Kapitel 3

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"Ich will nach London!" platze es aus mir heraus und ich konnte mein Grinsen nicht weiter verhindern. Doch Heddas Blick wurde verwirrend und sie sah mich mit Fragen an. "Ehm.... ja ich auch? Aber... was soll jetzt... Also versteh mich nicht falsch, aber wieso konntest du mir das nicht vor Wochen schon einfach am Telefon sagen?" fragte sie mich und legte ihren Kopf schief. Schmunzelnd kratzte ich mir etwas am Hinterkopf, ehe ich tief Luft holte und ihr genau erzählte, was ich mit meiner Aussage meinte. "Hedda, ich will nach London..., weil ich dort leben will. Kein Urlaub... ich möchte dort wohnen, arbeiten, leben..." erklärte ich ihr. Nun verlor sie doch jegliche Gesichtszüge und starrte mich mit offenem Mund an. "Du willst nach London ziehen? Also ernsthaft jetzt?" harkte sie noch mal nach was ich mit einem stolzen Nicken bestätigte. "Jap und ich habe mich schon ganz viel informiert. So welche Jobs es gibt, wo man für ein paar Monate wohnen könnte, ohne dass ich Millionen verdienen muss... Also warte, ich will nicht für immer dortbleiben. Ich will die Welt bereisen, ich will Länder kennenlernen und London soll mein erster Halt werden" erzählte ich ihr und meine ganze Euphorie platzte förmlich aus mir heraus.

Ich habe keine Ahnung wie lange ich da saß, ihr von den verschiedensten Jobs erzählte, auf die aufmerksam geworden war, über Wohnungen, die ich mir virtuell angesehen hatte. Alles konnte ich endlich mit jemand anderem teilen, außer meiner Mama. Es tat gut, doch ihre Frage, die sie mir stellte als ich endlich mal Luft holte, holte mich etwas zurück auf den Boden der Tatsache. "Du Maus, ich freu mich wirklich für dich und dass du dabei bist deinen Traum zu ermöglichen. Aber was ist mit Sebastian? Was ist mit eurem gemeinsamen Haus. Ihr habt es doch erst vor ein paar Jahren gewohnt und jetzt willst du... Auswandern? Kommt er mit? Du redest die ganze Zeit nur von dir."

Ich schluckte schwer und biss mir angespannt auf meiner Unterlippe herum, bis ich den Kopf schüttelte und diesen sinken ließ. "Er weiß noch von nichts..." flüsterte ich und hoffte innerlich, dass sie es vielleicht gar nicht gehört hatte. Fehlanzeige. "Er... WAS?" quietschte sie schrill auf und packte mich an meinen Oberarmen und rüttelte mich etwas. "Julia! Schau mich an!" forderte sie mich auf und ihr Druck um meine Arme wurde fester. Ich konnte nicht anders, als meinen Kopf zu heben und sie wieder anzusehen. Etwas verunsichert lächelte ich schief und zuckte mit den Schultern "ich... hab ihm noch nichts davon gesagt!" gab ich leise zu, was Hedda nur mit einem Kopfschütteln kommentierte und mich wieder losließ. "Maus, du weißt, ich mag ihn auch nicht sonderlich gern, aber er hat doch ein Recht darauf zu erfahren, dass du gerade dabei bist dein komplettes Leben zu verändern. Du hast dich schon bewusst Jobs angesehen, dir Informationen rausgesucht, wie das mit Visum und so aussieht... du hast dir Wohnungen angesehen? Ich mein... naja eigentlich ist es unwahrscheinlich, glaube ich, aber vielleicht will er dich begleiten? Hast du da mal drüber nachgedacht?"

Und ob ich das getan hatte. Wie oft lag ich Stunden nachts wach, weil ich wieder mal nicht schlafen konnte. Mein Blick lag auf Sebastian, der mit dem Rücken zu mir lag und seelenruhig schlief. "London ist eine Stadt wie jeder andere auch. Da kann ich auch nach Düsseldorf fahren" waren seine Worte, als ich ihm vor längerer Zeit mal gefragt hatte, ob wir gemeinsam nach London reisen sollten. Bloß 3-4 tage, ein Städtetrip eben. Aber seine Antwort war Antwort genug für mich.

"Ach, never... er hasst London. Er wollte nicht mal mit mir für 2 Tage dorthin. Und dann glaubst du ernsthaft er würde mit mir dorthin ziehen?" fragte ich sie und mein Sarkasmus ließ mich kurz auflachen. Schulterzuckend saß mit meine Freundin gegenüber. "Wenn er dich liebt, würde er das tun!" Ja, wenn er mich lieben würde. Tat er das noch? Momentan beobachtete ich ihn immer häufiger dabei, wie er auf sein Handy starte und wie verrückt darauf rumtippte. Jedes Mal war seine Antwort auf meine Frage, mit wem er denn da schreiben würde, 'Leute von früher'. Leute von früher, wer wollte das sein? Leute vor meiner bzw. unserer gemeinsamen Zeit? Diese Unsicherheit in mir wurde immer größer, so groß, dass ich es schon versuchte, hatte in sein Handy zu schauen, als er Duschen war. Doch es war gesperrt. Fingerabdruck oder Pin... beides hatte ich von ihm. Sowas tat man doch eigentlich nur wenn man etwas zu verheimlichen hatte, oder? Natürlich war mein Hady auch mit Fingerabdruck und Pin gesichert, mit dem Unterschied das Sebastian den 4-stelligen Code kannte.

"Was ist los? Worüber zerbrichst du dir so den Kopf, dass deine eben noch vorhandene Euphorie wie weggeblasen ist?" holte mich Hedda aus meinen Gedanken und ließ mich sie wieder ansehen. "Ich glaube, dass zwischen Seb und mir... ich glaube, dass das keine gemeinsame Zukunft mehr hat!" sprach ich es endlich aus und erzählte ihr von meinen letzten Bauchgefühlen und Beobachtungen. Ich ließ nichts aus, sprach zum ersten Mal alles aus was mir auf der Seele lag, sagte ihr meine Ängste und Sorgen, das er vielleicht mit anderen Frauen schrieb. "Vor gestern im Bett habe ich so getan, als würde ich schon schlafen. Er hat mal wieder auf seinem Handy rumgespielt und... Gott es sah irgendwie so aus, als wäre er auf so einer Dating-App... Weißt du, was ich meine? Diese Apps, wo man so nach links oder rechts wischen muss, um..." "Jaja, ich weiß, was du meinst!" unterbrach sie mich und griff nah meiner Hand und mit der anderen wischte sie meine Tränen aus dem Gesicht. Moment mal, weinte ich? Ich hatte überhaupt nicht mitbekommen, das ich angefangen hatte zu weinen. "Spreche ihn drauf an... Sag ihm, dass du wissen möchtest, wer diese 'Leute von früher' sind. Sag ihm, dass du ein ungutes Gefühl hast! Versprich mir das!" auffordernd sah sie mich an und drückte einer Hand fest. Doch von mir kam keine Reaktion. "Julia! Versprich es mir!" sagte Hedda noch einmal mit etwas mehr Nachdruck, was mich dann doch leicht nicken ließ. Ich musste mit ihm reden, früher oder später würde da kein Weg dran vorbeiführen.

Die restlichen 2 Tagen liefen nicht mehr ganz so voller Trübsal. Hedda und ich hatten eine gemeinsame Zeit, wir gingen ins Kino, fuhren in die Stadt und bummelten einfach etwas und kauften uns das ein oder andere Teil. Leider rückte der Sonntagabend schneller an als wir dachten, denn schon standen wir auf der Straße, neben ihrem Auto und verabschiedeten und tränenreich. Feste drückte sie mich an sich "Pass auf dich auf und du weißt, du kannst mich zu jeder Zeit anrufen okay? Ich habe immer ein Ohr offen und wenn du Bock hast, setz dich in dein Auto und komm zu mir!" Lächelnd sah ich Hedda an und nickte. "Ich habe dich lieb, danke für dein offenes Ohr" sagte ich ehrlich und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. "Fahr bitte vorsichtig und melde dich, wenn du zuhause angekommen bist, ja?" Nickend drückte sie meine Hand noch einmal, ehe sie ins Auto stieg, mir noch mal zuwinkte und kurz darauf am Ende der Straße verschwand. Einen Moment stand ich noch da, sah noch immer an die Stelle, wo sie eben um die Kurze verschwunden war. Sie hatte Recht, ich musste mit Sebastian reden. Egal wie...


Choose Love (H.S.)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt