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Die nächsten Tage liefen unterschiedlich gut. Es war weiterhin toll, Zeit mit Colin zu verbringen, doch Noah war zu überheblich gewesen und hatte im Karatekampf gegen Joyce verloren. Es war ein schreckliches Gefühl, Colin enttäuscht zu haben, auch wenn der das niemals so sehen würde. Noah war sowieso nur für Colin angetreten, obwohl er nicht in seinem Team war und es ihm relativ egal war, ob Joel einen Platz im Share Space hatte oder nicht. Aber es war eben nicht egal, was mit Colin war und was er über Noah dachte. Noah hatte ihm unbedingt beweisen wollen, dass er gewinnen konnte.

Tja, daraus war nichts geworden.

Auch das Casting für den Zombiefilm, den Noah geschrieben hatte, lief nicht so gut wie erwartet. Colin war dabei stets an seiner Seite, doch ihm fehlten einfach Leute, die schauspielern konnten und wollten. Colin hatte so viel mit seinem Zukunftsmodul zu tun, dass er nicht als Schauspieler mitmachen wollte, aber Noah war ihm mehr als dankbar, dass Colin trotz seiner knappen Kapazitäten am Film mitwirken wollte. Julia brauchte zwar einen zweiten Versuch, doch letztendlich schaffte sie es, die Rolle der Shaya so zu spielen, wie Noah sie sich vorgestellt hatte. Das Liebesgeständnis war ihm mit am Wichtigsten beim ganzen Film, und wenn das nicht richtig rüberkam, konnten sie es gleich lassen.

Noah machte sich nichts vor; er hatte diesen Film, genau wie den ersten, nur für Colin geschrieben. Der Junge hatte ihm so den Kopf verdreht, dass die Worte einfach aus ihm rausgesprudelt kamen beim Drehbuchschreiben. Gut, es gab noch ein paar Zombies drum herum, aber die Hauptaussage war einfach und traf komplett auf ihn zu.

Ich bin verliebt in dich, seit der ersten Sekunde.

Es gab noch einige weitere Probleme und Streitigkeiten beim Dreh mit Julia, doch Noah musste schließlich einsehen, dass es nicht funktionierte, wenn er sowohl Laros spielte als auch als Regisseur fungierte. Er konnte es kaum glauben, als Ava ihm erzählte, dass ihr berühmter Bruder sich bereiterklärt hatte, die Hauptrolle zu übernehmen, doch das erhöhte den Druck natürlich auch nochmal enorm. Kombiniert mit dem sowieso schon stressigen Schulalltag war das nicht allzu förderlich für Noahs Stimmung.

Colin erzählte ihm gerade, was Joel sich noch alles für den 4D-Stuhl überlegt hatte, während Noah versuchte, Hausaufgaben zu machen. Colin bekam ununterbrochen Nachrichten von Joel, die er aber weitestgehend ignorierte.

Nach dem 20. Benachrichtigungston von Colins Handy sah Noah auf und klappte sein Schulbuch zu.

„Weißt du was? Ich mach jetzt einfach gar nichts mehr. Ich boykottierte. Der ganze Stress ist nicht gesund. Schule, Wettbewerb, Film... das ist zu viel. Wir brauchen eine Pause. Ich starre jetzt nur noch die Wand an. Machst du mit?", fragte er Colin hoffnungsvoll, nachdem er sein Bett verschoben und ein Stück freie Wand geschaffen hatte.

Colin hatte ihn amüsiert beobachtet.

„Ich weiß nicht, ob ich das kann. Und Joel braucht mich...", sagte er jedoch zögerlich mit Blick auf sein Handy.

„Schon okay", meinte Noah und versuchte, seine Enttäuschung zu unterdrücken. Er merkte, wie zerrissen Colin aussah. „Geh ruhig zu ihm."

Colin seufzte und verließ das Zimmer. Noah versuchte, sein Gehirn auszuschalten, doch seine Gedanken kreisten wie meistens weiter um Colin. Colin war für ihn sein Ruhepol geworden. Bei niemand anderem konnte er einfach er selbst sein und komplett abschalten. Ohne Colin an seiner Seite war das ganze Nichtstun gar nicht so leicht.

Noah dachte an Freddy, was ihn auch immer runterbrachte, doch bald kamen Erinnerungen an Spaziergänge mit Colin hoch, die einen besonderen Platz in Noahs Herz hatten. Dass Freddy Colin so sehr mochte, war der letzte Beweis für Noah, dass Colin der beste Mensch war, den er je getroffen hatte. Mit ihm war alles besser. Noah konnte einfach nicht genug von ihm bekommen. Er wollte am liebsten immer in seiner Nähe sein. Vor allem wollte er ihm noch näher kommen als sie es bisher waren.

Nach einer überraschend kurzen Zeit kam Colin zurück ins Zimmer und setzte sich wortlos neben Noah auf den Boden.

„Alles okay?", fragte Noah sofort besorgt. Colin sah frustriert aus, winkte aber ab.

„Ach, ist nur Joel. Er will einfach immer mehr und möchte, dass ich nur für unser Projekt lebe. Ist gerade ein bisschen viel", murmelte Colin. Noah lehnte sich leicht gegen ihn und hoffte, dass er so ein wenig Trost spenden konnte.

„Joel nutzt dich aus", fand Noah. „Du musst mehr auf dich achten und Grenzen setzen."

Colin lachte kurz auf.

„Er nutzt mich nicht aus", widersprach er, klang aber nicht ganz überzeugt.

„Er bezeichnet dich als seinen Jackpot" wandte Noah ein.

„Findest du nicht, dass ich ein Jackpot bin?", grinste Colin und stieß leicht gegen Noah.

„Doch, aber aus anderen Gründen", sagte Noah ruhig. Colin sah ihn überrascht an. Er hatte nach seinem Scherz wohl nicht mit so einer ernsten Antwort von Noah gerechnet.

„Welche?", fragte er vorsichtig.

„Du bist freundlich, klug, hilfsbereit, gutaussehend, ein toller Freund...", begann Noah mit klopfendem Herzen aufzuzählen.

„Witzig", ergänzte Colin und Noah sah ihn stumm an.

„Übertreib nicht", sagte er trocken, bevor sie beide lachen mussten. Einige Sekunden schwiegen sie.

„Findest du das wirklich?", fragte Colin dann leise. Sein Blick huschte zwischen Noahs Augen hin und her. Noah lächelte und beschloss, mutig zu sein.

„Natürlich, Grübchen", sagte er und gab Colin einen kleinen Kuss auf die Wange.

Direkt darauf verließ ihn der Mut wieder.

„Ich geh jetzt trainieren", sagte er, noch bevor Colin reagieren konnte. Eilig stand er auf und verließ das Zimmer.

Oh Gott. Hoffentlich war das nicht zu viel gewesen.

Never enough | NolinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt