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Hailey

Er war ewig schon weg. Ich machte mir Sorgen, dass er diesmal doch mehr Probleme hatte zurück zu kommen? Oder war er einfach abgehauen?

Ich stützte mich gerade auf dem Couchtisch ab um aufzustehen als ich Schritte auf der Veranda hörte. Ich stellte mich aufrecht, um nicht halb gebückt über dem Tisch vor ihm zu stehen, während er den Flur mit meinem Koffer betrat. Als er mich sah, stellte er den Koffer sofort ab und eilte zu mir.
„Du solltest doch sitzen bleiben!"
Er drückte mich wieder nach hinten auf die Couch, wodurch ich keine andere Wahl hatte als mich zu setzen.
War das gerade Sorge auf seinem Gesicht? Nein das kann nicht sein.

„Es tut mir leid... Ich hatte nur schauen wollen ob bei dir alles in Ordnung ist."
Ohje! Ich hätte eine andere Ausrede nutzen sollen. Sowas wie „Ich musste dringend auf Toilette.", aber natürlich fällt mir sowas immer erst hinterher ein.

Er schaute mich mit einem eisernen Blick an und begann dann zu sprechen.
„Ich habe dein Auto gesehen. Kein Wunder, dass du nicht zum Haus gekommen bist! Es ist maximal für den Stadtverkehr geeignet. Definitiv nicht für das Umland. Außerdem kannst du da unten nicht stehen bleiben. Entweder sie werden es abschleppen oder es wird beschädigt werden."

Ich hatte es geahnt! Der vermeintliche Schnapper entpuppte sich als der Ladenhüter den keiner brauchte. Wer bewegt sich bitte nur innerhalb von der Stadt ohne auch nur einmal raus zu wollen?

„Ich hatte es geahnt. Aber ich wusste nicht wohin sonst. Ich werde mich nur für 2-3 Stunden hinlegen und dann kümmere ich mich direkt als erstes in der Früh darum. Schlafen kann ich danach auch noch.... Ich möchte dir aber danken. Ich weiß nicht wie ich mich ausreichend erkenntlich zeigen kann für deine Hilfe! Ich war wirklich verzweifelt vor allem nachdem ich umgeknickt war. Ich danke dir vielmals! Ähm... vielleicht darf ich dich mal zum Essen einladen als ..."
„Nein das wird nicht notwendig sein!" unterbrach er mich mit Nachdruck. Ich zuckte zusammen und senkte den Blick.

„Das war selbstverständlich, dass ich dir ins Haus geholfen hatte. Das Haus gehört meiner Schwester und ich helfe ihr immer mit den Mietern des Hauses. Die gleiche Situation hatten wir erst vor kurzem. Gehört somit quasi zum Service. Außerdem könnte meine Schwester Probleme bekommen wenn ihre Mieter die Kreuzung unten blockieren. Daher habe ich einen Vorschlag. Ich nehme den Wagen heute mit, stelle ihn um auf einen richtigen Parkplatz und kümmere mich morgen früh direkt darum, dass der Wagen ausgetauscht wird. Wir haben Kontakte zu den Autovermietungen daher ist das nur ein Anruf."

Während er sprach war ich erstmal erstaunt wie viel er doch reden kann. Bisher war er so wortkarg, obwohl er diese unfassbar schöne Bass Stimme hatte! Doch direkt im Anschluss an mein erneutes abdriften begriff ich, was er da gesagt hatte.

Meine aufgeflammte Hoffnung wurde im Keim erstickt. Er machte all das tatsächlich aus Pflichtgefühl. Ich war quasi ein Kunde und er macht nur seinen Job. Wahnsinn wie man so naiv sein kann!
Natürlich bin ich dennoch unendlich dankbar das er mitten in der Nacht auftauchte aber er hatte klar gestellt das keinerlei Interesse seinerseits besteht und meine Einladung hat er ja auch direkt unterbrochen und abgelehnt.

Nun erklärten seine Familienverhältnisse auch warum er wusste wo der Schlüssel versteckt war.

„Oh ich wusste nicht, dass das Haus deiner Schwester gehört. In Ordnung ich danke Ihnen sehr. Wenn das so ist dann werde ich mich natürlich mit einem entsprechenden Trinkgeld erkenntlich zeigen. Es tut mir sehr leid, dass du so schwer tragen musstest in meinem Fall." oh Gott das letzte hätte ich weglassen sollen. Bevor er noch etwas entgegnen konnte fuhr ich fort „Das mit dem Auto wäre ehrlich gesagt ein Traum. Ich wusste noch nicht wie ich da vorgegangen wäre. Wenn es keine zu großen Umstände wären, würde ich dazu gerne erneut deine Hilfe in Anspruch nehmen. Danach bin ich aber sicher durch und werde dir nicht mehr zur Last fallen. Tut mir sehr leid für die viele Extra Arbeit die ich dir aufbrumme."

Ich hatte das Gefühl, dass er etwas sagen wollte, denn er holte tief Luft, jedoch atmete er im Anschluss lang aus und verblieb stumm.
Ich nickte und begann erneut aufstehen. Mein Fuß tat immer noch sehr weh doch ich konnte mich an dem Tisch und später an der Wand halten, wodurch mir das Gehen leichter viel.

Ich sah, dass er einen Schritt in meine Richtung ging und den Arm bereits ausstreckte, aber ich hob die Hand um ihn in seiner Bewegung zu stoppen. „Es geht schon. Vielen Dank!"

Ich nahm meine Handtasche und suchte nach dem Autoschlüssel den ich ihm reichte. Unsere Finger berührten sich dabei leicht und erneut spürte ich dieses Kribbeln. Es breitete sich in meinem Körper wie eine Welle aus. Ich spürte wie es in meinen Fußspitzen endete und schloss für eine Sekunde meine Augen aus Reflex.
Schnell öffnete ich sie erneut und hoffte stark, dass er das nicht mitbekommen hat.

Er drehte sich ohne Kommentar bereits wieder Richtung Haustür und ging auf sie zu. Kurz vor der Tür blieb er zögernd stehen und drehte sich langsam wieder um. „Kann ich dir noch irgendwie helfen? Dich vielleicht hoch bringen oder sonst irgendwie?"
Ich war erstaunt wie rücksichtsvoll er ist jedoch wollte ich nicht noch weiter in seiner Schuld stehen. Irgendwann sollte er auch Feierabend haben.
„Nein alles gut ich schaffe das schon. Mein Fuß fühlt sich auch schon viel besser an! Ich danke dir dennoch!"

Ich sah sein Zögern und er blickte auf meinen in der Luft schwebenden Fuß, während ich mich weiterhin an der Wand abstützte. Er runzelte die Stirn und kam wieder 2 Schritte auf mich zu, bückte sich und nahm meinen schweren Koffer mit Leichtigkeit wieder hoch. „Ich werde nur noch schnell deinen Koffer die Treppen hoch ins Schlafzimmer tragen. Danach bin ich direkt weg."

Ich konnte nichts mehr erwidern denn er eilte schon hoch. Eine Tür öffnete und schloss sich als er auch schon wieder die Treppe herunter kam.

Er blieb erneut kurz stehen und schaute mich zögernd an und ich kann nicht erklären, wie sehr mich dieses Zögern umbrachte.

„Auch dafür nochmals vielen Dank! Ich hätte ihm vermutlich erstmal hier unten gelassen."
„Sicher, dass ich dich nicht hoch begleiten soll?"
„Ja ganz sicher. Mir geht es gut. Vielen Dank!"
„In Ordnung. Dann gehe ich jetzt... Morgen sollte sich dann die Autovermietung bei dir melden. Danke für dein Vertrauen."
Beim letzten Satz schwenkte er mit dem Autoschlüssel und bevor ich auch nur ein Wort sagen konnte war er bereits durch die Tür verschwunden und zog diese zu.

Ich blieb stehen und schaute sicherlich noch 10 Minuten auf diese Tür und wusste nicht wie ich reagieren sollte. Er hatte recht! Ich habe einfach einen fremden Menschen vertraut! Ich habe in seinen Armen gelegen, ihn ins Haus gelassen, ihn mit all meinen Habseligkeiten allein gelassen und ihm nun auch noch den Schlüssel für meinen Mietwagen gegeben! Bin ich denn vollkommen verrückt?

Ich weiß ich hatte eine Versicherung inklusive und ich hatte auch was gelesen davon, dass Diebstahl auch abgesichert sei. Aber war es überhaupt Diebstahl wenn ich den Schlüssel freiwillig abgegeben hatte?

Meine Güte war was nur los mit mir? Dieses warme Gefühl, dieses Kribbeln und diese Geborgenheit die ich spürte waren einfach unglaublich. Sowas hatte ich noch nie gespürt! Oh man! Aber was auch immer es war, es war ganz offensichtlich nur ein einseitiges Empfinden. Ich muss das vergessen. Daher ist es vermutlich auch gut so, dass ich ihn wohl nicht mehr wiedersehen würde.

Ich hoffte nur ich würde das Auto wiedersehen.

Frozen MateWo Geschichten leben. Entdecke jetzt