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Es war eine Woche vergangen nach dem letzten Gespräch mit Kenan.

Gelangweilt saß ich in der Vorlesung und kritzelte irgendwas in mein Notizbuch. Plötzlich vibrierte mein Handy und unauffällig sah ich mir die Nachricht an. Sie war von Mina.

"Können wir uns vor der Uni treffen? <3" Wieso beunruhigte mich die Nachricht so?

"Klar, <3" schrieb ich ihr zurück und wartete ungeduldig, bis die letzte Stunde vorbeiging.

Als diese dann auch zu Ende war, ging ich aus der Uni und sah Mina mit Mert. Jetzt war ich aber gespannt.

"Heyy." grüßte mich Mina und umarmte mich. Mert gab mir die Hand und lächelte.

"Hey. Was ist los?" fragte ich neugierig.

"Es geht um Kenan." sprach Mert.

"Ich weiß, ihr habt eure Differenzen gerade, aber ich kann ihn seit letzter Woche nicht erreichen und ich mache mir Sorgen." fügte er hinzu.

Ich sah ihn mit zusammengezogenen Augen an und bekam Schulgefühle. Ich hatte ihn ja angeschrien und gebeten, einfach wieder zu verschwinden.

"Okay, und was hat das mit mir zu tun?", fragte ich und verschränkte meine Arme vor meiner Brust.

"Wenn du zu ihm gehen würdest, würde er mit dir reden. Als ich bei ihm zu Hause war, hat keiner aufgemacht und ich weiß, dass er sich zurückgezogen hat."

"Dir ist schon klar, dass ich ihn selber nicht sehen will, oder?"

"Bitte Aylin.", bat mich nun Mina.

"Es tut mir leid, Mert, aber regel das selber" meinte ich nur und drehte mich um, um zu gehen.

"Weißt du, was das Erste war, was er zu mir gesagt hat, als ihr euch wieder gesehen habt?", rief Mert mir hinterher. Ich blieb schlagartig stehen und drehte mich um.

"Er hat gesagt, wie sehr er es bereut, einfach gegangen zu sein, denn er hat dich verloren. Mit einer der wichtigsten Personen in seinem Leben." Er kam auf mich zu.

"Glaub mir, wenn ich dir sage, dass er nur von dir geredet hat im Fußball Camp."

Ich blieb für einen Moment stehen, um diese neuen Informationen aufzunehmen. Er hatte über mich geredet. Das hieß, er hatte genauso über mich gedacht wie ich über ihn.

"Schick mir seine Adresse, ich fahre hin." meinte ich und ging zu meinem Auto.

Keine Ahnung, ob das jetzt eine dumme Idee war, zu ihm zu fahren, aber ich fühlte mich irgendwo auch schlecht. Ich wusste ja nicht mal, was ich zu ihm sagen sollte. Als ich in meinem Auto saß, bekam ich schon eine Nachricht von Mert. Ich gab die Adresse in mein Navi ein und fuhr los.

Ungefähr 20 Minuten später kam ich bei ihm an. Sein Haus war riesig und schön, aber dies wunderte mich auch nicht. Kenan hatte schon immer einen guten Geschmack. Unsicher näherte ich mich der Tür und klingelte. Plötzlich ging die Tür auf und eine ältere Dame stand vor mir. Es war nicht seine Mama, denn ich kannte seine Familie ja schon.

"Hallo, ist Kenan da?", fragte ich verunsichert, jedoch mit einem Lächeln.

"Hallo, ja ist er. Du bist sicher, Aylin" antwortet sie und lächelte zurück. Verwundert nickte ich und betrat das Haus. Wieso wusste sie, wer ich bin?

"Kenan hat nicht übertrieben, als er meinte, dass du wunderschön bist" Scheint so, als würde er mit jedem über mich reden.

"Danke, sehr lieb von Ihnen." bedankte ich mich.

"Sein Zimmer ist oben, dritte Tür rechts."

Erneut bedankte ich mich und ging die Treppen hoch. Vor seiner Tür blieb ich einige Sekunden stehen, da ich irgendwie sehr nervös war. Jedoch raffte ich mich zusammen und klopfte sanft an seiner Tür. Da ich keine Antwort bekam, entschied ich mich, hereinzugehen. Mit kleinen Schritten betrat ich Kenans Zimmer. Das Erste, was mir auffiel, waren seine Auszeichnungen vom Fußball. Langsam schloss ich die Tür hinter mir zu und sah, dass er mit geschlossenen Augen auf seinem Bett lag.

"Hey", sagte ich leise, denn ich war mir nicht sicher, ob er schlief. Schlagartig öffnete er seine Augen und sah mich mit großen Augen an. Schnell richtete er sich auf.

"Hey. Dich habe ich nun wirklich nicht erwartet." meinte er und es klang so, als wäre er froh, dass ich hier sei.

"Ehh ja, Mert war sehr besorgt um dich und bat mich nach dir zu sehen." Die Stimmung war so unangenehm. Er gab ein leises "Oh" von sich und sah auf seine Hände.

"Ich habe mir auch Sorgen gemacht, na ja ich habe dich angeschrien und fühl mich schlecht deswegen." Er richtete seinen Blick wieder auf mich und gab mir ein kleines Lächeln.

"Ich habe es verdient, also brauchst du dich nicht schlecht zu fühlen." Er machte Platz neben sich. "Komm, setzt dich." fügte er noch hinzu.

Ich setzte mich neben ihn aufs Bett und spielte mit meinen Fingern.

"Kenan, ich will, dass du weißt, dass ich dir schon lange verziehen habe. Auch wenn es nicht den Anschein hat. Es war komisch, dich einfach so unerwartet wiederzusehen, da sind unerklärliche Gefühle hochgekommen. Auf einmal war ich wütend und traurig, es war ein Gefühlschaos." Kenan saß still da und hörte mir aufmerksam zu.

"Kurz bevor mein Vater gegangen ist, hatte er wieder einen Wutanfall. Er hat herumgeschrien und mich gepackt und ..."

"Warte, dein Vater hat dich geschlagen?" Er kam näher zu mir, ich sah ihn seine Wut an.

"Er war nur so wütend auf alles und jeden. Da ich meistens zu Hause war, habe ich es abbekommen, aber..." wieder unterbrach er mich.

"Also willst du mir sagen, dass es öfter vorgekommen ist." Er ballte seine Hände zu Fäusten und sah mir tief in die Augen.

"Ein paar Mal. Deshalb war ich auch so eingeschüchtert, als du mich angeschrien hast. Es erinnert mich daran, als mein Vater mich immer angeschrien hat. Aber das konntest du nicht wissen."

"Wieso hast du mir das nie erzählt?"

"Was hätte es sich gebracht? Er wäre noch wütender geworden und das hätte es schlimmer gemacht."

Es herrschte einige Zeit stille zwischen uns und wir sahen uns nur an.

"Immer wenn du mich mit deinen großen Augen anschaust, werde ich schwach.", sagte er plötzlich und ich musste grinsen.

"I-ich sollte gehen." stotterte ich, was ihn zum Lachen brachte. Wie sehr ich dieses Lachen vermisst habe.

Ich stand auf und stellte mich vor ihn. Kenan saß noch auf seinem Bett und obwohl ich stand, war er nur ein bisschen kleiner als ich.

"Ach yesil gözlüm ... wir sehen uns irgendwann", sagte ich und drückte ihn.


Yeşil GözlümWo Geschichten leben. Entdecke jetzt