Chaotic Minded

~ 2 ~

Sina

Am nächsten Morgen wurden wir um 6 Uhr geweckt. Unmenschliche Uhrzeit meiner Meinung nach. Aber daran bin ich laut Nova selbst schuld. Ich habe bereits alles mitbekommen und saß nun völlig verschlafen und genervt auf meinem Bett. Bewusst ignorierte ich die Person im Bett neben mir, denn vor dem ersten Kaffee und der ersten Zigarette sollte mich sowieso kein Mensch ansprechen. Langsam stand ich auf und ging zur gemeinschaftlichen Toilette. Danach krallte ich mir eine Tasse Kaffee und lief auf den Innenhof um in Ruhe aufzuwachen. Es war uns erlaubt dort zu rauchen.

Nach wenigen Minuten kamen ein paar der anderen Bewohner ebenfalls mit Kaffee auf den Hof. Unter anderem auch das Wesen aus meinem Zimmer. Anders als Riley hatte ich kein Interesse mit dieser Person irgendetwas zu tun zu haben. Ich muss wohl völlig in Gedanken versunken gewesen sein denn plötzlich stand ein Mädchen vor mir und sprach mich an. Sie war ein wenig jünger, vielleicht 15 oder so, aber einen ganzen Kopf größer als ich. Ihre blonden Haare reichten ihr gerade einmal bis zur Schulter. Sie strahlte mich mit ihren blauen Augen an und versuchte wohl mit mir zu sprechen. Die hatte vielleicht nerven.

"Hallo. Du bist gestern neu einwiesen worden oder? Ich heiße Nadja und du?" plapperte sie fröhlich los. Ich starrte sie wortlos an und schlürfte demonstrativ genervt an meinem Kaffee. Sie lächelte verständnisvoll und hörte auf zu reden. Kluges Kind. Während ich meine Zigarette rauchte und meinen Kaffee trank, beobachtete ich weiter dieses Wesen. Wir lebten zusammen in einem Raum auf unbestimmte Zeit und ich würde gern wissen mit wem wir es zu tun hatten.

Plötzlich merkte ich wie ich anfing in die Leere zu starren. Ich verlor langsam die Kontrolle über den Körper. Ein Switch bahnte sich an. Dann rutschte ich weg.

Nova

Ich blinzelte ein paar Mal und sah mich um. Mit einem Kaffee stand ich in einem Innenhof. Mir wurde schnell klar wo ich war. Neben mir bemerkte ich ein Mädchen, Nadja wenn ich mich recht erinnerte. "Hey, sorry wegen eben. Das war Sina. Ich heiße Nova. Wir haben eine DIS-Störung. Sina ist auch der Grund warum wir hier sind aber falls es in Ordnung ist, ich möchte darüber nicht reden." erklärte ich ihr freundlich und sie nickte verständnisvoll. "Du bist mit Alex in einem Zimmer oder?" fragte sie lächelnd worauf ich nur nickte. "Sei ein wenig vorsichtig. Alex hat, genau wie ich Borderline aber auch wie du diese Störung. Seine Persönlichkeiten sind teilweise nicht ohne. Einer davon hat schon ein paar Pfleger zur Kündigung gebracht und eine Praktikantin ist nach einer Woche selbst eingewiesen worden wegen ihm." erklärte sie mir, doch bevor ich antworten konnte wurden wir alle zum Frühstück gerufen.

Völlig unbegeistert setzte ich mich neben Nadja an den Tisch. Schnell bemerkte ich, dass sie genauso ungern aß wie ich. Allerdings waren die Pfleger davon nicht beeindruckt. Wir wurden dazu überredet zumindest eine Scheibe Toast zu essen. Im Anschluss stand Gruppentherapie an. Wir saßen alle in einem Stuhlkreis, wie in der Grundschule. Es waren einige verschiedene Personen anwesend. Einige mit coolen Haarfarben, so wie ich. Andere sahen einfach fertig aus. Der Psychologe saß direkt gegenüber von mir. Nadja neben mir und Alex ein paar Stühle weiter.

Der Psychologe begann die Stunde damit Alex und mich zu fragen mit wem er heute denn das Vergnügen hätte, damit er wüsste mit wem er sprach. Ich sagte dass ich anwesend war, doch Alex nicht. Er sagte einen anderen Namen. Mikey wenn ich es richtig verstand. Ich hörte wie Nadja scharf einatmete und sah sie verwirrt an. "Das ist der, von dem ich vorhin erzählt hab." flüsterte sie. Ich sah ihn neugierig an doch er starrte abwesend auf den Boden. "Okay, wie wäre es wenn wir heute über unsere glücklichste Erinnerung reden? Damit meine ich eine Situation die uns besonders glücklich gemacht hat, egal wie es danach war." sprach der Psychologe und rief einzeln die Leute auf.

Irgendwann sagte er meinen Namen. Ich dachte kurz nach bevor ich antwortete. "Meine glücklichste Erinnerung war ein Date mit einem Mädchen. Wir saßen draußen in der Nähe einer alten Eisenbahn auf einer Bank. Es war unser erstes Date und wir waren beide sehr schüchtern. Sie bastelte mir eine Gänseblümchenkrone." erzählte ich mit monotoner Stimmlage. "Oh das ist wirklich schön. Ist sie deine Freundin?" fragte der Psychologe freundlich nach. Ich konnte nicht antworten und schüttelte einfach den Kopf. Wir waren nie zusammen. Sie entschied sich nach einer Weile einfach den Kontakt abzubrechen und war mittlerweile in einer Beziehung mit einem anderen Mädchen.

Als nächstes war Alex an der Reihe, oder besser gesagt Mikey. Er schwieg einige Minuten lang bevor er aufstand und den Raum wortlos verließ. Ich hörte den Psychologen seufzen bevor er einfach fortfuhr. Nach der Stunde ging ich in mein Zimmer. Ich sah ihn in seinem Bett liegen, Kopfhörer in den Ohren und einen mp3-player auf der Brust liegen. Ich fragte mich welche Musik er wohl hörte. Allerdings traute ich mich nicht nachzufragen. Ich legte mich in mein Bett und fing an ein Buch zu lesen, wodurch ich mein Umfeld vergaß.

Ich zuckte heftig zusammen als ich aus dem nichts von einem kleinen Axolotlplüschtier getroffen wurde. Geschockt sah ich zum Bett gegenüber. Er saß dort und starrte mich emotionslos an. "Was soll das jetzt bitte?" fragte ich genervt nach doch bekam keine Antwort. Angefressen rollte ich mit den Augen und konzentrierte mich wieder auf mein Buch. Doch nach ein paar Sekunden flog das nächste Plüschtier in meine Richtung. "Was ist?!" rief ich langsam sichtlich genervt doch als ich ihn ansah, bemerkte ich dass er grinste.

"Du bist ein kleiner Fruchtzwerg." trällerte er, bevor er sich grinsend wieder ins Bett legte. Völlig verwirrt von der Aktion starrte ich ihn an. "Wie bitte?" ich versuchte herauszufinden was genau ihm das jetzt gebracht hatte, doch er packte sich wortlos die Kopfhörer zurück ins Ohr und ignorierte mich. Ich seufzte tief bevor ich versuchte mich wieder auf mein Buch zu konzentrieren. Dies fiel mir jedoch sehr schwer also stand ich auf und ging auf den Innenhof um eine zu rauchen.