinn. Hinter der Glasfront befindet sich der Balkon, von wo dieser Aiven gestern verschwunden ist.

Von da aus sieht man den gut gepflegten Garten meines Opas. Alte und gigantische Bäume sind auf der ganzen Fläche verteilt. Besonders sticht der rote Fächerahorn heraus und die vielen bunten Blumen und Pflanzen, die mir den herrlich frischen und blumigen Duft in die Wohnung tragen. Wir geben uns alle Mühe, um Opa bei der Gartenarbeit zu helfen, dabei braucht er sie gar nicht. Der Garten ist sozusagen sein Heiligtum und seine Lebensaufgabe.

Unser Haus befindet sich am westlichen Ende der Stadt, sozusagen am Waldrand. In der Nähe gibt es einen gigantischen Teich, der aber viel zu dreckig und modrig ist, um darin schwimmen zu können. Abgesehen davon ist er auch nicht besonders tief. Dennoch ist er - umgeben von vielen Bäumen, Sträuchern und Gräsern -, wunderschön anzusehen.

Meine Möbel sind in hellen Holztönen und weißen Polstern gehalten. Durch die Grünpflanzen wirkt die Wohnung sehr freundlich und gemütlich. Ich liebe das ganze Grünzeug, für mich ersetzen sie jegliche Dekoartikel. Das sind die Gene meines Opas, wie ich so schön sage.

Das wunderschöne Landhaus gehört meinen Großeltern. Beziehungsweise gehörte. Die beiden haben es vor kurzem meiner Mom überschrieben. Wir alle lieben dieses Haus.

Meine Mutter wohnt mit meinen Großeltern, die ab und an unsere Hilfe benötigen, im Erdgeschoss und ich hier oben.

Lara und ich treffen uns fast jeden Samstag und hängen zusammen ab. Wir sind ja schließlich beide Singles. Prompt kommt eine Nachricht von ihr.

Hey, Zieyana! Wie geht's dir? Hast du heute überhaupt Bock, irgendetwas zu unternehmen? Sonst kann ich auch zu dir kommen und wir stopfen uns mit Leckereien voll und stöbern durch Netflix???

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