Choose Love (H.S.)

Kapitel 1

"Gott, es war der beste Abend, EVER!!" rief ich laut in den Himmel, als wir die Lanxess-Arena in Köln verließen. "Boar, auf jeden Fall. Und dieses Outfit!! Ich habe dir gesagt er wird rot tragen!" erinnerte mich Hedda noch einmal an die Worte, die sie mir kurz vor dem Konzert mitgeteilt hatte. Lachend lagen wir uns in den Armen, als uns die kühle Abendsommerluft von Köln entgegenwehte. "Er sah perfekt aus, wie immer!" schwärmte ich und ignorierte das Augenverdrehen von Heddas Freundin, ihre Begleitung fürs heutige Konzert. Vielleicht sollte ich hinzufügen, dass Hedda und ich uns gerade erst seit knapp 6 Stunden kannten?

Vor knapp 3 Jahren hatte ich mir recht spontan ein Ticket für das Harry Styles Konzert in Köln gekauft. Allein. Dabei war ich nicht einmal richtiger Fan, zu mindestens zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Das Konzert sollte im Mai 2020 stattfinden, doch plötzlich kam da so ein Virus, löste eine Pandemie aus und somit waren sämtliche Dinge einfach nicht mehr möglich, unter anderem das bevorstehende Konzert von Harry Styles. Zu dem Zeitpunkt wusste niemand, ob und wann dieses Konzert überhaupt wiederholt werden würde, oder ob man auf den Kosten sitzen bleiben würde. Ich entschied mich damals dafür, die Karte erst einmal nicht zu verkaufen oder an Ticketmaster zurückzugeben. Bezahlt war sie eh schon, also pinnte ich sie an meine Pinnwand in meinem kleinen Arbeitszimmer und versuche das Beste aus dieser echt beschissenen Zeit zu machen.

Irgendwann später kam da irgendwann diese Mail, von Ticketmaster, ein neuer Termin für das Harry Styles Konzert stand fest. Ich musste zugeben, dass ich schon fast vergessen hatte, dass ich dieses Ticket überhaupt noch hatte. Schließlich war es nun fast 2 Jahre her, als ich dieses total überstürzt und auch unüberlegt gekauft hatte. Dennoch war die Euphorie und die Vorfreude sofort wieder entfacht worden und ich konnte es kaum erwarten bis der 22. Juli 2022 endlich Anstand und ich diesen Briten zum ersten Mal live erleben würde. Doch leider erging diese Welle der Euphorie nicht nur mir so. Plötzlich war mein gesamtes Tik-Tok voll mit Harry Videos, Videos von seinen ehemaligen Konzerten, oder seiner Zeit bei One Direction. Wie aus dem nichts entstand ein Riesenhype um seine Person und Tickets wurde plötzlich für das Dreifache und noch mehr verkauft.

Irgendwie kribbelte es in meinen Fingern und auch ich fing an mich mit Harry Styles auseinanderzusetzen, hörte mir seine Alben alle genau an, schaute mir auf Youtube Videos von seinen Konzerten an, Interviews oder irgendwelchen Zusammenschnitte seiner Karriere. Bisher kannte ich nur seine Hits aus dem Radio, Songs wie 'Watermelon Sugar', 'Adore you' oder 'As it was' konnte ich perfekt mitsingen. Doch wenn es um andere Lieder seiner 3 Alben ging, war ich absolut raus, konnte nicht mitsingen oder gar die Melodie mitsummen. Ich war kein Fan, doch als ich mich mehr und mehr mit seiner Person auseinandersetzte, änderte sich meine Meinung recht schnell. Ich verliebte mich in seine Musik, konnte mich damit identifizieren und war dabei ein richtiger Fan zu werden. Auch seine Art und seine Persönlichkeit, die er nach Außen gab, wirkte unglaublich authentisch und sympathisch. Und ja, natürlich sah dieser Kerl auch unglaublich gut aus.

Und so stand ich jetzt hier, mit einem wundervollen Mädchen, welches ich vor dem Konzert am Merchstand kennen und sofort liebengerlernt habe. Wir verstanden uns auf Anhieb gut und ich hatte so eine Vorahnung, dass das hier keine Einmalige Sache bleiben würde. Es war der Moment, wo ich dankbar war, dass ich mich dafür entschieden hatte, allein zu diesem Konzert zu gehen. Keiner meiner Mädels hörte Harrys Musik und hatte somit Lust so viel Geld für eine Karte auszugeben. Verständlich. Wie ich erfahren hatte, war auch Heddas Freundin, Patricia kein Fan und hatte sie nur aus Freundschaft begleitet. Wovor ich wirklich einen Hut ziehe, denn die beiden kamen nicht gerade um die Ecke und mitten in der Nacht noch bis nach Hannover zu fahren, stand jetzt auch nicht auf meinem Wunschzettel. Daher hatten sich für eine Nacht noch ein Hotel gebucht. Ich hatte es da deutlich entspannter, ich brauchte mich nur noch ins Auto zusetzen und war nach knapp 1 Stunde wieder zuhause.

"Wir bleiben auf jeden Fall in Kontakt, okay?" sah ich Hedda etwas wehmütig an, als wir am Parkhaus ankamen, indem mein Auto stand. "Auf jeden Fall!! Bitte melde dich, wenn du zuhause angekommen bist!" strahlte sie mich an und schon umarmten wir uns fest und für einen kurzen Augenblick will ich gar nicht, dass dieser Abend zu Ende geht. Auch wenn ich an diesen Abend eine wundervolle Freundin dazugewonnen hatte, ich hatte dazu mich in einen Mann verliebt, den ich nicht einmal persönlich kannte. Wir hatten Blickkontakt, zu mindestens war es das, was ich mir immer einredete, wenn er in meine Richtung sah. Manchmal hat es eben doch Vorteile Sitzplätze an der Bühne in der ersten Reihe zu haben. Hedda saß leider nicht direkt bei mir, sie hatte einen Block weiter ein bisschen höher ihren Platz mit Patricia. Dennoch genoss ich das Konzert in vollen Zügen, sang jedes Lied laut mit, tanzte und war nach anschließend nass geschwitzt. Schließlich waren meine beiden Sitznachbarinnen auch allein hier und besonders mit Yasmin hatte ich mich auf Anhieb supergut verstanden. So gut, dass wir gemeinsam, tanzten, sangen und lachten. Auch wir tauschten unsere Nummern aus, wollten in Kontakt bleiben und das nächste Harry Konzert definitiv wieder gemeinsam erleben. Schließlich war sie wie ich aus dem selbem Grund allein hergekommen: Sie hatte einfach niemanden der diese Musik hörte.

Schweren Herzens verabschiedeten Hedda und ich uns vor dem Parkhaus voneinander und ich machte mich auf den Weg nach Hause. 80 km standen vor mir und ich hatte das reinste Gefühlchaos in mir. Zum einen war ich voller Glücksgefühle, zum anderen war da dieses bedrückende Gefühl, zu wissen das niemand zuhause war, der Fragen wird wie es auf dem Konzert war, wie es mir gefallen hat oder ob ich Spaß hatte. Komisch diese Gedanken zu haben, wenn man einen Mann zuhause hat, der mich eigentlich genauso solche Dinge fragen sollte, oder? Ich liebte meinen Freund, mehr als alles andere, doch er verstand nie diesen Hype um 'Fangirls', belächelte mich dafür und betitelte das Verhalten als kindisch. Auch meine Freunde hatten nicht Verständnis dafür, beziehungsweise konnten diese Fandom nicht mit mir teilen. Ich mochte meine Freunde und wollte auch keinen davon missen, aber dennoch wusste ich, dass sie mich belächelten auf ein Harry Styles Konzert gegangen zu sein. Dennoch stand ich dazu und war auch stolz darauf. Denn ich kann mit Gewissheit sagen, ich hatte verdammt noch mal Spaß, konnte in den 2 Stunden alle Sorgen und Ängste hinter mir lassen und für einen Moment einfach nur den Augenblick genießen. Das Konzert war definitiv mein Safe Place gewesen.

"Heddaaaa, ich bin angekommen und könnte im Stehen schlafen 😀 Ich schicke dir morgen in Ruhe alle Fotos und Videos, die ich gemacht habe. Schlaft gut und danke für den großartigen Abend ♥" schickte ich ihr eine Nachricht, als ich vor meiner Wohnung zum Stehen kam. Ich schnappte meine Tasche, meinen Schlüssen und ging rein. Alles war dunkel und Sebastian schien bereits zu schlafen. Leise legte ich den Schlüssel in die Schublade, legte meine Tasche ab und zog meine Schuhe aus. Nachdem ich nach oben gegangen war, ging ich direkt ins Bad und versuchte etwas verzweifelt meine geflochtenen Haare zu öffnen. "Verdammtes Haarspray!" seufzte ich genervt und schmiss die kleinen Haargummis ins Waschbecken. Als ich nach einer halben Ewigkeit meine Haare endlich einigermaßen gebändigt hatte, fiel ich förmlich ins Bett. Ein kurzer Blick auf die rechte Bettseite: keine Regung. Etwas enttäuscht legte ich mich auf meine Seite, legte mein Handy an Strom und viel kurz darauf ihn einen tiefen Schlaf.

Harry Styles hatte mich an diesen Abend ganz schön aus den Socken gehauen!