3- Wiedersehen

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                                  Lynn's POV:

Sofort stellte Rue ihren Tee wieder hin, den sie eben erst in die Hand genommen hatte.

„Hey Leute, ich bin früher zuhause da-", fing er an zu reden während er ins Wohnzimmer lief. Als seine Augen aber auf die von Rue trafen, hörte er sofort auf.

Er schien sie sofort zu erkennen, denn er rannte schon förmlich auf sie zu.

„Rue!", Corbin schloss, das nun aufgestandene Mädchen, sofort in seine Arme.

Am Anfang stand sie nur erschrocken da und bewegt sich nicht. Sie zuckte sogar leicht zusammen als er seine Arme um ihre schultern legte, dann aber, schlang sie ihre Arme um ihren Bruder.

„Rue", seufzte er. Und eine kleinen Moment lang, dachte ich, dass er am weinen ist.

Doch dann lies er abrupt von ihr los und schaute sie an. „Wieso bist du hier? Wo zur Hölle sind Mom und Dad?"

Nun schien sich ein Schalter bei Rue umzulegen, denn sie trat einen Schritt zurück und schauten ihn wütend an.

„Fünf Jahre. Fünf verfickte Jahre und das erste was du zu mir sagst ist ,was zur Hölle machst du hier' und ‚wo sind Mom und Dad'?!"

„Du solltest nicht hier sein. Also, wo sind sie?". So emotionslos habe ich Corbin noch nie erlebt. Und Rue sah so aus als wenn sie jeden Moment anfangen würde zu weinen.

Ich lief langsam auf Corbin zu und legte meine Hand in seine.
„Schatz, rede bitte nicht so. Sie ist eben erst gekommen. Wir können in Ruhe darüber sprechen"

Er schloss für einige Sekunden seine Augen und atmete tief durch.

„Rue, sie sind nicht hier, oder? Ich muss es wissen", langsam öffnete er sie wieder und schaute Rue tief in die Augen.

„Nein", war ihre kurze Antwort.

Fuck!"

„Corbin! Was ist los mit dir! Seit wann redest du
so?!", nun war ich diejenige die wütend war. Seine Schwester ist 17 Stunden von Arkansas nach Pennsylvania gekommen und alles was er macht ist rum fluchen?

„Du verstehst das nicht Baby. Sie ist abgehauen, nicht war Rue?"

Rue schaute verlegen nach unten.

„Wenn meine Eltern nicht wissen das sie hier ist, kann ich ganz schönen Ärger bekommen. Sie kann ganz schönen Ärger bekommen. Denn Rue ist abgehauen"

Nun schaute Corbin meine Brüder an und richtete seine nächsten Worte an sie.
„Joey, Zayn, geht bitte nach oben"

Auch wenn Zayn etwas sagen wollte, stand er ohne ein weiteres Wort auf und verschwand mit Joey die Treppe hoch.

Als sie verschwunden waren setzte sich Corbin auf das Sofa und stützte seine Ellenbogen auf seinen Knien ab.

„Rue was hast du getan...". Verzweifelt schaute er sie an. „Bist du in Schwierigkeiten? Ich weiß das Mom und Dad strenge Regeln haben, aber deswegen musst du doch nicht von Zuhause abhauen".

Schockiert schaute Rue ihn an. „Wie bitte? Was hast du denn vor 6 Jahren getan?! Genau dasselbe!",
nun traten ihr Tränen in die Augen.

„Ich hatte meine Gründe!"

Corbin hatte wirklich seine Gründe. Sein Vater war ein Alkoholiker, Corbin zu verprügeln war ein alltägliches Geschehen.
Als ich damals Corbin kennengelernt hatte, war er 15. Wir gingen in den selben Mathe und Geschichts Kurs. Irgendwann kamen wir uns näher und er hat mich gefragt ob ich seine Freundin sein möchte. An diesem Abend hat er mir auch anvertraut, dass sein Vater ihn, eigentlich täglich, schlägt. Aus diesem Grund, habe ich seine Familie auch nie kennengelernt. Auch nicht seine Schwester, Rue.

Als ich dann, ein Jahr später, mit meiner Familie nach Pennsylvania gezogen bin, war es sehr schwer für uns beide.

Ich wollte Corbin in diesem Haus nicht alleine lassen. Also ist er ein paar Wochen nachdem ich umgezogen bin, von zuhause abgehauen. Seit her wohnt er bei mir und meiner Familie.

Joey und Zayn behandeln ihn wie ein Bruder.

Meine Eltern müssen viel arbeiten, aus diesem Grund sind sie nie Zuhause. Deshalb sind wir auch damals hierher gezogen. Meine Großeltern wohnen ein paar Häuser weiter, und da sich meine Eltern nicht wirklich um uns kümmern konnten, haben sie uns dieses Haus hier gekauft, so, dass wenigstens unsere Großeltern einen Blick auf uns haben konnten.

Meine Eltern mochten Corbin vom ersten Augenblick an, sie haben ihm direkt erlaubt hier zu wohnen, unter der Bedingung das er mich nicht schwängert und mir nicht das Herz bricht. Jedes Mal wenn sie in den Ferien für ein paar Wochen nach Hause kommen, bringen sie ihm auch etwas mit.

Er wollte Rue ungern alleine lassen, er hat sie ja im Prinzip aufgezogen. Sie war schon fast wie eine Tochter für ihn, aber er wusste, dass seine Eltern Rue nichts antun würden.
Sein Vater war gewalttätig, ja. Aber er hat immer nur Corbin geschlagen, Rue hat er in Ruhe gelassen.

Und Corbin's einzigste Möglichkeit seine Schwester zu beschützen, war, sie zu verlassen. Corbin hat immer gesagt das sein Vater nur wütend auf ihn wäre, und deshalb auch Rue die ganze Wut abbekommen würde. Und das musste sich ändern. Sie sollte nicht in so einem Umfeld aufwachsen müssen.

Er hat nachdem er abgehauen ist noch Kontakt mit seiner Mutter gehabt. Ohne dem Wissen seines Vaters. Sie hat ihm alle paar Monate Updates zu Rue geschickt, zum Beispiel, dass sie Klassen beste ist und ob sie neue Freunde gefunden hat.
Sie hat ihm versichert das es zuhause mittlerweile viel friedlicher abgeht und sie eine schöne kleine Familie geworden sind. Deshalb ist er auch nie
vorbei gekommen. Er wollte es nicht ruinieren.

„Ich habe auch meine Gründe! Und ich gehe nicht zurück. Ich wollte einfach nur antworten von dir, ich habe nie gesagt das du mich aufnehmen musst! Ich kann gerne wieder gehen. Ich komme ja ganz gut ohne dich zurecht!", sagte sie aufgebracht und fügte noch leise, „Das haben wir ja die letzten 6 Jahre gesehen", hinzu.

Wütend stand sie auf und ging in Richtung Tür.

„Warte!", sofort ging Corbin ihr hinterher. „Es ist fast 21 Uhr und dunkel draußen, du kannst jetzt nicht gehen".

„Oh und wie ich das kann!", konterte sie.

Schnellen Schrittes lief er zur Tür und stellte sich davor. „Ich meine es ernst Rue, du gehst um diese Uhrzeit nicht mehr raus".

„Lass mich raus Corbin! Du willst doch keinen Ärger von Mommy und Daddy bekommen, oder?" mit einem herausfordernden Blick schaute sie zu ihm hoch.

„Geh ins Wohnzimmer und dann reden wir. Du weißt ich meinte das nicht so".

„Ich glaube du hast schon alles gesagt"

„Möchtest du das ich sie anrufe, damit sie dich abholen kommen? Wenn nicht, dann bewegst du jetzt deinen kleinen hintern ins Wohnzimmer und setzt dich hin!"

Leicht erschrocken blickte sie ihn an, dann gehorchte sie ihm aber und lief wieder zurück, an mir vorbei, ins Wohnzimmer.

Bevor Corbin ihr nachlaufen konnte ging ich zu ihm.

„Schatz, bitte bleib ruhig. Du siehst sie nach all den Jahren endlich wieder. Vielleicht ist ja auch etwas passiert?"

„Ich weiß, aber ich will sie nicht in Gefahr bringen. Wenn sie wieder zurück geht und er weiß das sie bei mir war, dann wird er sauer sein. Und das würde nicht gut für sie enden"

Nachdem er das gesagt hatte, presste ich meine Lippen auf seine und schloss meine Arme um seinen Nacken, „So weit wollen wir noch garnicht denken".

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