Kapitel 10

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Ein komisches Gefühl machte sich breit, als ich die Haustür hinter mir zu ziehe und mit meinem gepackten Koffer die Straße herunterlaufe zu meinen Eltern. Kaum sehe ich den fragenden Blick meiner Mum breche ich in Tränen aus "Er hat mich betrogen Mama!" schlurzte ich und fiel ihr schon in die Arme. Sofort war sie da, fing mich auf und hörte mir zu. Sowohl Mama als auch Papa standen hinter mir, waren einfach für mich da und unterstützten mich. Noch am gleichen Tag hatte ich Sebastian eine Nachricht geschrieben "Bis Mittwoch hast du Zeit dein Zeug aus meinem Haus rauszuholen. Lass alle Schlüssel da!"

Das waren die letzten Worte, die ich ihm schrieb, bis ich am genannten Tag wieder das Haus betrat. Er war weg. Keine Sachen mehr von ihm da. Seine Kleiderschrankhälfte war leer. Seine Schublade im Bad war leer, sein Bademantel weg und auch sein Arbeitszimmer war leer. Keine Bildschirme mehr, kein Bürostuhl mehr. Schluckend stand ich in meinem Haus, allein. Ich war allein. Lediglich im Keller standen ein paar Sachen von ihm. Sein Pokertisch, sein Drucker, seine Rudermaschine und noch ein paar Sachen. Das hieß, ich werde ihn noch mal sehen müssen... mit ihm sprechen müssen.

Doch jetzt versuchte ich den Gedanken zu verdrängen, setzte mich auf die Couch und nahm mein Handy in die Hand. Alle wussten bereits Bescheid... Alle, bis auf meine Mädels. Ich hatte es bisher nicht übers Herz gebracht, sie anzurufen, ihnen zu sagen, wie schlecht es mir ging. Denn ich wusste, dass sie sich sofort ins Auto setzen würden und herfahren würden. Dennoch war ich ihnen eine Erklärung schuldig, warum ich mich in den letzten Tagen so gut wie gar nicht gemeldet hatte. "Videocall heute Abend? Ich muss dringend mit euch reden ♥" schrieb ich in die Gruppe und es dauerte keine Minute, da kamen schon die ersten Antworten. Tabea und Beca waren dabei. Auch Hedda und Valentina meldeten sich unmittelbar danach und sagten zu. Das Date stand.

"Hey Maus, was ist denn los? Alles in Ordnung bei dir?" War es Beca die sofort nachfragte. Ihr Blick war besorgt, genau wie von all anderen. "Nein..." seufzte ich und schüttelte den Kopf. "Wenn ich ehrlich bin, ist gar nichts in Ordnung" gab ich zu und fing langsam an zu erzählen was in den letzten Wochen bei mir passiert war. Stille trat ein und ich konnte das Entsetzten in allen 4 Gesichtern lesen. Inzwischen fiel es mir einfacher darüber zu reden, ohne gleich in Tränen auszubrechen. "Hey, Julia egal was ist... wir sind immer da okay? Ruf uns an, jederzeit. Wenn wir kommen sollen: Ein Wort und ich sitze im Auto!" war es Tabea die auf mich einsprach. Ich nickte und bekam dann doch ein leichtes Lächeln zustande. "Ich danke dir... nein ich danke euch, ich weiß, dass ich auf jeden einzelnen von euch zählen kann, und das bedeutet mir immens viel!"

Und das tat es wirklich. Es verging kein Tag, an dem ich nicht mit einen der 4 telefonierte. Jeden Tag fragten sie nach meinem Wohlbefinden, fragten, ob sie nicht doch zu mir kommen sollten. "Ich will nach London, Valentina!" hauchte ich am Abend in mein Telefon. 2 Wochen ist es nun her, als er seine Sachen genommen hat und ausgezogen ist. Wie er mich danach noch behandelt hat? Wie das allerletzte, als hätte ich ihm nie etwas bedeutet. "Ich nehme noch Kühlschrank, Thermomix, AirFryer, das ganze Internetzeug, den Trockner, alle 3 Fernseher, den Kleiderschrank und das Bett mit."

Somit konnte es mir nicht schnell genug gehen und ich ließ alle Verträge auf meinen Namen und meine Kontodaten ändern. Über Telefon, GEZ, Versicherungen bis hin zum Darlehensvertrag über die Finanzierung des Hauses. Wie froh ich war, dass dieses Haus nur mir gehörte, dass ich es war, die im Grundbuch stand und er keinerlei Ansprüche darauf hatte. Wenigstens das, konnte er mir nicht nehmen. Soll er doch an seinem Fernseher, seinem Grill oder seinem Trockner ersticken. Für mich zeigt es nur seinen wahren Charakter und sein wahres Gesicht.

"Dann lass uns was buchen... ein paar Tage raus kommen tut dir vermutlich gut. Bekommst du spontan Urlaub?" fragte Valentina mich. "Bestimmt. Müsste ich morgen im Büro mal nachfragen" Vielleicht wäre ein Trip dorthin gar nicht verkehrt. Denn der Wunsch, nach London zu ziehen war wieder sehr präsent geworden und so konnte ich mich vor Ort vielleicht etwas umsehen und umhören. "Mach das, ich bin flexibel. Der Vorteil, wenn man gerade arbeitslos ist", lachte sie, was mich kurz einstimmen ließ. "Wie gehts dir sonst? Kommst du klar?" fragte sie mich, während ich es mir auf der Couch gemütlich machte. Seufzend ließ ich meinen Kopf in das kleine Dekokissen sinken "Ja... schon, es ist zwar komisch allein in diesem Haus hier aber... ich komme klar. Mama und Papa helfen mir... Alina ist da und euch habe ich ja auch. Mir gehts okay... Nicht super, aber auch nicht scheiße." sagte ich und meinte es auch genauso. Mir ging es gut, und inzwischen waren die Tränen überwiegend getrocknet.

Keine 24 Stunden später hatte ich Valentina wieder am Ohr und das Laptop vor mir offen. "19. Bis 23. Juni, Hotel Ravna Gora 425€ mit Frühstück und kostenloser Stornierung" fasste sie noch mal alles zusammen, ehe ich ihr das okay gab und wir das Hotel für in 2 Wochen buchten. "Gebucht!" rief sie. "London wir kommen!" grinste ich breit und war für einen Moment wirklich glücklich und freute mich riesig auf den Trip mit ihr. Tatsächlich waren die Flüge über British Airways auch sehr günstig. Somit buchten wir sogar noch ein großes Gepäckstück dabei, damit wir auch fleißig shoppen gehen konnten. Die Vorfreude stieg, auch wenn ich etwas traurig war, dass niemand der anderen Girls mitkommen konnte. So spontan bekam leider keiner Urlaub, oder hatte das passende Kleingeld über.

Dennoch war ich dankbar, den spontanen Ausbruch gemeinsam mit Valentina machen zu dürfen. London, ich komme!


Choose Love (H.S.)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt