„Ich brech die Schule ab", war das Erste, was Noah hörte, als er das Zimmer betrat. Colin saß am Schreibtisch über sein Tablet gebeugt und raufte sich die Haare.
„Ja, das erscheint mir sinnvoll, eine Woche vor dem Abi", stimmte Noah ihm gespielt ernst zu. Colin sah Noah verzweifelt an.
„Genau deswegen ja! Ich pack das Abi nicht! Ich kann kein Deutsch-"
„Wie gut, dass wir uns gerade auf Griechisch unterhalten."
„Ich kann kein Mathe", fuhr Colin fort, ohne auf Noah einzugehen, der jetzt stumm eine Augenbraue hob. „Okay, Mathe krieg ich vielleicht hin", lenkte Colin ein, „Aber wieso um Himmels Willen hab ich Englisch gewählt?"
„Weil du darin fast perfekt bist, so wie in jedem anderen Fach auch? Colin, du bist einer der Jahrgangsbesten. Wieso machst du dir auf einmal Sorgen?", fragte Noah belustigt. Er hatte sich mit verschränkten Armen gegen den Schreibtisch gelehnt und musterte seinen Freund mit leicht schräg gelegtem Kopf.
„Es ist das Abitur und ich kann gefühlt gar nichts! Was, wenn ich die Epochen durcheinanderbringe oder vergesse, dass Punkt vor Strich gilt? Was, wenn ich nicht bestehe? Ich such mir lieber gleich eine Ausbildung. Es werden doch immer Handwerker gesucht, oder? Aber ich bin handwerklich gar nicht soo geschickt...", grübelte Colin und begann eine Google-Suche nach Ausbildungsplätzen.
„Okay, das reicht", beschloss Noah und erhob sich wieder vom Schreibtisch. „Wir machen jetzt einen Ausflug."
„Was? Nein! Ich muss lernen!", widersprach Colin entsetzt.
„Ich dachte, du brichst die Schule ab?", meinte Noah unschuldig und Colin sah ihn unschlüssig an. Sein Blick wanderte zwischen Noah und seinem Tablet hin und her.
„Ich weiß nicht..."
„Colin, du hast eindeutig viel zu viel gelernt. Du brauchst eine Pause. Vertrau mir", bat Noah ihn jetzt sanft und hielt Colin seine Hand hin. Nach einem kurzen Zögern und letzten Blick auf seine Lernunterlagen, griff Colin nach Noahs Hand und ließ sich hochziehen.
„Na gut. Wo gehen wir hin?", fragte er, ein wenig neugierig geworden. Noah lächelte geheimnisvoll.
„Wird eine Überraschung."
Er hatte das Date tatsächlich schon länger geplant und jetzt war die perfekte Gelegenheit dafür, um Colin auf andere Gedanken zu bringen. Seit Wochen waren sie nur mit Lernen beschäftigt und obwohl Noah der ganze Stress und Druck auch zusetzte, schien bei Colin der komplette Nervenzusammenbruch erstaunlich nah zu sein. Noah machte sich absolut gar keine Sorgen, dass Colin schlecht abschneiden würde, da er einer der klügsten Menschen war, die Noah kannte, und in jedem Fach nur Bestnoten bekam, doch Colins Ängste waren nun mal nicht rational. Damit kannte Noah sich aus. Seine eigenen Ängste waren zwar anderer Natur gewesen, doch es war nie leicht, sie zu überwinden und sich bewusst zu machen, dass sie meistens keine realen Gefahren waren. Your anxiety is lying to you war ein Satz, den Noah irgendwo mal gelesen und verinnerlicht hatte. Scheinbar brauchte Colin jetzt auch eine Erinnerung, dass seine Ängste nicht die Kontrolle über sein Leben hatten.
Händchenhaltend gingen sie zum Bahnhof und unterhielten sich über alles außer Schule, was Noah als Thema verboten hatte für den kompletten Tag.
Sie waren eine Weile unterwegs und Colin versuchte mehrmals, aus Noah rauszukriegen, wo sie hinfuhren, doch Noah schüttelte jedes Mal grinsend den Kopf und verriet nichts. Erst kurz vor ihrem Ziel kam Colin eine Vermutung.
„Gehen wir ins Planetarium?", fragte er Noah aufgeregt mit leuchtenden Augen und Noah musste bei diesem süßen Anblick einfach lächeln und nicken. Colin gab ein erfreutes Quieken von sich, drückte Noahs Hand fest und begann ein wenig schneller zu laufen. Noah konnte nur lachen und ließ sich bereitwillig mitziehen.
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Come what may | Nolin
FanfictionOneshots aus dem gemeinsamen Leben von Colin und Noah Reiner Fluff, wie immer :)