Kapitel 9

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Eine Woche war vergangen. 7 Tage in denen es nicht mehr Höhen und Tiefen geben konnte. Sebastian schlief nach seinem Geständnis auf der Couch... Er hatte mir versprochen, dass es ein Riesenfehler war und er es nie wieder tun würde. Er sagte mir, dass es ihm leidtut, dass er es bereut und dass er unsere Beziehung nicht verlieren will. Das er mich nicht verlieren will. Ich hatte ihm eine klare Bedingung gesetzt, damit ich ihm diesen Fehler irgendwie verzeihen kann. Er musste den Kontakt löschen, überall. WhatsApp, Facebook, Instagram und was es noch alles gab. Ich wollte es sehen, ich wollte mit eigenen Augen sehen, wie er ihren Namen vom Handy in sämtlichen Apps löscht. Doch leider hatte er scheinbar all das schon getan, als ich am Abend noch bei Alina gesessen hatte. Das Einzige, was er mir zeigen konnte, war, dass es keine Lina mehr in seinen Kontakten gab, dass der Chat mit ihr nicht mehr da war. Ich war naiv, ich glaubte ihm. Ich sagte ihm, dass ich Zeit brauchte, um das alles zu verstehen, zu akzeptieren und vor allem zu verzeihen.

Die ersten Tage zeigte Sebastian mir deutlich, dass er es bereute, er suchte meine Nähe, entschuldigte sich bei jeder Gelegenheit, machte mir Komplimente, all das, was er die letzten Monate zuvor nicht getan hatte. Das schlimmste aber, was mir momentan nicht aus dem Kopf ging war, dass er mir indirekt die Schuld an seinem Seitensprung gegeben hatte. Ich hätte mich in den letzten 2 Jahren so verändert, ich würde mich nicht um ihn kümmern, er würde sich nicht geliebt von mir fühlen. Das war es, was mich zweifeln ließ. War ich bereit diesen Fehler zu verzeihen? Konnte ich ihm jemals wieder vertrauen?

So viel Mühe er sich die ersten Tage gegeben hatte, so wenig tat er es jetzt... 1 Woche war vergangen und er wich mir komplett aus. Kein Zeichen von Reue, kein Zeichen von Liebe. Es fühlte sich so an, als wäre ich ihm plötzlich egal geworden. Er wünschte mir nicht einmal mehr einen guten Morgen. Ich war bereit, ihm eine 2. Chance zu geben und dann verhielt er sich so?

Wieder saßen wir im Garten, versuchten das Wetter zu genießen, was mir nur halb gelang, denn Sebastian saß wortlos dort und tippte mal wieder auf seinem Handy herum. Erinnerungen flackerten vor meinen Augen auf und die Angst, dass sich das Ganze wiederholte war plötzlich deutlich spürbar. Enttäuscht und verletzt von seinem Verhalten ging ich rein, räumte auf und konnte nicht anders, als mich unauffällig hinter dem Fenster zu stellen und über seine Schulter zu schauen. 'Lina' blitze es mir direkt entgegen. Sofort entwichen mir alle Gesichtszüge. Das konnte nicht sein verdammter Ernst sein??? Das tat er nicht wirklich??? Er hatte mir versprochen, alles, was mit dieser Frau zu tun hatte zu löschen, ihr nie wieder zu schreiben und jetzt las ich das? Er schrieb mit ihr? Scheinbar hatten sie sich sehr viel zu erzählen, denn die Textnachrichten waren lang und leider zu klein für mich, so dass ich aus der Entfernung nichts lesen konnte was sie sich zu sagen hatten.

Ich drehte mich um, ging in den Flur und lehnte mich an die Wand. Mit geschlossenen Augen redete ich mir immer wieder ein, dass es sich um eine andere Lina handeln musste. Das konnte er mir nicht antun, er konnte mich doch nicht so abartig mit seinen Füßen treten, oder? Ich hatte Angst, Angst rauszugehen und ihn zu fragen, warum er wieder mit dieser Lina schrieb. Ich hatte Angst vor seiner Antwort, und vor allem Angst von der Konsequent die es mit sich brach. Doch mir blieb nichts anderes übrig, ich musste die Wahrheit verdienen, ich musste wissen, woran ich bin, Also drückte ich mich von der Wand ab und ging zurück auf die Terrasse.

In knapp 1 Stunde waren wir verabredet, mit seinen Eltern. Gemeinsam Pizza essen. Lust hatte ich schon seit letzter Woche nicht mehr darauf, aber jetzt war mir sogar der komplette Appetit vergangen. Trotzdem, ich musste wissen, was Sache war. Ohne weiter zu zögern, drückte ich mich von der Wand ab und ging zurück nach draußen. Ich stellte mich vor ihm, verschränkte meine Arme vor der Brust und sah ihn an "Mit welcher Lina schreibst du da schon wieder?" wollte ich wissen.

Sofort legte er sein Handy weg, sah mich überrascht an und zuckte gleichgültig mit den Schultern "na, mit der Lina!" ließ er mich wissen. Es traf mich wie ein Blitz und ein Schauer lief über meinen Rücken. Auch wenn ich längst gewusst habe, dass es sich nur um diese Lina handelt konnte, zerbrach mein Herz in diesem Moment in tausend Stücke. Ich hatte das Gefühl ich würde fallen, tief und endlos. Der Kloß m Hals wurde größer, die Tränen in den Augen wurden mehr. Mehr als nur den Kopf schütteln bekam ich in dieser Sekunde nicht zu Stande. "Das... kann nicht... das meinst du nicht so? Du ... du hast es mir versprochen Sebastian!" flüsterte ich verzweifelt. "Joar, sie war im Urlaub und ich wollte halt wissen, wie es war!" sprach er leise aus, aber dennoch in einer Kühlheit die mir eine Gänsehaut verursachte.

"ES HAT DICH EIN SCHEIß ZU INTERESSIEREN WIE IHR URLAUB WAR!!" wurde ich laut und riss die Arme in die Luft. "Gib mir dein Handy!" forderte ich ihn auf und hielt ihm meine Hand hin. Verwirrt sah er mich an, sagte aber kein Wort. "Ich will lesen, was ihr schreibt!" versuchte ich ihm klarzumachen, was ich wollte. "Kannste... aber dann wirst du gleich nicht mehr mitkommen zum Essen."

Nun war ich es, die ihn etwas verwirrt ansah "Warum? Was schreibt ihr??" will ich von ihm wissen und stemmte meine Hände in die Hüfte. Die Wut in mir kochte fast über, ich hatte vermutlich einen viel zu hohen Blutdruck und wäre am liebsten explodiert. "Naja, dass wir uns toll finden und dass wir uns wieder sehen wollen!" Das wars. "Raus!" hauchte ich und zeigte auf die Gartentür. "Verschwinde... Fahr zum Essen... ich packe derweil meine wichtigsten Sachen für 2-3 Tage... Ich werde zu meinen Eltern gehen. Wenn ich wieder komme, bist du weg. Raus aus meinem Haus! Ich will dich nicht mehr sehen!" Ein letzter Blick in seine Augen, ehe ich mich umdrehe, ins Haus gehen und im Keller meinen Koffer holte.

Als ich wieder hochkam, stand er vor mir und schmiss wortlos einen Brief neben mir auf die Kommode. "Und wann hattest du vor mir zu sagen, dass du ein Visum für England beantragen willst?" Ich schluckte, als ich den offenen Briefumschlag aus London sah. Ich hatte ihn im Wohnzimmer unter dem Fernsehschrank getan und vergessen wegzulegen. Er hatte ihn gefunden. Er hatte ihn gelesen. Doch eigentlich sollte es mir jetzt egal sein, denn er war es, der diese Beziehung gerade vor die Wand gefahren hatte. Nicht ich. "Vielleicht wird dir jetzt bewusst, dass du dich in den letzten Monat einen scheiß um mich gescherrt hast..." murmelte ich, nahm den Umschlag und ging mit meinem Koffer nach oben.


Choose Love (H.S.)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt