Kapitel 16

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Baraks Kapitulation erfolgt erst eine Unendlichkeit später. Nach weiteren Atemübungen und endlosen Versuchen, mich mit feze vertraut zu machen, die allesamt scheitern, entlässt er mich endlich. Ich bin von der Anspannung ganz erschöpft und trotte ihm mit hängendem Kopf nach.

Er bringt mich in den Korridor und von dort aus in einen Raum, der in der Nähe des Lernzimmers ist. Er ist ähnlich gestaltet, nur sind die Fenster hochgelegen und schmal. Von draußen dringt das Prasseln des Regens und der Geruch nach nasser Erde herein. An drei im Raum verteilten Tischen sitzen sechs Mädchen, die etwa in meinem Alter sind. Sie plaudern und machen gemeinsam Handarbeiten.

Barak richtet das Wort an die Anwesenden, bevor er auf eins der Mädchen deutet und mich in ihre Richtung drängt. Die Kinder verharren reglos und starren mich an. Ich schlucke trocken und sehe zu Barak zurück. Er sagt noch etwas, macht eine auffordernde Handbewegung und verlässt den Raum.

Hier soll ich also den restlichen Nachmittag verbringen?

Mir der Blicke überdeutlich bewusst, richte ich mich gerade auf und spaziere zu dem Mädchen hinüber, auf das Barak zeigte. Noch immer herrscht angespanntes Schweigen und nur der Regen ist von draußen zu hören. Die Augen des Mädchens werden mit jedem meiner Schritte größer. Sie sitzt mit einer anderen am hintersten Tisch und ich nutze die Zeit bis dahin, sie zu mustern.

Ihre Gesichtszüge sind weich und ihre Nase klein und gerade. Die langen, schwarzen Haare hat sie mit zahlreichen bunten Tüchern verflochten. Etwas wie Furcht spiegelt sich in ihren außergewöhnlich hellen Augen, als ich schließlich an ihrem Tisch stehenbleibe. Ich kann die Iris beinahe nicht vom Rest ihres Auges unterscheiden.

Ich zwinge ein Lächeln, nach dem ich mich nicht fühle, in mein Gesicht und gehe neben dem Mädchen auf die Knie, damit ich sie nicht mehr überrage. Sie rührt sich nicht von der Stelle, schaut nur verstört drein. Unwillig jetzt noch einen Rückzieher zu machen, stelle ich mich in ihrer Sprache vor und strecke ihr in einer nahezu unterwürfigen Geste die aneinander gelegten Hände hin.

Mehrere Atemzüge verstreichen, ohne dass etwas passiert. Dann endlich, reißt sich das Mädchen aus ihrer Starre.

»Kamari«, haucht sie und berührt nur flüchtig meine Handrücken mit ihren kühlen Handinnenflächen. Die Berührung hat etwas sonderbar intimes an sich, das ihr die Röte in die Wangen treibt. Ich frage mich unwillkürlich, ob mein Verhalten unangebracht war und rapple mich wieder auf.

Ein Räuspern durchbricht die unbehagliche Stille. Ich schaue zu dem Mädchen, das neben Kamari sitzt und erinnere mich, sie schon ein paar Mal bemerkt zu haben. Zuletzt, als Akin mich schikaniert hat. Es ist die mit dem chaotischen Zopf auf dem Kopf. Sie hat sich entspannt auf ihrem Stuhl zurückgelehnt. Im Gegensatz zu Kamari wirken ihre Gesichtszüge eher spitz und frech. Vielleicht liegt es auch nur daran, wie sie das Kinn nach vorne reckt.

»Uzummi, Elrid«, sagt sie und stellt sich im selben Atemzug als Nyah vor. Ihre Augen funkeln herausfordernd. Mir fällt der kleine Höcker auf ihrer Nase auf.

»Elrid?«, frage ich verwirrt.

»Fen uru elride. Mohl neas.«

Ich verstehe kein Wort und das spiegelt sich zweifellos in meinem Gesicht wider. Sie verdreht die Augen und klatscht einmal laut in die Hände. Das helläugige Mädchen zuckt zusammen. Nyah wiederholt die ersten zwei Worte und zeigt auf mich, dann macht sie eine abschätzige Geste in die Ferne.

Sie will, dass ich weggehe?

Kamari stößt Nyah mit dem Ellbogen in die Seite und raunt ihr etwas zu. Es bringt sie dazu, erneut die Augen zu verdrehen und auffordernd auf den freien Stuhl neben sich zu deuten. Die Geste war wenig einladend, viel eher erzwungen; ich folge ihr trotzdem.

Eldur - Das schwarze Feuer (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt