39 | IVETE

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Ein dumpfer Schmerz pocht in meinem Schädel, als ich die Augen öffne. Die ersten Strahlen der Morgensonne fallen durch die dünnen Vorhänge und tauchen den Raum in ein sanftes Licht. Ein Raum, dessen helle Einrichtung und hochmoderne Ausstattung mir sofort ins Auge fallen, den ich aber nicht kenne. Das Bett, in dem ich liege, ist ein großzügiges Kingsize-Bett mit einem eleganten Baldachin.

Die zweite Hälfte des Bettes sieht ungenutzt aus. Ich bin allein. Und gefesselt. Meine Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt, weil meine linke Hand mit Handschellen an einen der Pfosten des Bettes gekettet ist.

Blinzelnd versuche ich, meine Gedanken zu ordnen. Anders als nach der Gala kann ich mich sofort wieder an alles erinnern. Sascha hat nicht gelogen und mir offenbar wirklich nur ein Schlafmittel verabreicht. Eine Tatsache, die mich zunächst beruhigt und mir dann den nötigen Adrenalinschub gibt, um vollends aufzuwachen. Ein kurzer Blick unter die dünne Decke, die über mir ausgebreitet ist, beruhigt meine Nerven ein wenig. Ich trage noch mein Kleid. Es ist zerknittert und vom Schlaf verrutscht. Aber im Grunde scheint alles an seinem Platz zu sein.

Ich ziehe an den Handschellen, aber sie geben keinen Millimeter nach. Ein metallisches Klicken begleitet meine Bewegung. Wie ein Startsignal öffnet sich die Tür und Sascha betritt den Raum.

Sofort richte ich mich auf - wenig elegant und so schnell es mit gefesselten Händen geht. Auf keinen Fall will ich ihm in dieser hilflosen Lage gegenübertreten. Allein der Gedanke, dass er mich bewusstlos und willenlos hierher gebracht hat, jagt mir eine Gänsehaut über den Körper.

»Guten Morgen«, begrüßt er mich.

Ich erwidere den Gruß nicht, sondern murmele in meiner Muttersprache ein paar unfreundliche Verwünschungen.

Sascha neigt den Kopf. »Ich sollte wohl besser nicht wissen, was du mir jetzt an den Kopf geworfen hast.«

Angriffslustig recke ich das Kinn und schaue ihm direkt in die Augen. »Oh, ich kann es dir sehr gerne ins Englische übersetzen. Oder vielleicht Russisch? Die Sprache beherrsche ich zwar nicht so fließend, aber sinngemäß schaffe ich das bestimmt«, sage ich mit einem provozierenden Unterton in der Stimme.

Er lacht leise und winkt amüsiert ab. »Danke, aber kein Interesse. Ich mag deinen Kampfgeist, Ivete, wirklich. Aber den solltest du dir für Seay aufheben. Wie sieht's aus? Soll ich dich ins Bad lassen, damit du dich frisch machen kannst, oder willst du lieber weiter provozieren und deine Kräfte hier vergeuden?«

Sein Tonfall ist freundlich, aber ich spüre die unterschwellige Drohung in seinen Worten. Mein Blick wandert kurz zur verschlossenen Badezimmertür, bevor ich wieder zu ihm schaue und zähneknirschend nicke. Meine Blase drückt und ich würde jetzt alles tun, um mich frisch machen zu können.

Das Bad hat kein Fenster und ist auch sonst sehr spartanisch eingerichtet. Wahrscheinlich hat Sascha vorsorglich alles weggeräumt, was irgendwie als Waffe dienen könnte. Und er muss gründlich gewesen sein, sonst hätte er mir nicht die Handschellen abgenommen und mich hier allein gelassen.

Nachdem ich die Toilette benutzt habe, lehne ich mich an das Waschbecken und betrachte mich in dem riesigen Spiegel. Meine Haut ist blass und fahl. Die Prellung an der Wange, die ich mir gestern zugezogen habe, leuchtet inzwischen in allen Farben des Regenbogens. Unter meinen Augen zeigen sich dunkle Ringe, die durch das verschmierte Make-up, das ich für den Termin in San Diego aufgetragen habe, noch verstärkt werden. Über meine Haare brauchen wir gar nicht erst zu reden. Die Locken machen sowieso immer, was sie wollen, aber jetzt scheint auf meinem Kopf die totale Anarchie zu herrschen. Kurzum: Ich sehe genau so aus, wie ich mich fühle.

Ich greife zu der Zahnbürste, die verpackt auf der Ablage liegt und putze mir die Zähne. Dann lasse ich kaltes Wasser ins Waschbecken laufen und spritze es mir ins Gesicht, in der Hoffnung, die Müdigkeit und Erschöpfung wenigstens für einen Moment abwaschen zu können. Doch das Wasser erfrischt nur kurz. Das Gefühl der Beklemmung und Bedrohung bleibt. Mit etwas Seife entferne ich die verschmierte Farbe, greife nach einem Handtuch und tupfe mein Gesicht trocken. Und dann sehe ich zumindest einigermaßen aus, als wäre ich dem gewappnet, was mich erwartet.

Unbekannter Gegner (Drei Fragezeichen Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt