Kapitel 7

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Samstag. Es war Mai, fast 2 Jahre später, nachdem ich entschlossen alleine auf dieses Konzert in Köln zu fahren. 22 Monate, die sich mein Leben sowohl zum positiven als auch zum Negativen geändert hatten. Ich hatte die Mädels in unregelmäßigen Abständen wieder gesehen. Om Oktober war Hedda hier, wir gingen aus Konzert von Louis Tomlinson. Auch im März war Hedda bei mir, auch Valentina war da. Gemeinsam besuchten wir das Niall Horan Konzert in Düsseldorf. Vor Ort trafen wir auch Tabea. Fast wieder eine kleine Reunion. Nur Beca fehlte wieder. Sie fehlte mir, sie fehlte uns.

Gerade hatte Sebastian den Grill angeworfen, während ich drin noch schnell den Salat fertig machte. Nachdem wir eben gegessen hatten und ich das Geschirr in die Spülmaschine stellte, ging ich zurück auf die Terrasse. Wie so oft in letzter Zeit saß er da, tippte auf seinem Handy herum und schenkte mir keinerlei Beachtung. Ich hatte nie das Verlangen oder gar den Grund in sein Handy zu schauen. Doch sein ausfälliges Verhalten in den letzten Wochen und Monaten hielten mich nicht länger zurück. Langsam lief ich an ihm vorbei und ließ meinen Blick dabei auf seinem Handy liegen. 'Lina' blitze es vor mir auf und ich versuche noch vergeblich etwas zu lesen, was sie dort über WhatsApp miteinander schrieben. Doch er setzte sich auf und drehte sich zu mir. Schnell wand ich meinen Blick ab und hob ein paar Blätter auf, die vom Wind wohl auf die Terrasse geflogen waren. Innerlich hoffte ich, dass er nichts gemerkt hatte, was mir allerdings viel mehr Sorge und Bauchschmerzen bereitete war die Frage, wer um alles in der Welt Lina war?

"Mit wem schreibst du eigentlich schon wieder die ganze Zeit?" platzte es aus mir heraus, ohne groß drüber nachzudenken. Doch zu sehr kribbelte es in mir, zu wissen was hier los war. "Ach, mit Leuten von früher!" Natürlich. Hatte ich auch ernsthaft etwas anderes erwartet, außer seine Standartantwort? "Und wer ist Lina?" fragte ich nach. Ich meine wir waren inzwischen 10 Jahre zusammen und ich glaubte ich konnte mittlerweile ganz gut behaupten, dass ich seinen Freundeskreis kannte. Eines war klar, eine Lina kam da definitiv bisher nie vor.

Sein Blick wurde etwas, naja wie soll ich sagen, erschrocken? Ertappt? "Ich... von der Schule" kam er kurz ins Straucheln, zuckte aber lässig mit seinen Schultern und legte sein Handy auf den Tisch ab. Tief einatmen, Julia. Versuch die Eifersucht und dieses ungute Bauchgefühl einfach runterzuschlucken. Vielleicht interpretierte ich einfach wieder zu viel in die ganze Sache rein. Ich mein, was war schon dabei, wenn man mal alten Schulfreunden von früher schrieb? Gut, ich hatte es tatsächlich noch nie getan und ich hatte auch kein Interesse daran mich mit Leuten auszutauschen, mit denen ich seit Jahren keinen Kontakt mehr hatte. Vielleicht dachte ich da aber auch einfach anders. Somit legte ich dieses Bauchgefühl an die Seite und nahm es einfach hin. Er schrieb mit Schulfreunden. Einer Schulfreundin. Einer Frau. Mit Lina.

Tage vergingen. Nichts änderte sich und wir saßen wie jeden Abend auf der Couch, ich links, er rechts auf der etwas Größeren. Er am Handy, ich am Laptop, um mal wieder den Speicher meines Handys freizubekommen. Während ich Fotos auf unsere Festplatte kopierte verschwand Sebastian ohne ein Wort nach oben ins Badezimmer. Ich dachte mir nicht viel dabei, er musste sich ja nicht abmelden, wenn er aufs Klo ging. Doch als er erst 10 Minuten später vor mir stand und mir was sagte von "Kai hat gefragt, ob ich spontan zum Fußball gucken vorbei kommen will..." fing er an und sah mich erwartungsvoll an. Überrascht sah ich ihn an "ehm... ja klar mach ruhig!" zuckte ich mit den Schultern und nahm den Laptop von meinem Schoß und stellte ihn auf den Couchtisch ab. "Okay, ich komm dann danach nach Hause. Bis später" ein flüchtiger Kuss und schon war er verschwunden. Das alles ging so schnell und ich war so überrumpelt von seiner Flucht, dass ich erst nachdem er weg war, realisierte, dass das ganze Wohnzimmer nach Parfüm roch und ich überhaupt keinen Kai von ihm kannte. Wo zur Hölle war mein Freund hin? Sofort schnappte ich mein Handy und schrieb ihm eine Nachricht "Wo bist du hin? Wer zur Hölle ist Kai und warum riecht die ganze Bude nach Parfüm?" Denn sind wir mal ehrlich, wenn ich zu einer Freundin fahre, um Fußball zu gucken, parfümiere ich mich doch nicht ein, oder? Vermutlich würde ich noch eher eine Jogginghose anziehen...

Keine Antwort... Auch nach 5 Minuten nichts und ich überlegte ihn anzurufen. Ließ es aber, ging stattdessen auf die Toilette. Als ich wieder kam, hatte ich eine ungelesene Nachricht von Sebastian auf meinem Handy. Eine Sprachnachricht. Schnell hörte ich sie ab. "Ich fahr zu Kai, ich kenne ihn vom Fußball früher, als wir immer ins Stadion gefahren sind. Er wohnt in Düsseldorf. Wenn du willst, dann komme ich wieder zurück!" Ende der Sprachaufzeichnung. Ich seufzte, denn wieder machte sich ein ungutes Bauchgefühl in mir breit, doch was wäre ich für eine Freundin, wenn ich verlangte er solle wieder nach Hause kommen? Also schrieb ich nur kurz und knapp "Nein, passt schon. Bis später" und legte damit mein Handy wieder zur Seite.

Es dauerte keine 20 Minuten, da piepte mein Handy auf. Nachricht von Sebastian. Verwundert öffnete ich diese, er hatte ein Foto geschickt, aus dem fahrendem Auto, mit den Worten "Bin schon auf dem Rückweg und gleich wieder da!" Verwirrt saß ich auf der Couch und starrte mein Handy an. Wieso kam er denn wieder? Und genau diese Frage stellte ich ihm, als er genau 40 Minuten nach seinem plötzlichen Abgang wieder vor mir stand. "Ich hatte irgendwie das Gefühl, dass du sauer gewesen bist... Deswegen dachte ich, ich komme besser wieder nach Hause. Sorry, Schatz!" etwas verunsichert sah er mich an und zuckte mit den Schultern. Hatte ich ihm vielleicht doch unrecht getan? Wäre es sonst einfach wieder zurückgekommen, wenn er zu einer Frau fahren wollte? Plötzlich machte sich das schlechte Gewissen in mir breit. Hatte ich überreagiert?

"Es ist schon spät... lass uns ins Bett!" war das Einzige, was ich darauf sagte, klappte das Laptop zu und stand auf. Kurz trafen sich unsere Blicke und er schenkte mir ein kleines Lächeln und nickte "klingt gut!" Somit gingen wir beide hoch, machten uns fürs Bett fertig und lagen kurz danach gegenseitig den Rückenzugedreht und schliefen ein. Also ein Abend, wie fast jeder. Sex war schon lange kein richtiges Thema mehr, wenn dann war es eher aus Gewohnheit oder einfach, weil man mal wieder Druck ablassen musste. Aus Liebe, lief hier schon lange nichts mehr.


Choose Love (H.S.)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt