Kapitel 6

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"Ich werde euch so krass vermissen!" hauchte ich leise, als ich Tabea an mich zog. "Pass auf dich auf und komm gut zuhause an, ja?" drückte ich ihr einen Kuss auf die Wange, ehe sie mich mit Tränen in den Augen ansah und nickte. "Das mache ich!" versprach sie mir und nahm auch die anderen Mädels in den Arm. Auch Valentina und Beca zog ich in meine Arme "Ich hoffe, wir sehen uns ganz bald wieder!" schniefte ich leise und wischte schnell meine Tränen weg als ich mich aus den Umarmungen löste. Es waren so viele tolle Momente entstanden, und am liebsten wollte ich alle 4 einfach bei mir behalten und jeden Tag solche Tollen Stunden erleben. Aber das ging nicht, das wusste ich, und dennoch schmerzte es sie dann gehen zu lassen und mit Hedda wieder zu mir nach Hause zu fahren. Aber auch sie fuhr unmittelbar danach zurück nach Hannover. "Fahr vorsichtig, ja? Und schreib mir bitte, wenn du zuhause angekommen bist!"

Somit war dann auch sie weg und die Euphorie in mir ließ langsam nach. Der Alltag kam wieder und Sebastian fragte mich kein einziges Mal wie meine Tage mit den Mädels waren. Nicht einmal. Schlagartig kam wieder dieser Wunsch in mir auf, endlich meinen Traum zu verwirklichen und die Pläne für London konkreter werden zu lassen. Doch irgendwas in mir weigerte sich strickt, machte mir etwas Angst und brachte mich nie so weit, dass ich endlich meinem Freund mitteilen konnte, was ich eigentlich vorhatte. Irgendwann.

Somit verging ein weiteres halbes Jahr, indem ich ihm gegenüber immer noch kein Wort verloren habe. Der Winter stand vor der Tür und Sebastian würde übers Wochenende mit seiner Firma ein paar Tage in Potsdam verbringen. Der perfekte Moment, um die Mädels zu mir einzuladen. Gesagt getan. Tabea, Valentina und auch Hedda setzten sich ins Auto und in die Bahn und kamen zu mir. Nur lediglich Beca schaffte es zeitlich nicht her zu kommen. Der Weg von Berlin zu mir war für sie in der kurzen Zeit nicht umsetzbar. Dazu hatte sie auch Hund und Katze und niemand, der sich in der Zeit um die Vierbeiner kümmern konnte. Dennoch war sie in Gedanken dabei und wir telefonierten am Abend auch mit ihr.

Samstagvormittag hatten wir einen Termin, auf den wir uns jetzt schon einige Wochen freuten. Wir ließen uns tätowieren. Wir wollten uns gemeinsam tätowieren lassen, wollten ein Freundschafstattoo stechen lassen. Jeder von uns ließ sich noch das ein oder andere mehr stechen. Für mich gab es einen Schmetterling mit dem passenden Spruch eines meiner wichtigsten Lieder 'If I could fly' geschrieben in Harrys Handschrift. Auch meinen All-time-favorite Song durfte auf meine Haut, ebenfalls geschrieben von Harry Styles persönlich. Die Initialen 'TPWK!' zierten nun meine Hand. Treat people with kindness, nicht nur ein tolles Gute-Laune Lied, sondern auch eine Message die mir persönlich sehr wichtig war.

Doch an dem Tag war das wertvollste Tattoo wohl das 'choose love' mit einem handgezeichneten Herz. Naja, auch das war in seiner Handschrift. Dieses Herz zierte nun die Haut von Tabea, Hedda, Valentina und mir. Freundschaft, die verbindet und unter die Haut geht. Eine Freundschaft die für immer bleibt! Genau aus dem Grund standen wir am nächsten Tag weinend in meinem Hausflur und hielten uns in den Armen. Abschied. Etwas, was ich schon immer hasste, aber gerade mit den Mädels war es mir noch mal um einiges schwerer gefallen. Der Gedanke, nicht zu wissen, wann wir uns das nächste Mal sehen würden, zerriss mich innerlich. Am liebsten hätte ich die 4 einfach immer um mich herum, oder zu mindestens in meiner Näher. Aber so war es leider nicht. Tabea musste leider schon am vorherigen Tag wieder nach Hause, da ihr Freund am nächsten Tag Geburtstag hatte. Somit verbrachte ich gemeinsam mit Hedda und Valentina einen letzten gemütlichen Abend, mit ganz viel Harry Zeugs, Filmen und einer leckeren Pizza.

Nachdem die Zwei dann auch weg waren, räumte ich noch etwas auf und zum Abend kam auch Sebastian wieder. Sofort umarmte ich ihn, fragte ihn wie sein Wochenende war und präsentierte ihm stolz und überglücklich meine neuen Tattoos. "Aha, toll" sagte er, ohne überhaupt richtig hinzusehen. Enttäuscht sah ich ihm nach, ich wusste das er Tattoos nicht toll fand, dennoch wusste er, dass ich es sehr mochte und mein linker Unterarm war ja schon gut bemalt mit Blumen meiner Familie. Er kannte mich also damit und schließlich sollte es ja auch eigentlich völlig egal sein, ob jemand tätowiert war oder nicht. Sebastian schien das allerdings anders zu sehen. Er fragte schließlich nicht einmal, wie mein Wochenende war, sondern ließ sich grimmig auf die Couch im Wohnzimmer fallen. "Was essen wir heute?" fragte er und schaltete den Fernseher an, wodurch ich ihn entsetzt ansah. "Dein scheiß ernst?? Du Kommst nach 3 Tagen nach Hause und das Erste, was du mich fragst, ist was wir heute essen?" zischte ich. Dies Mal konnte ich die Wut und die Enttäuschung nicht unterdrücken. "Ja sorry, aber ich habe echt Hunger. Die Autofahrt war lang!" zuckte er mit den Schultern, sah mich kurz an, ehe er sich wieder dem Flimmerkasten zuwandte. "Du kannst Lieferando fragen, da kocht dir bestimmt jemand etwas. Mir jedenfalls ist gerade der Appetit vergangen!" zischte ich, drehte mich um und verließ das Wohnzimmer.

Ohne weiteres ging ich nach oben, schloss die Badtür ab und ließ stumm die Tränen über meine Wange laufen. Ich schnappte mir meine Zahnbürste, drückte was von der Paste drauf und schob es mir in den Mund. Weinend betrachtete ich mich im Spiegel wie ich mir die Zähne putzt. Lief so eine glückliche Beziehung? War es normal, dass man sich nach fast 10 Jahren so verhielt? Übertrieb ich einfach nur? Kopfschüttelnd spuckte ich den Speichel und die restliche Zahnpasta ins Waschbecken, schmiss mir Wasser ins Gesicht und schlüpfte in meine Schlafsachen. Natürlich war Sebastian nicht nachgekommen, noch immer lief der Fernseher unten und ich glaubte auch nicht daran das er in den nächsten Minuten hochkommen würde. Verletzt über sein Verhalten verkroch ich mich ins Bett. Just in diesen Moment bekam ich eine Nachricht von Hedda, dass sie gut angekommen sei und gerade zuhause die Tür rein ist. Auch Valentina hatte mir kurz davor geschrieben das sie in wenigen Minuten mit dem Zug ankam. Wenigstens waren die Girls gut angekommen, wenigstens das gab mir ein etwas gutes Gefühl und ich konnte kurz darauf friedlich einschlafen. Allein, in diesem großen Bett.

Das Einzige, was mich in den nächsten Wochen mal wieder aufbaute, waren meine Mädels. Unsere Calls über Skype wurden regelmäßiger und der Abend an Harrys letzten Konzert der Tour in Italien war ganz besonders. Sebastian war nicht da, somit konnte ich mit einem Wein, den Mädels und einem Instagram Live-Stream das Konzert verfolgen. Vor ein paar Tagen hatten wir noch überlegt spontan ins Auto zu steigen und da runterzufahren. Doch irgendwas in mir schrie dagegen, denn wenn ich die Beziehung zu Seb irgendwie retten wollte, konnte ich jetzt nicht einfach nach Italien verschwinden. Ich bereute diese Entscheidung an diesem Abend sehr, denn dieses Konzert ging fast 50 Minuten länger als all die anderen zu vor. Er sang Songs, die uns alle brachen, uns zum weinen brachten oder uns tanzend aufspringen ließen. Besser hätte diese Tour nicht enden können und innerlich hoffte ich, dass er schon bald eine neue Tour ankündigen würde, auch wenn wir alle wussten, dass das vorläufig wohl nicht passieren wird.


Choose Love (H.S.)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt