Epilog

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Hailey
10 Jahre später

Ich lief weg. Rannte durch den Wald und suchte nach einem geeigneten Versteck.
Es musste besonders gut sein, sonst würde sie mich finden.
Ich hockte mich in mein Versteck und versuchte möglichst flach zu atmen, damit sie mich nicht hören könne. Es war kalt und der Schnee war überall. Doch nach meinen 10 Jahren hier in Norwegen hab ich mich an die Kälte gewöhnt. Ich musste immer wieder lachen wenn ich den Song der Eiskönigin im Kopf summte. „... die Kälte sie ist nun ein Teil von mir..."
Doch jetzt durfte ich nicht summen. Sonst würde sie mich sofort finden.

Ich wartete und versuchte zu hören, ob sie in der Nähe war.
Plötzlich tauchte ein Gesicht vor mir auf.
„Hab dich Mom! Das war viel zu leicht! Du musst dich nochmal verstecken!"
Meine 8 jährige Tochter sprang mir in die Arme und lachte. Ich küsste sie auf den Kopf und stimmte in ihr Gelächter ein. Sie war so ein hübsches Kind, so gütig und so fleißig. Vor allem aber hatte sie einen wahnsinnig guten Geruchssinn. Agnar sagte, sie würde einmal eine der besten Fährtenleserinnen werden die das Rudel je gesehen hat. Also versuchten wir sie zu fördern, indem wir immer wieder solche kleinen Versteckspiele spielten.

„Aurora mein Schatz! Wir haben keine Zeit mehr. Dein Dad und dein Bruder kommen gleich nach Hause und wir müssen noch schnell das Chaos von der Backaktion wegräumen. Nicht das sie der Schlag trifft wenn sie nach Hause kommen!

„Aber dafür bekommen sie Kuchen!"

Ich lachte und stimmte ihr zu. Dennoch liefen wir Hand in Hand gemeinsam durch den Wald zurück nach Hause.
Als wir die Tür öffneten hörten wir lautes Gepolter und Gelächter. Wir zogen uns die Schuhe aus und liefen in die große offene Küche. Mein Mann und mein Sohn Kyrre wischten gerade über die Theke und sahen hoch zu uns.

„Oh ihr seid schon da. Es tut mir leid! Wir wollten euch mit Kuchen überraschen, mussten aber noch ganz dringend eine Runde verstecken spielen."

„Wir bekommen Kuchen und haben dafür schnell die Küche aufgeräumt. Ein Gewinn für uns alle." sagte mein geliebter Mann.

Er kam zu mir und nahm mich in den Arm um mich zu küssen.
Unser Kuss wurde von zwei quietschenden angeekelten Kindern quittiert.
Sowohl Agnar als auch ich mussten laut lachen.

Wir setzten uns gemeinsam auf das Sofa und aßen gemeinsam unseren Kuchen und erzählten vom erlebten Tag.

Kyrre war nach der Schule bei seinem Vater. Er ist erst 10 Jahre alt und doch arbeitet er bereits daran, der nächste Alpha dieses Rudels zu werden. Er versucht so viel Zeit mit Agnar zu verbringen wie es nur geht.
Mir ist es manchmal bereits zu viel. Immerhin ist er mein kleines Baby. Aber er ist so wissbegierig, dass ich ihm da kein Riegel vorschieben will.
Ich hab nur einige Regeln aufgestellt, welche Themen er mitbekommen darf und welche nicht.
Denn vieles womit Agnar zu tun hat, ist ganz bestimmt nichts schönes.

Vor 10 Jahren hat er eine Kindheitsfreundin von ihm getötet, weil sie mich entführt und gefoltert hatte.
Sowas sollte mein Baby nicht mitbekommen.
Er kam sehr nach seinem Vater. Er ist mit seinen 10 Jahren schon größer als seine Freunde und stärker als sie. Er sieht ihm auch vom Gesicht her so ähnlich, dass man fast denken könnte wir hätten Copy and Paste gemacht. Nur, dass er meine grünen Augen.

Bei Aurora war es genau andersrum. Sie sah aus wie ich. Sie hatte meine braunen Locken geerbt doch Agnars blaue Augen. Sie war wunderschön.
Agnar erzählt mir ständig, dass er niemals zulassen wird, dass jemand sie ansehen wird. Außer ihrem Gefährten. Selbst den will er genau unter die Lupe nehmen, bevor er sie markieren darf.

Er ist der Beschützer unserer Familie und ein gerechter Alpha für unser Rudel.
Als ich Luna wurde, fiel mir es erst noch schwer, die aufgekommenen Muttergefühle zu verstehen. Doch jetzt könnte ich nicht glücklicher sein. Ich hatte eine kleine eigene Familie, die von einem großen Rudel ergänzt wird.
Ich war immer für jeden im Rudel da und war oftmals die erste Anlaufstelle für Probleme oder Wünsche.
Meistens vermittelte ich dann weiter an Agnar, wenn ich nicht helfen konnte. Doch gerade die jungen Frauen des Rudels bevorzugten es mir mit zu sprechen.
Ich fühlte die Liebe die jedes Rudelmitglied mir gegenüber hegte und fühlte mich so wohl wie nie.

Meine Mutter ist mittlerweile in ein anderes, größeres Haus, im Rudel gezogen. Denn so erstaunt ich auch sein konnte, so traf sie hier auf ihren Gefährten. Es war ein alleinlebender Wolf, dessen gewählte Gefährtin vor einigen Jahren, bei einem Angriff gestorben war. Er hatte niemals damit gerechnet jemals seine wahre Gefährtin zu finden. Umso glücklicher waren sie nun. Ich freute mich unendlich für sie und war dankbar, sie bei mir zu haben. Sie war mir mit den Kindern, vor allem in den ersten Jahren, eine große Hilfe wenn Agnar für das Rudel unterwegs war.

Meine Mutter und Agnars Tante waren quasi im ständigen Austausch wer die Kinder heute betreut solang Agnar und ich mit Rudelangelegenheiten beschäftigt waren.
Wie überrascht ich damals doch war als ich Hannah, Agnars Tante, erneut getroffen hatte. Niemals habe ich gedacht, dass ich die Frau aus dem Flugzeug, die deren Hand ich gehalten hatte, tatsächlich wiedersehen würde. Mir bewies es wie klein die Welt doch sein kann. Außerdem auch wie viele Schicksalstreffen wir haben können, denen wir erstmal keinerlei Bedeutung zumessen, die später aber einmal an Wichtigkeit gewinnen.
Hannah sagte ihr Wolf hätte ihr bei unserem Treffen sofort gesagt, dass ich Familie sei. Sie war sich sicher, dass sich unsere Wege erneut kreuzen würden.

Und ich? Ich könnte nicht glücklicher und nicht selbstsicherer sein. Ich war mein Leben lang unsicher und ohne großes Selbstbewusstsein. Ich hatte jeden Tag all die bösen Kommentare und Worte im Ohr die ich immer wieder gehört hatte.
Doch jetzt? Ich wusste genau wer ich bin und ich war stolz auf das was ich erreicht hatte.
Agnar war der erste Mensch, der mir tatsächlich glaubhaft machen konnte, dass er mich attraktiv fand. Er sagte es mir jeden Tag mehrfach. Fast immer wenn er mich sah und irgendwann fing ich an ihm zu glauben.
Außerdem sagte er es mir nicht nur sondern er zeigte es mir auch. Ich habe niemals gedacht, dass man ein so erfülltes Sexleben haben könnte. Wir hatten auch heute noch, nach 10 Jahren, jeden Tag mindestens einmal Sex und es wurde niemals langweilig.

Ich zweifelte nicht mehr an mir selbst, weil niemand sonst an mir zweifelte.

Ich wusste genau, dass ich genau an dem Ort war, der immer für mich vorgesehen war und ich war furchtbar stolz auf meinen Weg und mein Leben.

Eine Sache an die ich mich aber nicht gewöhnen konnte und auch nicht wollte waren die Nordlichter. Die Aurora borealis waren mir so wichtig geworden, dass ich meine Tochter nach ihnen benannte.
Sie waren hier quasi Normalität, aber ich konnte es mir nicht verkneifen jedes Mal voller Staunen vor die Tür zu rennen. Diese Farben und die Bewegung darin, war immer wieder von neuem ein Wunder für mich. Es war als würden sie mich dafür belohnen. Belohnen für meinen Mut, dass ich damals alleine nach Norwegen flog.

Agnar griff nach meiner Hand und lächelte mich liebevoll an.
Nichts würde uns jemals auseinander bringen können.

Oh wie sehr freute ich mich auf unser weiteres Leben.

Frozen MateWo Geschichten leben. Entdecke jetzt